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„Beschnittene Rechte“

Foto: Lpa/pixabax

Sabine Holzknecht will in einem Offenen Brief den öffentlichen Diskurs zum Thema Notmaßnahmen anstoßen.

Es geht nicht darum, Kritik zu üben, sondern eine öffentliche Diskussionen anzustoßen.

So beginnt die freie Journalistin Sabine Holzknecht („Helfen ohne Grenzen“) ihren „Offenen Brief“, in dem unter anderem die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen gegen das Coronavirus hinterfragt wird.

Einer der Erstunterzeichner des Briefes, der seit Samstag in den sozialen Medien zirkuliert, ist der pensionierte Pathologe Eduard Egarter Vigl.

Das ist der Brief im Wortlaut:

OFFENER BRIEF AN DIE SÜDTIROLER LANDESREGIERUNG

Dieser offene Brief will nicht kritisieren, sondern möchte den öffentlichen Diskurs anstoßen.

  1. Zum heutigen Zeitpunkt (Stand 11.4.2020) wurden in Italien laut Gesundheitsministerium 906.864[i] Tests durchgeführt. Bei mindestens 2 Tests pro Person[ii] entspricht das 0,75 Prozent der Gesamtbevölkerung und zeigt, dass wir über keine aussagekräftige Datenmenge verfügen. Dennoch leitet die Regierung daraus Maßnahmen von unüberschaubarer Tragweite ab.
    2. Obwohl fundierte Grundlagen für die Maßnahmen und eine transparente Begründung derselben fehlen, werden unsere Grundrechte[iii] drastisch beschnitten (z.B. diritto di libertá, diritto di istruzione, diritto al lavoro). Laut Gesetz müssten alle, die nicht arbeiten dürfen, entschädigt werden – und damit ist nicht die Möglichkeit gemeint, sich günstig zu verschulden[iv].
    3. Es gibt keine Evidenz für die Wirksamkeit von Ausgangssperren oder die Begrenzung auf eine maximal erlaubte Entfernung von 200 Metern[v] vom eigenen zu Hause. In Ländern Deutschland, die keine Ausgangsperre, sondern nur eine Kontaktsperre praktizieren, beträgt die Sterberate von Corona-Patienten nur ein Zehntel der Sterberate in Italien[vi]: 31 Tote pro Million Einwohner versus 312 Tote pro Million Einwohner. Sollten wir einen Herdenschutz anstreben, sind Ausgangssperren sogar kontraproduktiv.
  2. Angelo Borrelli, der Leiter des nationalen Zivilschutzes, hat bestätigt[vii], dass in Italien nicht unterschieden wird, ob jemand durch Covid19 oder mit Covid19 stirbt. Auch Patienten, die an einer anderen Pathologie versterben, aber positiv sind, werden als „Corona-Tote“ gezählt werden. Eine stringente Kausalität ist damit nicht gegeben.
    5. Gian Carlo Blangiardo, Präsident der ISTAT, hat am 2. April erklärt[viii], dass im 1. Trimester 2019 in Italien 15.189 Menschen an Atemwegserkrankungen verstorben sind, im 1. Trimester 2018 waren es sogar 16.220 Menschen. Im selben Zeitraum 2020 waren 12.352 Menschen mit Covid19 verstorben. Warum haben uns diese Zahlen der Vorjahre nicht ebenso alarmiert und in Panik versetzt und wie groß ist wohl die Schnittmengen zwischen den Menschen, die an einer Atemwegserkrankung ähnlich wie in den Vorjahren verstorben sind mit jener, die aktuell als Corona-Tote gezählt werden?
    6. In Italien sterben jährlich 11.000 Menschen an Krankenhauskeimen/-infektionen (182 pro Million Einwohner). In Deutschland sind es 2.500 (30 pro Million Einwohner), in den Niederlanden sind es 230 (13 pro Million Einwohner).[ix] Die Sterberate an Krankenhausinfekten ist in Italien somit 6 Mal so hoch wie in Deutschland und 14 Mal so hoch wie in den Niederlanden. Knapp 40 Prozent von Südtirols Corona-Todesfälle entfallen auf die Seniorenheime[x]. Dieses und ähnliche Beispiele sollten wir mitberücksichtigen, wenn wir über die Gefahr und mögliche Verbreitung von Covid19 sprechen.
    7. Die von der Istat am 31.3. veröffentlichen Daten belegen, dass 40 Prozent der aktuell bekannten Covid19-Fälle und mehr als 60 Prozent der offiziellen Corona-Todesfälle in der Lombardei sind[xi]. Das heißt weniger als 40 % der Todesfälle verteilt sich über Rest-Italien. Kann es anhand dieser Verteilung sinnvoll sein, dieselben restriktiven Maßnahmen auf alle Regionen und Provinzen gleichermaßen anzuwenden und alles Leben lahmzulegen oder sollte differenzierter vorgegangen werden?

All das wirft die Frage auf, ob die jetzigen Maßnahmen noch verhältnismäßig und zweckmäßig sind. Wir verstehen, dass jedes Leben schützenswert ist. Aber wir steuern auf eine wirtschaftliche Katastrophe ungeahnten Ausmaßes zu, die die Existenzgrundlage von Millionen von Menschen bedroht? und von der wir nicht wissen, wie wir uns wieder daraus erholen sollen.

Wir sollten anfangen, über alternative Strategien und Wege nachzudenken. Das betrifft den wirtschaftlichen Lock-down und den „Hausarrest“ ebenso wie die stark panikgetriebene mediale Berichterstattung.
Wir benötigen Lösungsvorschläge für eine kontrollierte Rückkehr zu einer Form von Normalität, die es den Menschen ermöglicht, ihre Existenzgrundlage zu sichern. Wir tragen auch Verantwortung für all jene, die jetzt ohne Sicherheitsnetz für ihre Familien sorgen müssen.

Wir benötigen eine differenziertere Auseinandersetzung mit der aktuellen Situation, die die unterschiedlichen regionalen Gegebenheiten mitberücksichtigt.  
Wir wollen Transparenz. Wir wollen Maßnahmen mit Augenmaß für Südtirol!“

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (28)

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  • waldhexe

    Endlich mal jemand der diesen Poltikdarstellern zeigt wo es lang geht.

    • tiroler

      Ja, ein wenig fundierter als Wohlgemuth mit seiner Tabakwerbung gestern.
      Noch dazu untetdtützt von Prof. Egarter Vigl

    • josef.t

      Die Zahlen sind sicher alle relativ !
      Die Pandemie hat fast die ganze Welt erreicht, deshalb sollte
      wenigsten, Amerika, Schweden, Spanien, England, Türkei,
      Russland, oder einige davon erwähnen werden, wäre sicher
      hilfreich ? Ob die alle die Wirtschaftsprobleme, aus den Augen
      verloren haben ? Wann verstehen „Gewisse“ endlich, der Feind
      sind nicht die Politiker, sondern der Virus !
      Die verantwortlichen, versuchen so gut wie möglich zu reagieren,
      allen recht zu machen, wird wohl nie gelingen ?

  • huggy

    Warum werden wir jeden Tag mit neuen Zahlen verunsichert, wenn diese überhaupt keine Aussagekraft haben? Wenn seriös und zuverlässig getestet würde und nicht alle Verstorbenen, die mit und nicht durch das Virus gestorben sind als Corona Tote gezählt würden könnte man an die regelmäßige Veröffentlichung solcher Daten denken.

    • leser

      Huggy
      Das ist so weil man Interesse hat das Volk in eine ganz bestimmte Richtung hinzumanipulieren

    • asterix

      @huggy, um die Todesursache sicher zu bestimmen, müssten all die Toten obduziert werden. Aber du kannst dir denken dass in Corona – Zeiten niemand Zeit hat. Und so werden im Zweifel halt alle dem Virus zugeschrieben. Auch die die sich erst im Krankenhaus eine Pneumokoken Infektion dazuholen und eigentlich daran versterben.

  • leser

    Lieber Pathologe Vigl
    Da spricht mir einer aus der Seele
    Nur wird auch dieser Brief von den Verantwortlichen weggeleugnet weil man andere Interessen durchziehen will
    Übrigens die ganz treffendsten Punkte 1 und Punkt 2 werden die Verantwortlichen wohl am schwersten treffen aber auch dafür wird sich der pleitestaat nicht verantwortlich fühlen
    Womöglich wird man deineen Brief als lapidare Verschwörungstheorie abtun und auf die normale Tagesordnung übergeben und die Schafherde Munter weiter vor sich hertreiben

  • tiroler

    Herr Gasser, ich bitte Sie!
    Sie können ihre eigene Meinung gerne kundtun, aber verschonen sie wenigstens die TZ mit ihren Dauerkommentaren zu jedem erdenklichen Thema wie auf Salto

  • hubertt

    Anscheinend gibt es noch eine ganze Menge Menschen, die nicht kapieren, dass es der Regierung nicht darum ging, zu verhindern dass sich Menschen anstecken, sondern darum uns Bürger total zu entmündigen und auf den Rechtsstatus von Verbrechern einzustufen.

  • nadine06

    Hallo . Wer hat heute Mittag Prof. Gänsbacher gehört ? Wer Ohren hat der höre !!!!Wenn ich dann höre : der Pöder hat unterschrieben , dann habe ich alles verstanden .

  • sougeatsnet

    Sind in diesem Forum jede Menge Leute auf Crack umgestiegen, dass sie so einen Blödsinn verzapfen? Gänsbacher hat heute all diese Punkte folgerichtig und schnell widerlegt. Ich denke man muss auf wirkliche Experten hören und nicht Quacksalbern Gehör schenken, diese scheint es bei uns zur Genüge zu geben.
    Die Zahlen sind wie sie sind, besonders zuverlässig sind sie sicherlich nicht; die Toten in Italien sprechen aber Bände. Italien hat mit seiner Strategie sicherlich versagt. Das Problem ist ein Systemfehler. Rechtsanwälte verdrehen schon viel zu lange die Gesetze, wodurch alle verunsichert werden und die Bevölkerung nicht wirklich mitgenommen wird. Auch diese Geheimniskrämerei mit den Daten zu normalen Zeiten wächst auf den Mist unserer Bürokraten. Übrigens, Epidemien bekämpft man auf dem Feld und nicht im Krankenhaus. Hier besteht der große Unterschied zu Österreich, dort werden Infektionsherde isoliert, bei uns ist man damit total überfordert und testet vorwiegend nur im KH. Sie haben es wieder zu Containment geschafft, wir stecken in Mitigation fest. Jeder kann und sollte sich fragen, warum die Toten nicht abnehmen? Warum hat man es nicht geschafft die Altenheime besser abzuschirmen? Bei den Ärzten hat die Arbeitssicherheit einen Totalschaden verursacht.

    • leser

      Richtig ist
      Rechtsanwälte in der Politik haben das Bild komplett verdreht und in den Abgrund gestürzt und haben das Leben nach dem Gesetzbuch unmöglich gemacht
      Den Rest haben die finanz erledigt

  • george

    Alle 5 Punkte in dem Brief sind mehr oder weniger an den Haaren herbeigezogen und halten einer genauen Überprüfung nicht stand. Was soll man also unterschreiben, etwa Halbwahrheiten oder unzusammenhängendes Zeug, das niemals überzeugen kann?

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