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Ruhiges Gewissen

Philipp Achammer im Gespräch mit Arno Kompatscher

Weil die Hager-Bombe die SVP zunehmend in Bedrängnis bringt, gehen Obmann Dieter Steger und LH Arno Kompatscher jetzt in die Offensive. Doch die Fragen zur Spendenaffäre 2018 sind noch lange nicht geklärt.

Von Matthias Kofler

Dieter Steger brach gestern um 13:03 Uhr sein Schweigen. Mit einer schriftlichen Stellungnahme bezog der SVP-Obmann und frühere Bozner Bezirks- und Stadtobmann erstmals Position zu den Antimafia-Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Trient, um weiteren Schaden von seiner Partei abzuwenden. Die Aussendung im Wortlaut:

„Die Vorwürfe, die durch die Ermittlungen im Raum stehen, wiegen schwer. Die effektive Faktenlage ist bisher allerdings unüberschaubar. Wir haben höchstes Vertrauen in die Justiz und sind überzeugt, dass der Sachverhalt lückenlos aufgeklärt wird. Es ist wichtig zu betonen, dass gegen keinen aktiven Mandatar oder Mandatarin der Südtiroler Volkspartei ermittelt wird. Dasselbe gilt für die Partei, die nicht Gegenstand von Ermittlungen ist. Sämtliche Vorgänge, die im Zusammenhang mit dem Finanzgebaren des Landtagswahlkampfes 2018 stehen, wurden von mehreren Kontrollorganen auf staatlicher und Landesebene überprüft und für ordnungsgemäß und gesetzeskonform erklärt.“

Was bislang von den Ermittlungen bekannt ist, spielte Steger im „System Hager“ keine tragende Rolle. Dafür steht Landeshauptmann Arno Kompatscher wegen eines persönlichen WhatsApp-Chats mit Heinz Peter Hager, der den Titel „Weihnachtsessen“ trägt, zunehmend unter Druck. Am Rande einer Pressekonferenz erklärte Kompatscher jedoch: „Ich habe ein ruhiges Gewissen – wie könnte es auch anders sein?“ Er forderte die Behörden auf, den Chat zu veröffentlichen, um zu zeigen, dass „dort nichts stattgefunden hat, was zu kritisieren wäre.“

Kompatscher bekräftigte, dass er „nie eine Finanzierung von Hager erhalten“ habe – eine Behauptung, die durch die bisherigen Ermittlungen gestützt werde. Der Landeshauptmann verwies auf laufende Verleumdungsklagen gegen den STF-Chef Sven Knoll und Athesia-Direktor Toni Ebner und stellte klar: Weder habe Hager Einfluss auf die Landesregierung genommen, noch stehe ein Kabinettsmitglied unter Ermittlungen.

Die Diskussion um die Parteienfinanzierung bleibt jedoch ein heikles Thema: Laut italienischem Gesetz muss die Partei auf private Spenden angewiesen sein, da öffentliche Beiträge ausgeschlossen sind. „Natürlich kann die Partei nicht entscheiden: Von diesem nehmen wir das Geld, von jenem nicht.“ Auch Kontakte zu Persönlichkeiten wie Hager seien nicht verwerflich: „Ein Politiker muss Menschen treffen können, um ihre Anliegen voranzubringen.“ Er habe „volles Vertrauen in die Justiz“, dass diese alles aufklären könne, so Kompatscher.

Der ehemalige SVP-Obmann Philipp Achammer sieht hingegen keinen Anlass, zum Fall Hager Stellung zu
nehmen: „Ich wüsste beim besten Willen nicht, was ich dazu sagen sollte. Der Fall Benko hat nichts mit mir zu tun.“

Insider bezweifeln jedoch, dass Achammers Rolle in der Spendenaffäre so unbedeutend ist. Als rechtlicher Vertreter der SVP während des Wahlkampfs 2018 war er zwar nicht im Spendenkomitee, das von Karl Zeller, Thomas Widmann, Patrick Bergmeister und Hager geleitet wurde. Doch die Ermittler vermuten, dass Achammer und Widmann über die entscheidenden Dokumente verfügen.
Hager soll der SVP 2018 etwa 40.000 Euro gespendet haben, die jedoch auf verschiedene Firmen aufgesplittet wurden, um nicht in den offiziellen Papieren aufzutauchen. Das Spendenkomitee soll „an der Partei“ vorbei einen Aufteilungsschlüssel für die Spenden erarbeitet haben, so Quellen aus der Brennerstraße.

Beobachter warnen, dass Widmann, der inzwischen zur Opposition gewechselt ist, diese Unterlagen nutzen könnte, um alte Rechnungen mit Kompatscher und der SVP zu begleichen.

Dass der ehemalige SVP-Obmann und der Ex-Benko-Statthalter keine Freunde sind, zeigt ein Vorfall aus dem März 2022. Damals berief Hager eine Pressekonferenz ein, in der er erklärte, Achammer habe ihn „erpresst“, um das Erscheinen des Buches „Freunde im Edelweiß“ zu verhindern und seinen Rücktritt zu fordern. Achammer konterte daraufhin: „Stehe ich etwa den Interessen der Signa im Weg? Wie kommt der Benko-Vertreter in Südtirol dazu, den Rücktritt des SVP-Obmannes zu fordern, wo er nicht einmal Parteimitglied ist? Das zeugt höchstens vom Naheverhältnis, das Herr Hager immer zur Politik haben wollte und das ich stets abgelehnt habe.“

Eine vollständige Offenlegung der Unterlagen könnte endlich Klarheit bringen – oder die Spendenaffäre weiter anheizen.

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