Das Luftbussi
Der Fall des Rittner Jugendtrainers, der einen Schiedsrichter auf den Mund geküsst haben soll, wird immer skurriler. Zeugen widerlegen die Version des Unparteiischen.
von Artur Oberhofer
Didi Larcher ist ernüchtert: „Die Entscheidungen der Sportgerichtsbarkeit sind natürlich zu akzeptieren und an den geltenden Bestimmungen ist nicht zu rütteln“, so der Präsident des ASV Ritten Fußball, „aber dass der Betroffene und anwesende Zeugen nicht einmal angehört werden, bevor der Sportrichter eine Disziplinarmaßnahme von dieser Tragweite trifft, ist schon bedenklich.“
Wie solle sich ein Betroffener verteidigen, wenn am Ende nur der Bericht des Schiedsrichters bzw. dessen Aussage zähle, fragt Didi Larcher.
Das aktuelle System, so fordert der Ritten-Präsident, sollte hinterfragt werden.
Der Fall des Rittner Jugend-Fußballtrainers Felice Gennaccaro, über den die TAGESZEITUNG vor einer Woche berichtete, hat in der hiesigen Fußball-Szene für große Aufregung und für angeregte Diskussionen gesorgt. Felice Gennaccaro, der Trainer der B-Jugend des ASV Ritten ist von der Sportgerichtsbarkeit für zwei Jahre gesperrt worden. Der offizielle und im Urteil festgeschriebene Grund: „Gewalttätiges Verhalten gegenüber dem Schiedsrichter.“ So geschehen am 14. November dieses Jahres in der Halbzeitpause des B-Jugend-Spiels FC Gherdeina gegen den ASV Ritten.
Der wahre Grund für die Sperre: Felice Gennaccaro ist für zwei Jahre gesperrt worden, weil er den Schiedsrichter auf den Mund geküsst haben soll. Zumindest behauptete dies der Pfeifenmann in seinem Spielbericht und wiederholte diese Version auch bei seiner Anhörung vor dem Sportrichter.
Dieser angebliche Kuss auf den Mund ist vom Sportgericht als „gewalttätiges Verhalten gegenüber dem Schiedsrichter“, gewissermaßen als Spuckattacke ausgelegt worden.
Die Rittner Funktionäre und Felice Gennaccaro sind aus allen Wolken gefallen, als sie vom harten Urteil erfahren haben. Felice Gennaccaro ist nämlich kein x-beliebiger Trainer, sondern eine Institution beim ASV Ritten. Der 70-Jährige arbeitet seit über 40 Jahren als Jugendtrainer am Hochplateau, wurde in seiner Karriere nie gesperrt, hat also eine blütenweiße Weste, wie es am Ritten heißt. „Felice ist bei den Spielern und bei den Eltern äußerst beliebt und hat eine einwandfreie Reputation“, sagt auch Ritten-Präsident Didi Larcher.
Nun aber sei Felice Gennaccaro „am Boden zerstört“. Ihn nehme der Fall sehr mit.
Ganz nebenbei, so behaupten der Ritten-Präsident und mehrere Zeugen, die auch bereit wären, unter Eid auszusagen, habe Felice Gennaccaro den Schiedsrichter „in keinster Weise berührt“ – und schon gar nicht auf den Mund geküsst.
Am Ritten bedauert man außerdem, dass die Details zu diesem sportrichterlichen Fall an die Presse durchgestochen worden sind.
Zeugen schildern den Vorfall gegenüber der TAGESZEITUNGwie folgt: Der Schiri sei in der Halbzeitpause Richtung Kabine gegangen, da habe jemand aus dem Publikum – vermutlich ein Schiedsrichterkollege – dem Unparteiischen zugerufen, er müsse endlich durchgreifen und einen Spieler rausschmeißen. Der Schiri soll geantwortet haben: Das mache er in der zweiten Halbzeit.
Der Rittner Trainer Felice Gennaccaro, der das gehört hatte, habe dann zum Schiri gesagt, dass er so etwas nicht sagen dürfe.
Daraufhin soll der Schiri ihn angegangen sein und gesagt haben: „Willst du protestieren?“
Nach einem Wortwechsel seien der Schiri und die Spieler und Betreuer in die Kabinen gegangen. Plötzlich habe es an der Tür des ASV Ritten zwei Mal geklopft und der Schiedsrichter sei hereingekommen.
Er soll gesagt haben: „Adesso la partita prenderá un’altra piega …“
Der Ritten-Trainer Felice Gennaccaro soll daraufhin gesagt haben, dass der Schiedsrichter in der Kabine nichts zu suchen habe, dass er gar nicht reindürfe (was nicht stimmt, Schiedsrichter dürfen jederzeit in die Kabine, Anm. d. R.).
Dem Ritten-Trainer sei es in erster Linie um die Art und Weise gegangen, wie der Schiedsrichter in die Kabine gestürmt sei, sagen die Zeugen.
Auf das hin habe der Schiri dem Ritten-Trainer die gelbe Karte gezeigt. Der Trainer habe gesagt, so, das sei jetzt genug und habe den Schiri sanft Richtung Tür gedrängt. Ein Rittner Betreuer sei dann dazwischengegangen und habe die Streithähne auseinandergehalten. Dann habe der Schiri dem Ritten-Trainer die rote Karte unter die Nase gehalten.
Am Ende soll Felice Gennaccaro zum Schiri gesagt haben: „So, jetzt hast du erreicht, was du wolltest.“ Und er soll ihm einen Luftkuss geschickt haben. Sozusagen als Zeichen der Missbilligung der roten Karte.
Der Schiri soll daraufhin die Kabine verlassen und gesagt haben: „Ihr werdet schon noch sehen.“
Am Ritten heißt es jetzt: Schiedsrichter sollten sich ihrer Verantwortung bewusst sein. Der Tenor: „Wir alle machen Fehler, aber gegen das, was ein Schiedsrichter in seinen Spielbericht schreibt, kann man sich nicht verteidigen, selbst wenn man – wie in unserem Fall – Zeugen hat.“ Im Fall von Felice Gennaccaro habe sich der Betroffene nicht verteidigen können, bedauert auch Didi Larcher. Und es gehe auch um den Menschen Gennaccaro, der sich so etwas im Alter von 70 Jahren einfach nicht verdient habe.
Und jetzt?
Laut Ritten-Präsident Didi Larcher will Felice Gennaccaro nicht den weiteren Instanzenweg beschreiten. Verein und Trainer hätte sich dazu entschlossen, keine Rechtsmittel einzulegen. Vor allem Felice Gennaccaro wolle die Sache abschließen. Zum Wohle seiner Gesundheit, da ihn das Thema sehr mitnehme.
Und Präsident Didi Larcher sagt: „Uns ist das Wohl von Felice wichtiger.“
Kommentare (2)
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