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Freiheit auf Brettern

SkitourenIn Bayern hat das Gericht die Skipisten für Tourengeher freigegeben. Ist das auch in Südtirol denkbar? Derzeit regeln Pistenbetreiber den Zutritt für Tourengeher selbst. Vielerorts wird er ganz verweigert.

von Silke Hinterwaldner

Die Zugspitzbahn in Bayern ist nur einer von vielen Skipistenbetreibern, die Tourengeher vertreiben wollten. 2011 hatte man dort entschieden, dass die Pisten für Skitourengeher gesperrt bleiben.

Aber ein passionierter Tourengeher wollte sich damit nicht abfinden. Er hat die Sperrung der Pisten vor Gericht angefochten und damit vor dem Verwaltungsgerichthof München Recht bekommen. Nach einem Rekurs der Bahnbetreiber hat am Montag der Bayrische Verfassungsgerichtshof ein wohl endgültiges Urteil gefasst: Das Recht des Menschen, sich in der freien Natur aufzuhalten würde schwerer wiegen als das Eigentumsrecht der Zugspitzbahn. Nur in jener Zeit, wo die Pisten präpariert werden, darf der Zutritt untersagt werden.

Könnte dieses Urteil auch Auswirkungen auf Südtirols Skigebiete haben? Mittlerweile ist auch hier das Aufsteigen mit Tourenskiern auf Skipisten zum Volkssport geworden. Die Bahnbetreiber haben selbst Lösungen gefunden, um diesem Phänomen Rechnung zu tragen. Viele bieten den Sportler an festgelegten Abenden die Möglichkeit, über die Pisten aufzusteigen, die Hütten versorgen sie mit Speis und Trank. Andere Skigebiete wiederum haben strenge Verbote verhängt. Am Kronplatz etwa sind Tourenskier grundsätzlich verboten. So ist es auch im Skipistengesetz des Landes aus dem Jahr 2010 festgeschrieben.

„Hier muss man beinhart sagen“, erklärt Andrea Del Frari, Direktor des Liftverbundes Skirama am Kronplatz, „dass wir das ganz genau auslegen. Es besteht akute Lebensgefahr. Aber viele sind sich dieser Gefahr gar nicht bewusst.“ Das Problem ist schnell erklärt: Gehen Tourengeher während der Öffnungszeiten die Pisten hoch, könnten sie mit anderen Skifahrern zusammenprallen. Nutzen sie die Pisten außerhalb der Öffnungszeiten, besteht die Gefahr den Fahrzeugen für die Pistenpräparierung in die Quere zu kommen. Und auch hier gilt: Steigen Tourengeher auf während andere bereits abfahren, dann macht der Gegenverkehr wieder Probleme – und das dürfe nicht sein.

Weil das Tourengehen auf Skipisten immer mehr zum beliebten Feierabendtraining geworden ist, haben sich sowohl Sportler als auch Pistenbetreiber mittlerweile recht gut arrangiert. Manche drücken ein Auge zu, solange die Tourengeher sich vernünftig verhalten und nicht frisch präparierte Pisten zerfurchen. Aber es ist auch schon vorgekommen, dass die Pistenpolizei Strafen verhängt hat.

Aber was passiert, wenn der bayrische Beschluss auch auf Südtirol angewandt werden muss? Wie reagieren Pistenbetreiber, wenn sie plötzlich keine Handhabe mehr gegen unliebsame Tourengeher haben?

Ein solches Szenario kann sich heute kaum jemand vorstellen. „An oberster Stelle“, sagt Gislar Sulzenbacher vom Alpenverein, „muss der Hausverstand jedes einzelnen stehen.“ Die Skigebiete würden großen Aufwand betreiben, um den zahlenden Skifahrern mit Parkplätzen, präparierten Pisten und Sicherheitsmaßnahmen gute Bedingungen bieten zu können. Aber auch das Tourengehen ist längst zum Business geworden. Nur: Gerade in schneearmen Wintern haben diese Sportler kaum Gelegenheit, sich außerhalb der Pisten zu bewegen. „Wir haben festgestellt“, sagt Sulzenbacher, „dass es ein vernünftiges Miteinander geben kann. Die meisten können damit gut leben.“

Der AVS hat sich in den vergangenen Jahren zur Aufgabe gemacht, Skitourengeher über die Angebote der Bahnbetreiber auf dem Laufenden zu halten. Er sammelt die Regelungen der Skigebiete im Detail und veröffentlicht sie auf der Homepage.

Aber: Noch immer bewegt man sich hier in einer rechtlichen Grauzone. Wer haftet etwa, wenn nach Pistenschluss etwas passiert?

 

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