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Das freigegebene Handy

Omer Cem

Der Trentiner Psychiater Eraldo Mancioppi wird letztlich darüber entscheiden, ob Omer Cim im Bozner Schwurgerichtsprozess zur Tötung seiner Ex Celine Frei Matzohl eine Haftreduzierung erhält.

von Thomas Vikoler

Er ist Jungianer, geht am Stock und trat in der Vergangenheit wiederholt als Gerichtsgutachter in Strafprozessen am Landesgericht auf. Etwa im Mordfall Perselli/Neumair, wo er mit zwei anderen Gutachtern den Angeklagten Benno Neumair zum Mord am Vater für teilweise zurechnungsfähig erklärte. Eine Einschätzung, die das Schwurgericht später nicht teilte

Nun sitzt der Trentiner Psychiater Eraldo Mancioppi wieder im großen Saal des Bozner Landesgerichts, um als Gutachter vereidigt zu werden. Es geht um den Mordfall Celine Frei Matzohl, der 20-Jährigen aus Schlanders, die im August 2023 von ihrem Ex-Partner Omer Cim, 30, in dessen Wohnung erstochen wurde.

Im laufenden Schwurgerichtsprozess geht es nicht um die (unbestrittene) Schuld des aus der Türkei stammenden Kellners, sondern vornehmlich um die Frage seines geistigen Zustandes während der Tat.

Cims Verteidigerinnen Claudia Benedetti und Alessandra D‘ Ignazio ist es am letzten Tag der Beweisaufnahme gelungen, das Schwurgericht unter Vorsitz von Stefan Tappeiner davon zu überzeugen, dass dafür ein Gerichtsgutachten notwendig ist. Ihre Sachverständigen um den vom Ritten stammenden Psychiater Heinz Prast hatten zu Beginn des Prozesses die These von einem Mord im Wahn ins Spiel gebracht – mit einer mindestens teilweisen Unzurechnungsfähigkeit Cims. Kommt Mancioppi in seinem Gutachten zum selben Schluss, stünde dem Angeklagten eine Strafreduzierung von bis zu einem Drittel zu. Andernfalls droht ihm eine lebenslange Haftstrafe, zumal die Staatsanwaltschaft mehrere erschwerende Umstände gegen ihn geltend macht.

Gerichtsgutachter Mancioppi muss bis Ende Juli im Auftrag des Schwurgerichts folgende Fragen beantworten: Leidet Cim unter psychischen Störungen? War er beim Begehen der Tat zurechnungsfähig oder nicht? Falls ja, wie sind die psychischen Störungen entstanden und wie hängt sie mit seinem Verhalten zum Tatzeitpunkt zusammen? Und schließlich: Wie steht es um die soziale Gefährlichkeit Cims und welche wäre die beste Therapie für ihn bzw. ist eine Einweisung in eine gerichtspsychiatrische REMS-Einrichtung vonnöten?

Der Gerichtsgutachter wird seine Antworten auf einer Verhandlung am 9. September präsentieren, seine Untersuchungen werden von den Sachverständigen Federico Parlan (Anklage), Anna Palleschi (Nebenkläger) und Heinz Prast (Verteidigung) begleitet. Am 28. Mai wird Mancioppi Omer Cim erstmals im Bozner Gefängnis einen Besuch abstatten.

Der Prozesskalender für die weiteren Verhandlungen ist bereits festgelegt: Plädoyers am 23. und 24. September mit einem möglichen Urteilsspruch am 30. September.

Das Schwurgericht hat gestern auf Antrag von Nebenklägeranwalt Andreas Tscholl entschieden, beschlagnahmte Handy von Celine für ihre Angehörigen freizugeben. Mit dem schwarzen Smartphone hatte sie in den Wochen vor ihrer Ermordung intensiven Datenaustausch mit ihrem späteren Mörder betrieben.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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