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Heilige Scheinheiligkeit

In „Gelobt sei Gott“ erzählt François Ozon von Missbrauch in der Kirche und von dessen Vertuschung.

von Renate Mumelter

„Ist der Film nicht grausam?“, fragt mich ein Freund. Natürlich ist er das. Am allerschlimmsten ist die vorgeblich sanfte Szene, in der die Kirchenpsychologin das inzwischen längst erwachsene Missbrauchsopfer dazu einlädt, den sündigen Priester an den Händen zu fassen, damit sie gemeinsam ein Vaterunser beten können. Das ist einfach nur eklig, da möchte man schreien vor Entrüstung, aber so war’s. Der erfahrene französische Regisseur Ozon hat es gewagt, real Vorgefallenes in einen Spielfilm zu packen und damit deutlich zu machen, was es für die Betroffenen bedeutet, dem Missbrauch von Geistlichen zum Opfer gefallen zu sein. Das zerstörte in diesem Fall nicht nur das Leben der betroffenen Buben selbst sondern auch jenes der Menschen um sie herum, ihrer Eltern, die nicht genau genug hingesehen haben, der Partnerinnen, die den Druck irgendwann nicht mehr aushalten und der Kinder sowieso. Dass dann der pädophile Priester darüber jammert, wie sehr er in all den Jahren gelitten hat, kann eigentlich nur mehr ohnmächtige Wut auslösen.

Die Fakten hinter dem Film: Der Name des Priesters Preynat ist echt, jener der Psychologin Régine Maire und des Kardinals Philippe Barbarin auch. Die Vorfälle liegen Jahrzehnte zurück. Preynant wurde erst 2019 seines Priesteramtes enthoben. Das Gerichtsverfahren läuft noch. Die Buben von damals haben darum gekämpft, und das war gar nicht einfach.

„Gelobt sei Gott“ (FR/BE 2018), 137 Min., Regie François Ozon. Bewertung: Aktuell und sehenswert (MO 17.30 auch OmU)

Was es sonst noch gibt: Filmfest Filmschule ZeLIG (SA ab 16h), „Geniale Göttin – Die Geschichte der Hedy Lamarr“ (MI 20.30), „Alkohol – der gobale Rausch“ (DO in Bozen mit Podiumsgespräch, am SA in Kaltern) 

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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