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Auf der falschen Seite

Die wüste Attacke der „Dolomiten“ gegen den LH hat tiefere Gründe: Wie das Medienhaus Athesia der Lega zum Bürgermeister-Sessel in Bozen und Trient verhelfen wollte. Und: Warum die „christlichen Brüder“ jetzt plötzlich auf der falschen Seite stehen könnten.

von Artur Oberhofer

Der Landeshauptmann reagierte auf die Attacke stoisch und gelassen: „Der ,Dolomiten‘-Chefredakteur hat mir einen Riesengefallen gemacht.“

Arno Kompatscher hatte zu Ferragosto in einem Aufsehen erregenden Interview mit der TAGESZEITUNG eine Breitseite gegen Lega-Chef Matteo Salvini abgefeuert: Der Landeshauptmann bezeichnete den Innenminister in dem Interview als „Hassprediger mit Rosenkranz“ – und erntete dafür in Südtirol viel Zustimmung.

Der Tenor: Wenigstens einer der Spitzenvertreter der SVP habe den Mut, sich klar von den menschenverachtenden Positionen des Lega-Chefs abzugrenzen.

Umso überraschender kam dann am vergangenen Samstag die Retourkutsche aus dem Hause Athesia.

Chefredakteur Toni Ebner erklärte sich in dem mit „krah“ gekennzeichneten Kommentar als medialen Alleinherrscher im Lande: Die TAGESZEITUNG, das Wochenblatt „ff“ und das Portal Salto, also jene Medien, denen der LH Sommerinterviews gegeben hatte, seien Medienprodukte, die – so Ebner übermütig – „unter der medialen Wahrnehmungsgrenze liegen“. Also habe der LH in die Wüste gepredigt.

Und Matteo Salvini einen „Hassprediger mit Rosenkranz“ zu bezeichnen, das – so belehrte Toni Ebner den LH – gehe „weit über das vernünftige Maß der politischen Dialektik hinaus“, erst recht, „wenn man selbst mit dieser Partei mehrfach in Koalitionen reagiert“. Kurzum: Der LH sei kein Brückenbauer wie Luis Durnwalder es gewesen sei, sondern einer, der Brücken abbricht, so giftete Ebner.

Selbst in der SVP, wo man sich an die unregelmäßigen Belehrungen aus dem Weinbergweg gewohnt hatte, war man über die Vehemenz dieser Attacke, über den gehässigen Ton zwischen den Zeilen, überrascht.

Die TAGESZEITUNG ist jetzt nach zahlreichen Hintergrundgesprächen mit SVP-Insidern in der Lage, die Attacke der Tageszeitung „Dolomiten“ gegen den LH politisch einzuordnen und die Hintergründe offenzulegen.

Demnach war der Frontalangriff des „Dolomiten“-Schriftleiters gegen Arno Kompatscher in erster Linie eine Panikreaktion. Denn wenn die Lega als Regierungsmannschaft in Rom ausscheiden sollte, dann würde dies die geheimen politischen und wirtschaftlichen Pläne des Athesia-Konzerns durchkreuzen. Ein SVP-Insider formuliert das Szenario so: „Wenn die Lega nicht mehr in der Regierung sitzt, stünde das Medienhaus Athesia plötzlich auf der falschen Seite.“

Einer der Eckpunkte im Geheimplan zwischen Lega und Athesia war, der Salvini-Partei zu den Bürgermeister-Ämtern in Bozen und Trient zu verhelfen.

In Trient wäre dies kein Problem gewesen, denn dort regiert die Lega auf Landesebene. Und Athesia kontrolliert mit den beiden Tagblättern „Trentino“ und „Adige“ faktisch die Medienlandschaft. Für Bozen hatten sich Lega und Athesia darauf verständigt, den Kammerabgeordneten Filippo Maturi als starken Mann des Mitte-Rechts-Lagers gegen Renzo Caramaschi aufzubauen und zu unterstützen.

Als Vorab-Dankeschön – und hier schließt sich zum ersten Mal der Kreis – hat die Lega Athesia-Direktor Michl Ebner in die 6er-Kommission berufen.

Das Ferragosto-Beben in Rom hat den Strategen am Weinbergweg und in der Lega-Zentrale in Mailand einen Strich durch die Rechnung gemacht.

Denn scheidet die Lega jetzt aus der Regierung aus, wird die Nachfolgeregierung eine neue 6er-Kommission nominieren. Michl Ebner wird diesem Gremium nicht mehr angehören. Und auch eine Kandidatur von Filippi Maturi für das Bürgermeisteramt in Bozen würde – selbst wenn der Lega-Mann von Athesia gepusht werden sollte – sicher kein Selbstläufer mehr sein. Im Gegenteil: Mit dem PD in der Regierung in Rom würden die Chancen von Renzo Caramaschi auf eine Wiederwahl erheblich steigen.

SVP-Insider erklären sich die Eruptionen von Toni Ebner gegen den LH also damit, dass man im Hause Athesia draufgekommen ist, dass die Positionierung des Medienhauses zum Bumerang werden könnte.

Der politische Garant der geheimen Pläne zwischen Athesia und Lega war SVP-Chef Philipp Achammer, der das Ausscheiden der Lega aus der römischen Regierung denn auch im TAGESZEITUNG-Interview am Freitag bedauert hat („Schade um die Lega“).

Achammer, so formuliert es ein SVP-Insider, „hängt am Busen der Athesia“, der SVP-Chef werde „auch jetzt parteiintern alles blockieren, was auf eine Zusammenarbeit mit Mitte-Links hinausläuft“. Tatsächlich hatte der SVP-Obmann erklärt, dass die SVP einer PD-5-Sterne-Regierung „in keinem Fall“ das Vertrauen aussprechen werde.

In Rom waren es die Senatoren Meinhard Durnwalder und Dieter Steger, die im Sinne der „christlichen Brüder“ (O-Ton Reinhold Messner) wirkten.

Mit dem Eintritt des PD in die Regierung könnten sich im Edelweiß wieder Risse auftun, denn der Mitte-Links-Flügel, der in Karl Zeller den Strippenzieher im Hintergrund, in Julia Unterberger die Frontfrau und in Arno Kompatscher den politischen Referenten hat, bekommt jetzt wieder Aufwind. Ob die SVP tatsächlich – so wie von Parteichef Achammer und dem Tagblatt der Südtiroler gewünscht – der neuen Regierung die Tür ins Schloss knallt, wird sich zeigen.

Sicher scheint: Jetzt, wo es so aussieht, dass die Lega in der Opposition verschwindet, werden die Strategen im Medienhaus Athesia nervös.

Der Kommentar in den „Dolomiten“

Das hat nicht nur damit zu tun, dass Michl Ebner seinen Platz in der 6er-Kommission unter einer neuen Regierung wieder wird räumen müssen, sondern vor allem damit, dass man am Weinbergweg neue Initiativen (der 5-Sterne-Bewegung) gegen die Medienkonzentration im Trentino und in Südtirol befürchtet.

Es gab bereits den Vorstoß von Minister Riccardo Fraccaro, der das Medienmonopol von Athesia zerschlagen wollte.

Ein weiterer nicht unerheblicher Aspekt Athesia wollte im Zusammenspiel mit den Freunden der Lega auch die Staatsbeiträge für die Tageszeitung „Dolomiten“ absichern.

Doch mit dem Ausscheiden der Lega fehlen dem Medienhaus Athesia in Rom jetzt diese direkten Ansprechpartner in eigener Sache.

Deswegen liegen am Weinbergweg die Nerven blank. Und deswegen die Frontalattacke gegen den Lega-Kritiker und PD-Freund Arno Kompatscher.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (28)

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  • tiroler

    Der Krieg scheint ausgebrochen.

  • andreas

    Lustiger Intrigantenstadel.

    Der Artikel belegt eigentlich nur, dass Achammer weg muss und er diesen Durnwalder mitnehmen soll.
    Der LH sollte es auf einen Machtkampf ankommen lassen, den er wohl gewinnen würde und wenn nicht, wird Südtirol halt vom Weinbergweg aus kontrolliert, aber wenn die Südtiroler nicht schlauer sind, soll es halt so sein.

    • leser

      Anderle
      Die mehrheit der strammen tiroler laufen den ebners schon wieder hinterher
      Die athesiabrüder verlisen eine a-klasse mehr die der bürger vorher aelber betahkt und in südtirol 1 werden ein paar südtiroler des tages mehr mominiert und das lot ist wieder gerade
      Solche pflegeleichten trottl und arschkriecher wie du stellen immer noch due mehrheit im gottesfürchtigen land tirol von daher haben es die ebners einfach

  • george

    Ja, es gibt wohl genug solche Tölpel, auch im Hause Athesia, die Südtirol in die Fänge der Rechten treiben möchten, und dies nur um des eigenen Geldbeutels willen. Achammer merkt gar nicht, wie stark er sich zum Spielball dieser Leute machen lässt und dabei missbraucht wird. Er meint selber der Starke zu sein.

    • leser

      Achammer weiss sehr wohl dass er nur ein soldat vom weinbergweg ist schliesslich war duese berufung seine entscheidung nach der oberschule und gerade das hat ihn dorthin gebracht wo er jetzt ist
      Und bringt ihm 10.000 netto im monat und in due lage due schafherde vor sich herzutreiben

    • semperoper

      Achammer hätte gar nicht das Rückgrat, an der Situation etwas zu ändern. Achammer lebt weder von seiner Qualifikation noch von seinem Charisma noch von seiner Standhaftigkeit. Er lebt nur von Ebnerschen Gnaden. Er weiß das selbst am besten. Und er nutzt das mit einer noch nie dagewesenen Schamlosigkeit aus. Sonst wäre er nix. Was mich am meisten ärgert, dass ihn in der Partei niemand zurückpfeift (zumindest nicht offensichtlich).

  • sabine

    Jemanden, der immer „prima gli italiani“ schreit, dem steht es nicht zu, sich den blauen Schurz umzuhängen

  • george

    Wer ist hier auf der falschen Seite? Die Ebners werden natürlich versuchen sich als auf der richtigen Seite zu postieren, jedenfalls was ihre wirtschaftliche Seite und ihre politische Macht anbelangt. Nur werden solche Leute auch einmal daran glauben müssen, dass es nicht nur sie gibt, sondern auch solche, die mehr für die Allgemeinheit Sorge tragen.

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