Edelweißer Bauernbund
Wie der (mit Steuergeld gefütterte) Bauernbund – trotz Verbot – bei den Gemeindewahlen die Werbetrommel für die SVP rührt.
von Sylvie Debelyak
Felix von Wohlgemuth traute seinen Augen kaum, als er seinen Briefkasten öffnete: Ein Schreiben des Südtiroler Bauernbundes, bei dem er seit Jahren Mitglied ist. Doch statt der üblichen Infos aus der Agrarwelt – Wahlwerbung. Und zwar nicht irgendeine, sondern ein Werbebrief, getarnt als SBB-Mitteilung. „Leider war es keine Vorstellung der bäuerlichen Kandidat:innen, sondern ein reines Wahlschreiben der SVP Eppan“, ärgert sich der Gemeinderat von Pro Eppan.
Im Schreiben werden die „lieben bäuerlichen Familien“ zunächst nostalgisch daran erinnert, dass in der letzten Amtszeit drei Landwirte den Bauernstand im Gemeindrat vertreten hätten – selbstverständlich allesamt von der SVP. Dass mit Andreas Pertoll (Pro Eppan) und Georg Angus Niedermayr (Bürgerliste) auch zwei Bauern ohne SVP-Kartl im Rat vertreten sind, wird – Überraschung! – einfach unterschlagen.
Statt einer neutralen Übersicht über alle bäuerlichen Kandidierenden, wie sie etwa der Handwerkerverband lvh.apa vorbildlich bietet, präsentiert der SBB ausschließlich – Trommelwirbel – SVP-Kandidaten. So, als könne man nur dann ein ordentlicher Bauer oder eine ordentliche Bäuerin sein, wenn man brav das Edelweiß auf dem Revers trägt.
Das Ganze gipfelt in einem unmissverständlichen Aufruf, am 4. Mai gefälligst die SVP zu wählen. Von Wohlgemuth ist fassungslos: „Der Bauernbund verzwergt sich selbst zu einer reinen Vorfeldorganisation der SVP. Diese Aktion zeigt mir deutlich, wie rückständig der Verband und insbesondere die Eppaner Ortsgruppe hier agiert: Statt um die Bäuerinnen und Bauern, um ihre Sorgen und Nöte, geht es nur um politische Vereinnahmung zu Gunsten der SVP.“
Auch in Kurtatsch ein Déjà-vu: Dort hat die örtliche Bauernbundgruppe für Montag zur Wahlveranstaltung geladen – inklusive Umtrunk in der Kellerei. Auf dem Flyer: Sieben der Landwirtschaft nahestehende SVP-Kandidaten, darunter die Penoner SVP-Ortsobfrau Midi Gamper, eine pensionierte Athesia-Angestellte. Peter Kofler, Gemeinderat der Bürgerliste und selbst Weinbauer, wurde – wie schon vor fünf Jahren – nicht eingeladen.
Seine Nachfrage wurde von SBB-Ortsobmann Raffael Peer lapidar abgewiegelt: Man habe das Foto im Februar geschossen – da sei noch nicht klar gewesen, dass die Bürgerliste wieder kandidiere. Eine Ausrede, die kaum jemandem einleuchtet. Peer behauptete zudem, der Bauernbund bekomme keine öffentlichen Gelder. Ein Märchen.
Tatsächlich untersagt das Landesgesetz dem Bauernbund, in den letzten 60 Tagen vor einer Wahl Werbung für Parteien oder KandidatInnen zu betreiben – gerade weil er aus Steuergeldern mitfinanziert wird. Doch der Versuch der Opposition, bei Verstößen die Förderungen zu streichen, wird im Landtag regelmäßig von der SVP abgewürgt.
Andreas Leiter Reber, Ex-Gemeinderat in Marling, kennt das Spiel: „Dass Berufsverbände die Anliegen ihrer Mitglieder bei der Landesregierung und bei Parteien deponieren, ist nicht nur legitim, sondern ausdrücklich erwünscht – problematisch wird es, wenn diese Rollen nicht getrennt werden.“
Ein Blick in den SVP-Landwirtschaftsausschuss spricht Bände: Dort sitzen gleich drei hochrangige Bauernbund-Größen – Siegfried Rinner, Daniel Gasser und Cecilia Giacomozzi. Von Unabhängigkeit oder Überparteilichkeit keine Spur. Dabei sind bei weitem nicht alle 21.000 SBB-Mitglieder in der SVP eingeschrieben.
Der Bauernbund ist kein armer Verein: Obmann Gasser kassiert, dank der Landeszuschüsse, jährlich über 60.000 Euro brutto – plus Extras. Direktor Rinner kommt sogar auf weit über 100.000 Euro – mehr als ein Landtagsabgeordneter.
Leiter Reber findet: „Solange sich die Verbandsspitzen aktiv in den Parteiausschüssen und Gremien der Volkspartei engagieren, die Verbände ihre Mittel aber nicht aus der SVP-Kassa bekommen, sondern von allen Steuerzahlern, und ihre Beiträge auch bei mir und allen anderen Bauern, die sich kein Edelweiß auf den Schurz sticken lassen wollen, kassieren, missbrauchen sie die Überparteilichkeit ihrer Organisationen.“
Kommentare (33)
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