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Der blaue Handlanger

Weil er ihn als Chef des U-Ausschusses zum Masken-Skandal diskreditieren wollte, hat Ex-Landesrat Thomas Widmann den Arzt und Oppositionspolitiker Franz Ploner öffentlich anpatzen lassen. Sein Helfershelfer war Andreas Leiter Reber.

Die Rochade passte der SVP ganz und gar nicht ins Konzept.

Kurz bevor der Untersuchungsausschuss des Südtiroler Landtages zum Masken-Skandal seine Tätigkeit aufnahm, teilte Paul Köllensperger mit, dass nicht er, sondern sein Parteifreund (und Mediziner) Franz Ploner im U-Ausschuss mitarbeiten würde.

Am schärfsten gegen diese Rochade schoss der SVP-Vertreter im Ausschuss, Gert Lanz. Im offiziellen Sitzungsprotokoll heißt es dazu: 

Abg. Lanz (SVP) spricht sich gegen eine Wahl von Abg. Franz Ploner als Vorsitzenden aus und stellt gleichzeitig klar, dass er nicht dessen fachliche Kompetenz in diesem Bereich anzweifle. Er argumentiert, dass Franz Ploner wegen seiner früheren berufsbedingten Nähe zum Gesundheitsbetrieb nicht die Objektivität und Neutralität gewährleisten könne, die für dieses Amt notwendig sei.

Dass Franz Ploner als Vorsitzender dieses Kontrollgremiums der SVP von Anfang an ein Dorn im Auge war, hatte einen einfachen Grund: Dass ausgerechnet Ploner, der 42 Jahre lang in der Südtiroler Sanität tätig war und den Sanitätsbetrieb wie seine Westentasche kennt, Vorsitzender des Untersuchungsausschusses wurde, versetzte einige innerhalb der Regierungspartei in Alarmstimmung.

Noch bevor Franz Ploner formal zum Vorsitzenden des Ausschusses gewählt wurde, begannen Thomas Widmann und Florian Zerzer mit der Planung einer Schmutzkübelkampagne gegen den Arzt und Oppositionspolitiker. Sie wollten Franz Ploner als Doppelverdiener und Corona-Profiteur an den Pranger stellen. Dabei hatten sie – wie nun im Buch „Das Geschäft mit der Angst“ enthüllt wird – einen prominenten Handlanger: Andreas Leiter Reber.

Franz Ploner (Team K)

Um was geht es?
Franz Ploner arbeitete auch nach seiner Wahl in den Landtag immer wieder in seinem alten Beruf. So half er mehrmals in der Schmerztherapie am Krankenhaus Sterzing aus. Ehrenamtlich und ohne Entschädigung.
Als im Februar 2020 der Corona-Sturm über Europa und die Welt fegte und die Ärzte und MitarbeiterInnen in der Südtiroler Sanität am Rande der Erschöpfung arbeiteten, erfolgte italienweit ein öffentlicher Aufruf, mit dem pensionierte Fach- und Hausärzte zur Unterstützung ihrer KollegInnen in der Corona-Krise um eine kurzzeitige Rückkehr gebeten wurden.

Franz Ploner war einer dieser Ärzte, die aus dem Ruhestand zurückkehrten. Auch weil er aktiv von der Krankenhausleitung in Sterzing dazu gebeten wurde. So kehrte der Team-K-Politiker an seine frühere Wirkungsstätte zurück. Der pensionierte Intensivmediziner Ploner tat so im Frühjahr 2020 zwei bis drei Mal wöchentlich ganztägig Dienst im Krankenhaus Sterzing. Franz Ploner arbeitetedabei vorwiegend auf der Überwachungsstation und auf den zwei Covid-19-Stationen.

Marc Kaufmann hatte als junger Arzt auch mit Franz Ploner zusammengearbeitet.

Als Leiter der Südtiroler Covid19-Taskforce musse Kaufmann südtirolweit den Überblick haben, wer wo im Einsatz ist. So meldete die für Sterzing zuständige Brixner Bezirksdirektion auch den Einsatz Ploners an den Leiter der Taskforce.

Dass Marc Kaufmann für Franz Ploner ursprünglich andere Pläne hatte, geht aus einer WhatsApp-Nachricht hervor, die Kaufmann am 29. März 2020 um 07.18 Uhr an Florian Zerzer schickte:

Gm Florian, bin dir noch eine Antwort schuldig: Ploner bitten wir, (evtl sogar ich) in Bz auf der Anästhesie (Fabbro) zu helfen. Er ist ein versierter Anästhesist u. hilft, die katastrophale Performance dort zu objektivieren, er ist eine wertvolle zusätzliche Anasthesie-Ressource, beherrscht das Handwerk u. kann auch lehren, er hilft wahrscheinlich auch in der Regelung des Druckes von Seiten der Chirurgie (im Gegensatz zu Fabbro). Außerdem ist er dort „gut beschäftigt“, dh wenig Zeit für „Politik“ und als Argument nicht im Covid Bereich (Alter). Dejaco kann gut mit Ploner, ich grundsätzlich auch.
Brixen funktioniert gut mit der aktuellen Mannschaft – dort würde er nur stören u. ist sicher unerwünscht, in Sterzing ist er unterfordert u. hat zu viel Zeit für …

Man muss sich die Worte Marc Kaufmanns auf der Zunge zergehen lassen: Wenn der Oppositionspolitiker Franz Ploner im Spital arbeite, habe er weniger Zeit für die Politik – als ob ihn, den Primar für Notfallmedizin, dies etwas angehen würde.

Am 15. Mai 2020 wurde der Team-K-Abgeordnete Franz Ploner tatsächlich zum Präsidenten der Untersuchungskommission gewählt, der SVP-Fraktionssprecher Gert Lanz zu seinem Stellvertreter und die Fraktionssprecherin der Grünen, Brigitte Foppa, zur Schriftführerin.

Der damalige Gesundheits-Landesrat Thomas Widmann war über die Operation Ploner nicht begeistert. Im Gegenteil. Widmann befürchtete, dass der Oppositionspolitiker und Mediziner die institutionelle Bühne dazu nutzen würde, den Masken-Skandal und auch die Rolle des zuständigen Landesrates zu hinterfragen.

Aus diesem Grund beschloss Thomas Widmann, einen vermeintlichen Skandal um den Oppositionspolitiker und Doppelverdiener Franz Ploner zu lancieren.

Brisant: Als Handlanger fungierte dabei ein Oppositionspolitiker – der damalige Freiheitlichen-Chef und Landtagsabgeordnete Andreas Leiter-Reber.

Thomas Widmann

Am 13. Mai 2020 meldete sich kurz vor Mittag der freiheitliche Landtagsabgeordnete Andreas Leiter-Reber bei Thomas Widmann:

Andreas Leiter-Reber: Du wegen dem Ploner Franz. Hast du das schwarz auf weiß?
Thomas Widmann: Was denn?
Leiter-Reber: Dass er gezahlt bekommen hat?

Widmann: Ja, logisch.
Leiter-Reber: Ja, dann musst du es spielen, weil wir haben heute Videokonferenz mit der Opposition wegen dem Ploner und dem Untersuchungsausschuss …
..[…]..
Widmann: Aber unter Kollegen: Dass einer, der mindestens zehn Mal im Landtag gesagt hat, er arbeitet ehrenamtlich …

Leiter-Reber: Ja, und die anderen sagen: Ein Engel auf Erden usw.

Widmann: Und verdient… ich weiß nicht, ob er es ausbezahlt bekommen hat, aber ich glaube, dass er 4.600 sogar für den April ausbezahlt bekommen hat. Und 4.300 jetzt im Mai, das hat er, glaube ich, nicht bekommen. Dann sage ich, (lacht) mir ist das egal, denn ich bin kein Neidhammel. Aber das ist eine Sache, die im Prinzip nicht zulässig ist.

Leiter-Reber: Das wäre mir im Prinzip egal, wenn sie nicht so tun würden, als wäre er ein Engel auf Erden und in jedem anderen Land würde man einem solchen Politiker die Hände küssen. Verstehst du mich…

..[…]..
Widmann: Das kann nicht ich aufbringen.
Leiter-Reber: Verstanden. Aber das kann ich auch nicht aufbringen, wenn ich nichts in der Hand habe. ..[…]..
Widmann: Nein, ich kann es dir schicken.
Leiter-Reber: Aber bringen muss das eine Zeitung, verstehst du? Widmann: Ja, aber da tut man sich auch schwer. Wenn ich etwas schicke, ich bin der Mächtige, das brauche ich dir ja nicht zu erklären. Wenn du was schickst, dann tun sie es dir hinein.
Leiter-Reber: Passt, ja. Du kannst es mir schicken, und ich kann es der Zeitung schicken. Oder?
Widmann: Ja, ja. Das ist kein Problem.
Leiter-Reber: Das würde gehen.
Widmann: Warte, ich lese dir vor: „Sehr geehrte Damen und Herren, wie gewünscht, teile ich Ihnen mit, dass an Herrn Franz Ploner folgende Bruttobeträge ausbezahlt wurden. März 62,27 Stunden mal 68 Euro ist 4.261, im April bezahlt … Im April …
Leiter-Reber: Also schon überwiesen bekommen?
Widmann: Ja, ja, im April bezahlt. Ja und 63,4 Stunden mal 68 Euro ist 4.311 Euro wird im Mai bezahlt.
..[…]..
Widmann: Wenn ich dir jetzt das Mail gebe, dann muss du halt oben schwärzen …
Leiter-Reber: Ja logisch, muss ich schwärzen, das ist klar. Aber ich sage dir es auch ganz offen. Wenn, dann würde ich probieren, das mit der Dolomiten zu machen. Da hast du aber die besseren Drähte wie ich. Aber ich versuche es, mit diesen zu machen.
Widmann: Ja, ja sowieso. Aber dort sage ich dir nochmals, dann werden sie mich fragen und ich kann das bestätigen … Weißt du. Das ist immer noch viel besser…
Leiter-Reber: So meine ich, ja.
Widmann: Das tue ich dir gerne.
Leiter-Reber: Ich gebe die Informationen und sage, hat er das bekommen? Ist das nur die Versicherung?

Widmann: Genau, und wenn mich die Dolomiten fragt, dann sage ich gerne: Ja, logisch hat er das so bekommen.
Leiter-Reber: Ja, genau. Okay, passt.
Widmann: Gerne. Dann schicke ich dir das.

Leiter-Reber: (lacht) Ja, alles in Ordnung. Danke Thommy.

Der ursprüngliche Plan war, die Story einen Tag vor der Wahl des Ausschussvorsitzenden, die am 15. Mai über die Bühne gehen soll, zu lancieren und damit Franz Ploners Wahl zu verhindern.

Doch dem freiheitlichen Obmann Andreas Leiter-Reber gelang es nicht, noch vor der Wahl des Ausschuss-Vorsitzenden die Ploner-Geschichte über die Tageszeitung Dolomiten zu lancieren.

So wurde Franz Ploner allein mit dem Stimmen der Opposition – SVP und Lega enthielten sich – zum Vorsitzenden des Untersuchungsausschusses gewählt.

Der Chronik halber: Die Story zum „Fall Ploner“ wurde dann im Juli 2020 publik.

In der Geschichte wurden genau jene Geldsummen genannt, die Thomas Widmann an Andreas Leiter-Reber weitergegeben hatte.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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