Wutausbruch im Landtag
Bei einem Grünen-Antrag zu den Mindestlöhnen ist Alessandro Urzì im Landtag der Kragen geplatzt. SVP-Fraktionssprecher Gert Lanz: „Ich dachte, den Kollegen haut es gleich um.“
Von Matthias Kofler
Im Landtag wurde leidenschaftlich über die Gehälter der Arbeiter und Landesangestellten debattiert. Anlass war ein Antrag des Grünen Hanspeter Staffler, der die Schaffung eines „Südtiroler Mindeststundenlohns“ vorsieht. „Damit soll allen vollzeitbeschäftigten, lohnabhängigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ermöglicht werden, mit Würde bis zum Monatsende auszukommen“, erklärte Staffler. Gleichzeitig sollen jene Unternehmen, die sich nicht an den Mindeststundenlohn halten, von allen finanziellen und steuerlichen Vergünstigungen ausgeschlossen werden. Mit einem weiteren Antrag forderte der ehemalige Generaldirektor des Landes, die Kollektivvertragsverhandlungen für das Landespersonal wiederaufzunehmen und die Grundentlohnung für alle Funktionsebenen um mindestens zehn Prozent anzuheben.
Alessandro Urzì (Alto Adige nel Cuore) brachten die Forderungen des Grünen auf die Palme. Die Abgeordneten staunten nicht schlecht, als sich Urzì von seinem Sitzplatz erhob und lautstark ins Mikrofon brüllte: „Dieser Vorschlag ist haarsträubend. Er sieht praktisch vor, dass die Unternehmen zu Lohnerhöhungen erpresst werden. Das ist doch sowjetischer.“ Der Abgeordnete forderte, sich stattdessen mit den Ursachen der hohen Südtiroler Lebenshaltungskosten befassen.
Jeder würde den Mitarbeitern eine Lohnerhöhung gönnen, echauffierte sich Urzì. Mit wutverzehrtem Gesicht geißelte er die Grünen, die mit ihren Beschlussanträgen die Privaten zur Kasse beten wollen. Man sollte sich stattdessen fragen, warum die Lebenskosten in Südtirol so hoch seien. Zu den Ursachen gehörten auch politische Entscheidungen, etwa in der Handelspolitik. „Wenn das öffentliche Gesundheitswesen funktionieren würde, bräuchten sich die Bürger nicht an Privatärzte wenden. Die Wohnungspreise wären auch niedriger, wenn man den Markt öffnen würde. Aber in Südtirol setzt man nur darauf, den Unternehmen mehr Geld abzuknöpfen“, giftete Urzì.
Landeshauptmann Arno Kompatscher machte den Abgeordneten augenzwinkernd darauf aufmerksam, dass es im Landtag Mikrofone gebe. „Er braucht nicht so zu brüllen. Wir verstehen ihn auch ohne Geschrei.“ SVP-Fraktionssprecher Gert Lanz forderte den Landtagspräsidenten Sepp Noggler auf, darauf zu achten, dass die Lautstärke im Hohen Haus auf ein vernünftiges Maß zurückgeschraubt werde. „Ich habe Tabletten mitgebracht, weil ich befürchtete, den Kollegen Urzì haut es gleich noch um“, so Lanz.
Beide Anträge der Grünen wurden mehrheitlich abgelehnt. „Mitarbeiter müssen eine angemessene Entlohnung erhalten – dafür steht die SVP. Doch einfach nur ‚mehr Lohn für alle‘ zu fordern, ist zu wenig. Die Lohndiskussion muss ehrlich, verantwortungsbewusst und realistisch verlaufen“, erklärte Lanz das Nein seiner SVP-Fraktion. Den Forderungen der Grünen in ihren Beschlussanträgen komme die Landesregierung im Großen und Ganzen bereits nach. So würden die Kollektivverträge der öffentlich Bediensteten noch in diesem Jahre verhandelt werden. Arbeitsgruppen dazu tagten bereits, einige Bereichsverträge seien schon abgeschlossen worden.
Lanz sprach auch die „Fringe Benefits“ an: „Auch sie sind Lohnelemente. Oft werden sie von den Mitarbeitern als selbstverständlich betrachtet und entsprechend wenig wertgeschätzt. Essensgutscheine, SaniPro, Laborfonds… das sind Gehaltsnebenleistungen, die für den Arbeitgeber als zusätzliche Aufwendungen spürbar, doch vom Arbeitnehmer oft nicht wahrgenommen werden. In diese Richtung muss sensibilisiert werden, denn auch in Form von ‚benefits‘ können Lohnerhöhungen umgesetzt werden“, zeigte sich Lanz überzeugt.
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