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Der Luxus der Zeit

Andreas in Monte Carlo (Fotos: Privat, Sabes)

Trotz seiner Krebserkrankung unternahm der 57-jährige Andreas eine Radtour von Turin nach Nimes in Frankreich. Mit dem Wissen, schwer erkrankt zu sein, war die Reise für ihn umso kostbarer.

Andreas’ Leidensweg begann mit einer vermeintlichen Zyste auf der Niere, die sich als Tumor herausstellte, der auch die Bauchspeicheldrüse infiltriert hatte. Obwohl die Niere und der Tumor operativ entfernt wurden, bildeten sich kurz danach Metastasen im Bauchraum. Im März 2022 wurden diese bei einer großen Operation an der Uniklinik Innsbruck entfernt.

Die OP war gut gelungen und die Ärzte zeigten sich sehr zuversichtlich, dennoch bildeten sich wenig später neue Metastasen in Lunge und Leber. Derzeit wird Andreas auf der Onkologie in Brixen behandelt, wo er unter anderem eine Immuntherapie erhält, die das Fortschreiten der Krankheit verhindern soll.

Andreas mit seinem Schwager

Der dreifache Familienvater erzählt, dass die Krankheit schlimm sei, aber auch die Gelegenheit biete, das bisherige Leben zu überdenken und zu wissen, dass vieles gut und richtig war. Das Wissen, nicht mehr gesund werden zu können, die Sorge um seine Familie und die Angst, die eigenen Kinder nicht lange genug durch ihr Leben begleiten zu können, sei eine unvorstellbare Belastung. Dennoch ist Andreas noch voller Lebensfreude und spürt, dass seine Zeit noch nicht gekommen ist. „Ich habe jetzt den Luxus der Zeit – Zeit, in die Natur zu gehen, Fotos anzuschauen, zu lesen oder zu denken. Vor allem möchte ich noch möglichst viel erleben.“

Wie entstand die Idee für eine mehrtägige Radtour? Bereits vor seiner Krankheit war Andreas ein begeisterter Radfahrer. „Radfahren bedeutet für mich die perfekte Symbiose von Technik und menschlicher Kraft. Man legt ohne Treibstoff und ohne Elektromotor weite Strecken zurück und kommt durch Landschaften und Dörfer, die mit dem Auto oder Zug nicht so einfach zu bereisen sind. Das ist für mich der Inbegriff von Freiheit.“ Andreas’ Wunsch war es, noch einmal dieses Freiheitsgefühl zu erleben. Und so kam es, dass er mit der Unterstützung seines Schwagers Clement, Palliativmediziner einer Klinik in Nimes in Frankreich, und einem weiteren Bekannten eine Radtour von Turin bis Nimes plante.

Vergangenen Herbst legte Andreas in neun Tagen mit seinem Gravelbike, trotz seiner unheilbaren onkologischen Krankheit, nur mit der Kraft seiner Muskeln und seinem starken Willen, ganze 700 Kilometer zurück. Die Reise beschreibt er als „unendlich schön“: „Endlich bekam ich meinen Kopf frei. Ich dachte nur darüber nach, wie ich vorankommen würde und nahm die Schönheit der Landschaft in mich auf – kurz ich lebte nur im Hier und Jetzt und meine Gedanken wanderten nicht zu meiner Krankheit und den damit verbunden Sorgen.“

Gilbert Spizzo, Facharzt der Onkologie am Krankenhaus Brixen unterstützte das Vorhaben seines Patienten von Anfang an: “Andreas ist seit über zwei Jahren bei uns auf der Onkologie Brixen in Behandlung. Ich ziehe den Hut vor dieser besonderen Herausforderung. Sport ist bei unseren onkologischen Patientinnen und Patienten absolut wichtig. Es ist schön zu sehen, wie glücklich er von seiner Radtour zurückgekommen ist.“

Andreas mit Primar Gilbert Spizzo

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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