„Durch die Hintertür“
Die Südtiroler Umweltverbände befürchten, dass das Projekt Ortler Ronda in Sulden ermöglicht werden soll, ohne dass die dafür vorgesehenen Umweltauflagen erfüllt wurden.
Mit einem Passus im Omnibusgesetz, das in den kommenden Tagen im Landtag behandelt werden soll, soll der Nationalpark Stilfser Joch einen vorläufigen Parkplan bekommen.
Der Dachverband für Natur- und Umweltschutz als größte Umweltorganisation im Land und Mountain Wilderness fürchten nun, dass dadurch das Projekt Ortler Ronda in Sulden ermöglicht werden soll, ohne dass die dafür vorgesehenen Umweltauflagen erfüllt wurden.
Der Bau der Rosim-Bahn und neuer Pistenverbindungen war seinerzeit mit der Auflage genehmigt worden, im Gegenzug Sulden autofrei zu machen und eine drastische Reduzierung des Autoverkehrs auch im Tal umzusetzen. „Von dieser Verpflichtung ist heute nichts übrig geblieben“, so Dachverband und Mountain Wilderness.
Die Umweltorganisationen machen in diesem Zusammenhang auch auf die Unstimmigkeiten im Projekt aufmerksam, die Mitte April der Staatsrat angeprangert hatte. So war der Beschluss der Landesregierung zur Ortler Ronda annulliert worden, weil man es unterlassen hatte, das Projekt einer Strategischen Umweltprüfung zu unterziehen. Diese, so der Staatsrat, sei in einem Schutzgebiet wie dem Nationalpark aber unbedingt notwendig, auch weil ein Nationalparkplan noch fehle.
Zudem sollte – geht es nach den beteiligten Gemeinden – das Projekt der Ortler Ronda gänzlich aus dem Nationalparkplan ausgeklammert und allenfalls separat mit dem Umweltministerium verhandelt werden. „Der nun vorgelegte Gesetzespassus ist auch vor diesem Hintergrund zu sehen und daher abzulehnen“, so die beiden Umweltorganisationen.
„Autofreies“ Sulden ist ein Feigenblatt
Neben den vom Staatsrat aufgezeigten verfahrenstechnischen Fehlern und der grundsätzlich als problematisch zu bewertenden Erschließung in einem Nationalpark prangern Dachverband und Mountain Wilderness weitere inhaltliche Mängel an.
„Die Umweltorganisationen hatten 2014 keine Einwände gegen den Bau der Rosim-Bahn erhoben, weil ein autofreies Sulden nicht nur eine innovative Maßnahme gewesen wäre, sondern auch als Beispiel für zahlreiche andere Skiorte hätte dienen können“, so der Dachverband und Mountain Wilderness. „Allerdings kann heute von einem ,autofreien‘ Sulden nicht mehr die Rede sein und die damals ins Auge gefassten Maßnahmen haben sich als Feigenblatt entpuppt.“
Die beiden Umweltorganisationen weisen in diesem Zusammenhang darauf hin, dass das ehrgeizige Vorhaben des autofreien Suldens auf einen Prozess der Verkehrsberuhigung herabgestuft wurde. Außerdem fehle eine Regelung für anreisende Touristen im Konzept fehle. Die Befürchtung ist, dass die Anreise in der Praxis ähnlich locker gehandhabt werden solle, wie auf der Seiser Alm. „Dort werden so viele Ausnahmegenehmigungen erteilt, dass die Wirkung der Verkehrsbeschränkung zunichte gemacht wird“, so Dachverband und Mountain Wilderness. Zudem mache man sich über den Verkehr durch den Vinschgau nach Sulden im Konzept keinerlei Gedanken. „Dass mit dem Projekt ein autofreies Tal geschaffen wird, stimmt schlichtweg nicht.“
Ausgleich in keinem Verhältnis zu Schaden
Selbst die Politik glaube nicht mehr an ein autofreies Sulden, unterstreichen die Umweltorganisationen. So habe die Landesregierung das Projekt schon 2018 zu einem einer „Verkehrsberuhigung“ herabgestuft, das einzig und allein das Dorf Sulden umfasse. „Das Problem ist: Damit untergräbt man den ursprünglichen Beschluss und schafft im Nachhinein neue, sehr viel weiter gefasste Spielregeln“, so Dachverband und Mountain Wilderness.
„Die Umweltauflagen stehen so in keinem Verhältnis mehr zum angerichteten Schaden an Landschaft, Artenvielfalt und einem der letzten glazialen Ökosysteme der Alpen, das ohnehin bereits durch die Klimakrise bedroht ist.“
Kommentare (12)
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