Der „Spion“
Die Journalistenkammer hat Lorenzo Barzon suspendiert. Auch im Landtag zieht der Fall des Hager-Vertrauten weiter seine Kreise.
von Matthias Kofler
„Das hat eingeschlagen wie eine Bombe“, flüstert man im Foyer des Landtags. „Lorenzo Barzon ist seit jeher hier bei uns ein- und ausgegangen.“
Der Bozner Publizist, der wegen des Verdachts der Bildung einer kriminellen Vereinigung unter Hausarrest steht, wurde gestern aus dem Verzeichnis der Journalistenkammer suspendiert. Die regionale Kammer zog diesen Schritt in einer außerordentlichen Sitzung, wohl im vorauseilenden Gehorsam, da noch keine Anklage erhoben wurde, und berief sich dabei auf das Gesetz Nr. 69/1963.
Laut den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Trient spielte Barzon eine zentrale Rolle im Netzwerk des Steuerberaters Heinz Peter Hager. Als „Vertrauensmann“ soll er entscheidend zur Koordination der fraglichen Aktivitäten beigetragen haben. Doch seine Rolle ging weit darüber hinaus: Im Landtag, wo er durch seine Dauerpräsenz eine feste Institution war, soll Barzon als verdeckter Informant agiert und vertrauliche Gespräche der Abgeordneten mit seinem „Vorgesetzten“ geteilt haben – eine Praxis, die bei einigen Mandataren schon seit Jahren für erheblichen Unmut sorgte. Sie nannten den Bozner abfällig einen „Spion”.
Barzon, 2015 als Fraktionsmitarbeiter der Abgeordneten Elena Artioli angestellt, pflegte in der abgelaufenen Legislaturperiode enge Kontakte zur Landtagspräsidentin Rita Mattei (Lega), für die er seine „Dienstleistungen“ auf Rechnung stellte. Seit den Landtagswahlen 2023 arbeitete er regelmäßig mit der Fraktionssprecherin von Fratelli d’Italia, Anna Scarafoni, zusammen. Ob er offiziell bei ihr angestellt ist, bleibt jedoch unklar. Die Landtagsfraktionen können ihre Mitarbeiter zwar mit Geldern des Landtags entlohnen, sind aber nicht verpflichtet, deren Namen zu melden – ein Umstand, der die Portiers immer wieder in die Irre führte. Barzons Ausweis wurde im Gegensatz zu anderen Besuchern und Journalisten selten kontrolliert, da man davon ausging, er sei für Scarafoni tätig. Entsprechend groß ist nun die Verlegenheit im Hohen Haus.
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