„Jetzt starten wir richtig durch“

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Die SIAG entwickelt mit Microsoft eine KI-Strategie für Südtirol. Stefan Gasslitter, Geschäftsführer der SIAG, erklärt, was es damit auf sich hat.
Tageszeitung: Herr Gasslitter, die Landesregierung hat am Dienstag den Startschuss für die Entwicklung einer KI-Strategie gegeben. Was sieht diese Strategie genau vor?
Stefan Gasslitter: Die KI-Strategie Südtirol verläuft auf zwei Ebenen: der operativen und der strategischen. SIAG ist für die operative Ebene zuständig. Diese umfasst auch ein Abkommen mit Microsoft, das weder bindend noch exklusiv ist und keine zusätzlichen Kosten für die Öffentlichkeit verursacht. Das Land erhält von Microsoft die neuesten Technologien sowie die gesamte Dokumentation zur Ausbildung. Außerdem richten wir im NOI Techpark gemeinsam mit Microsoft ein SIAG-AI-Lab ein, in dem sich zehn bis zwölf Personen darum kümmern, KI in der öffentlichen Verwaltung anzuwenden und zu verbessern. Des Weiteren werden wir zahlreiche Veranstaltungen organisieren, um viele Menschen einzubeziehen.
Wird KI bereits in der öffentlichen Verwaltung verwendet?
Ja, KI kommt bereits im geförderten Wohnbau oder beim Amt für Grundbuch und Kataster zum Einsatz. Künftig wird es jedoch an allen Arbeitsplätzen unterschiedlichste Arten von KI geben. Besonders hervorzuheben ist das neue MyCivis, das im November gestartet wird und mit KI arbeiten wird. Die KI wird dabei eingesetzt, um die Interaktion mit den Bürgern zu verbessern, sie einfacher, schneller und verständlicher zu machen. Es ist ein Instrument für die digitale Transformation. Im Prinzip wollen wir das erreichen, was Amazon heute schon macht. Wenn ein Kunde dort ein Buch über Gartenbau kauft, schlägt Amazon ihm weitere Bücher zum Thema vor. Entbürokratisierungen erfordern juristische Änderungen. Italien hat sich darauf bereits gut vorbereitet und ist deutlich weiter als Deutschland. Südtirol ist dabei ein Brückenkopf zwischen Italien und Deutschland, wir versuchen das Beste aus beiden Ländern zusammenzuführen. Konkret äußert sich das, indem Formulare beispielsweise bei Einschreibungen vorab ausgefüllt werden. Auch eine einfache Sprache ist wichtig.
SIAG arbeitet dabei mit Microsoft zusammen. Welchen Vorteil erhofft man sich dadurch?
Ich möchte nochmals betonen, dass dadurch keine zusätzlichen Kosten entstehen. Zurzeit werden Plattformen intensiv genutzt. Für die Provinz ist es jedoch keine Option, diese selbst zu entwickeln. Das ist zu zeitintensiv, zu teuer und man findet das Personal auch nicht. Microsoft stellt uns schnell Dienste bereit, wir erhalten also einen großen Vorteil.
Wie wirkt sich KI in der öffentlichen Verwaltung ganz konkret auf die Bürger aus?
Ganz konkret geht es um den Wandel von der passiven Verwaltung hin zu einer proaktiven Verwaltung. Heute muss der Bürger wissen, wo er Anträge stellen muss und welche Formulare benötigt werden. Das macht die Interaktion nicht einfach. Mit KI kennt die Verwaltung den Bürger, sofern dieser sein Einverständnis gibt. Wenn ein Bürger beispielsweise für den Ankauf eines Elektroautos einen Beitrag erhält, bietet es sich an, auch über die Fördermaßnahme für Wallboxen zu informieren. Die KI erhöht die Qualität der Interaktion also enorm.
Wird dabei nur eine KI verwendet?
Nein, wir werden viele KIs integrieren und auch KIs für sensible Bereiche in unserem Datencenter haben, damit die Daten nicht von Bozen aus weitergegeben werden.
Können Sie einige Projekte nennen, bei denen KI zum Einsatz kommen wird?
Das Wichtigste ist der Start des neuen MyCivis im November. Im Herbst werden wir außerdem den Schulen einige Funktionen übergeben, mit denen Schüler und Lehrer sogenannte Deep-Fake-Analysen durchführen können. So kann man überprüfen, ob Videos oder Fotos echt sind. Wir setzen außerdem die Digitalks fort. Bei diesen Treffen werden KI-Projekte für den Landtag vorgestellt, in denen Südtirol investiert. Beim kommenden Treffen geht es um KI im juristischen Bereich.
Der Beschluss von Dienstag formalisiert diese Prozesse?
Ja, er stellt die Prozesse auf eine solide Basis und stellt auch einen Qualitätssprung dar. Wir werden durch diese neue Struktur und die Zusammenarbeit mit Microsoft in Bozen jetzt massiv vorankommen. Jetzt kann es mit KI in Südtirol richtig losgehen. Die Zeit drängt, auch wenn Südtirol aktuell gut dasteht.
Inwiefern?
Die digitale Transformation lässt sich anhand des Gartner-Modells darstellen. Dieses führt eine Analyse der Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung durch und unterteilt diese in vier Stufen. Wir sind bereits an der Spitze der vorletzten Stufe angelangt und sind damit italienweit die einzigen, die so weit sind. Die letzte Stufe ist die Transformation, einen halben Fuß haben wir bereits darin. Ist auch diese Stufe geschafft, kommen wir bei der proaktiven Verwaltung an.
Wie geht es nun weiter? Was sind laut Strategie die nächsten Schritte?
Der genaue Zeitplan ist im Beschluss der Landesregierung veröffentlicht. Für SIAG geht es jetzt darum, mit allen Stakeholdern synchron zu gehen. Die Strategie ist ein langwieriger Prozess. Es ist wichtig, dranzubleiben. Ich beschreibe die digitale Transformation gerne als Reise, bei der man auch einen guten Begleiter braucht. Mit Microsoft haben wir das nun.
Interview: Markus Rufin
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