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Aki Kaurismäki

Ansa (Alma Pöisty) mit ihrem Hund

Er macht sensationelles Kino, das überhaupt nichts Sensationslüsternes hat. Am  27.12. startet sein neuer „Fallen Leaves“. Am 3., 4. Jänner kommt einer seiner besten im Special.

von Renate Mumelter

Gutes Kino ist immer ein Gesamtkunstwerk. Bild, Farben, Schauspiel, Geschichte, Ton, Musik und wie das alles zusammengebaut ist, das macht einen Film aus. Kaurismäkis Filme bieten die Gelegenheit, sich in all diese Elemente zu vertiefen, dort zu verweilen, sie zu genießen und sich emotional tragen zu lassen.

„Fallen Leaves“, der Neue

In „Fallen Leaves“ erzählt er die Geschichte von Ansa und Hollapa. Sie lebt allein, er auch, beide sind nicht mehr ganz jung. Zufällig treffen sie in einem Karaoke-Lokal aufeinander, treffen sich auch im Kino bei Jarmuschs „The Dead Don’t Die“. Sie wollen sich wiedersehen, was lange Zeit nicht klappt. Eine behutsame Liebesgeschichte, äußerst nüchtern und doch äußerst romantisch. Und im Radio gibt es Nachrichten vom Ukrainekrieg.

Am Ende gehen die beiden über eine Wiese. Mit dabei der Hund, den Ansa gerettet hat. Hollapa fragt, wie der Hund heißt. „Chaplin“ sagt Ansa – und der Nachspann beginnt zu den Klängen von „Les feuilles mortes“, und frau ist berührt, beschwingt, trägt Bilder und Farben mit sich nach Hause.

Dass der Hund Chaplin heißt und dass die drei in die Ferne gehen, ist als Hommàge an Chaplins Figuren und an den Stummfilm zu verstehen. Kaurismäki macht zwar keine Stummfilme, er kommt aber mit sehr wenig Dialog aus.

„Fallen Leaves“ bekam in Cannes den Preis der Jury, beim Filmfest München den Publikumspreis, ist jetzt für die Golden Globes (auch Alma Pöisty) nominiert. Die Preise dürften Kaurismäki bis auf die Tatsache, dass sie ihm das Weitermachen erleichtern, relativ egal sein. So lakonisch ist er auch mit sich selbst.

Das Mädchen aus der Streichholzfabrik

ist einer der früheren Kaurismäki-Filme aus dem Jahr 1990. Der kurze, eindrückliche Film ist Teil drei von Kaurismäkis sogenannter proletarischer Reihe (Paradies 1986, Ariel 1988), einer meiner Lieblingsfilme übrigens.

In den ersten Filmminuten wird detailgetreu gezeigt, wie Streichhölzer hergestellt werden. Nach drei Minuten erscheint eine Hand. Es ist die von Iris, die am Fließband Schachteln kontrolliert. Die erste menschliche Stimme kommt dann aus dem Radio. Es sind die Nachrichten, wo es um die Aufstände am Tian’anmen-Platz geht, die 1989 in einem Massaker endeten. Die erste reale Stimme kommt vom Sänger in einer Tanzbar, wo Iris trotz Lidstrichs und pastellfarbenen Pullovers sitzen bleibt. Das erste Wort, das gesprochen wird, ist ihre Bestellung eines kleinen Biers. Kaurismäkis Kunst besteht darin, das genügen zu machen.

Iris lernt Aarne kennen, wird von ihm ausgenutzt, von ihrer Mutter und deren Gefährten auch. Iris geht lakonisch offensiv damit um. Während dieser Film in 70 Minuten eine Tragödie erzählt, lässt „Fallen Leaves“  Hoffnung aufkommen. Die Ähnlichkeiten zwischen den Filmen sind verblüffend.  Ruhe, Wortkargheit, Liebe zu den Figuren, Realität sind inhaltlich die tragenden Elemente. Zwei Filme, die nicht mehr loslassen.

Lokalbezug und noch eins

Aki Kaurismäki wurde vom Südiroler Karl (Baumi) Baumgartner und seiner Pandora Film entdeckt und gefördert wie Jim Jarmusch übrigens auch. Akis älterer Bruder Mika wohnte während seines Studiums an der HFF in München mit dem Südtiroler Werner Masten zusammen. Ende des Südtirolbezugs.

Kaurismäkis Filme sind das empfehlenswerte Gegenstück zu jenen überbordenden, die nicht viel hergeben wie „Oppenheimer“, „Killers oft the Flower Moon“, „Napoleon“ oder „Ferrari“.

 

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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