„Vor den Kopf gestoßen“
Künftig sollen die Landesämter bereits Freitagnachmittag schließen. Die Maßnahme, welche mehr Work-Life-Balance versprechen soll, wird von der Allianz für Familie schwer kritisiert. Zahlreichen Eltern soll die Arbeitsflexibilität damit genommen werden.
von Christian Frank
Der neue Bereichsvertrag für die Landesverwaltung wurde vor gut zwei Wochen vom Land und den Gewerkschaftsvertretern unterzeichnet. Damit wurde unter anderem über die Kürzung der Arbeitswoche der Landesämter entschieden. Diese schließen zukünftig bereits freitags um 14 Uhr. Konkordant mit dem internationalen Zeitgeist der Work-Life-Balance scheint sich diese Änderung des Landes dem Tenor anzuschließen. Das bekräftigt auch Personallandesrätin Magdalena Amhof:
„Der zusätzliche freie Nachmittag trägt dem Bedürfnis zahlreicher Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Rechnung. Es ist ein Schritt in Richtung Vereinbarkeit und Work-Life-Balance, schafft mehr Zeit für physische und psychische Erholung und macht die Landesverwaltung als Arbeitgeber wiederum attraktiver, was in Zeiten des zunehmenden Arbeitskräftemangels überlebenswichtig ist.“ Die Änderung soll also die Vereinbarkeit zwischen beruflichem und privatem Leben fördern, doch gerade die Landesangestellten mit Kindern protestieren dagegen. „Es gilt zu beachten, wie diese Kürzung zustande kommt. Wenn diese Kürzung Arbeitsstunden reduziert, hat natürlich niemand etwas dagegen. Aber de facto bedeutet sie, dass dieselben Stunden auf einem kürzeren Zeitraum geleistet werden müssen, und das ist ein Problem. Starre und zeitlich eingeschränkte Modelle helfen niemandem weiter, der Beruf und Pflege- und Erziehungsarbeit unter einen Hut bringen muss“, moniert Doris Albenberger, die Sprecherin der Allianz für Familie. Ihr sind zahlreiche Elternteile bekannt, deren Schicksal durch diese Änderung der Arbeitszeiten maßgebend erschwert wird, da ihnen die Flexibilität, ihre Arbeitszeit einzuteilen, genommen wird. „Eine Mutter berichtete uns, dass die Schließung der Büros am Freitagnachmittag sie vor große Vereinbarkeitsprobleme stelle. Sie arbeitet Teilzeit, um den Rest des Tages für die Kinder zu sorgen. Freitags ist ihr Mann nachmittags zu Hause, und sie konnte so den gesamten Freitag arbeiten. Nun wird sie darauf verzichten müssen, was folglich eine Lohnkürzung bedeutet“, schildert Albenberger.Das Land beruft sich auf eine durchgeführte Umfrage unter den Landesangestellten und betont, im Willen der Arbeitnehmer zu handeln. Albenberger zweifelt hingegen am repräsentativen Charakter der Umfrage und sieht berufstätige Menschen mit Kindern in solchen Umfragen unterrepräsentiert. „Rund 3.200 Personen wurde die Umfrage zugesendet, und das bei rund 50.000 Angestellten. Natürlich betrifft es nicht alle davon, aber den Großteil. Klingt das also nach einer repräsentativen Umfrage?“, fragt sich Albenberger rhetorisch. Zudem, so die Sprecherin, fühlen sich viele Betroffene vor den Kopf gestoßen auf Grund des Tempos, in welchem diese Maßnahme abgesegnet wurde. „Die Umfrage fand rund zwei oder drei Tage vor der Unterzeichnung statt. Anfang nächsten Jahres tritt die Maßnahme in Kraft. Viele fühlen sich vor den Kopf gestoßen.“
Albenberger zufolge müssen sich nun zahlreiche bedienstete Eltern umdisponieren und entweder ihr Arbeitsverhältnis überdenken oder alternative Möglichkeiten zur Kinderbetreuung finden, ein Unterfangen, welches hierzulande bekanntlich schwierig ist. „Innerhalb eineinhalb Monats ein neues Betreuungsangebot zu finden, ist schlichtweg nicht möglich. Die Angebote sind rar, und nachträgliche Einschreibungen sind keine Option“, beanstandet Albenberger. Sie vermisst eine Differenzierung beziehungsweise die Bereitstellung von Alternativen: „Zwar würden nicht alle davon profitieren können, doch die Möglichkeit, Freitagnachmittag im Home-Office zu arbeiten, wäre bereits für viele ein Entgegenkommen.“
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