„Die Gewalt durchbrechen“
Sexualisierte Gewalt ist immer noch ein Tabuthema. Die Studie Traces möchte dem entgegenwirken und die Langzeitfolgen von Gewalt gegen Frauen in Südtirol untersuchen.
von Sandra Fresenius
Nach wie vor wird in Südtirol über sexualisierte Gewalterfahrungen geschwiegen. Allerdings können nicht aufgearbeitete Traumata weitergegeben werden und sowohl in der Familie als auch in der Gesellschaft Spuren hinterlassen. Eine neue Studie will nun gemeinsam mit Betroffenen einen Beitrag zur Aufarbeitung leisten – und sexualisierte Gewalt gegen Frauen aufzeigen, aufarbeiten und vorbeugen.
Traces (TRAnsgenerational ConsEquences of Sexual violence), eine von der Universität Trient, medica mondiale, dem Forum Prävention und dem Frauenmuseum Meran gemeinsam durchgeführte Studie unter der Leitung von Andrea Fleckinger von der Universität Trient, möchte innerhalb von drei Jahren die Langzeitfolgen von Traumata aus sexualisierter Gewalt und ihre generationenübergreifende Weitergabe in Südtirol untersuchen. „Dabei sind unter sexualisierter Gewalt nicht nur Vergewaltigungen zu verstehen, sondern vielmehr alle Formen von Übergriffen, die Frauen entgegen ihrer körperlichen Selbstbestimmung auf ihren Körper reduzieren und demütigen“, erläutert Christa Ladurner vom Forum Prävention.
Ziel der Forschung, die von der Provinz Bozen und der Stiftung Südtiroler Sparkasse finanziell unterstützt wird, ist die Fortsetzung der Gewalt zu durchbrechen, das Thema zu enttabuisieren, so dass ein Sprechen über sexuelle Gewalt möglich wird. „Es geht auch darum, einen Beitrag zu leisten, um vergangene Gewalterfahrungen gesamtgesellschaftlich aufzuarbeiten und präventiv das Entstehen von neuen Gewaltspiralen zu verhindern“, führt Ladurner weiter aus. Somit sei Traces kein reines Forschungsprojekt, sondern diene vor allem auch der Prävention. „Die Zusammenarbeit der vier Organisationen und der Draht zu den Stakeholdern ist bei einem Thema wie diesem besonders wichtig, um eine umfassende Aufarbeitung zu ermöglichen. Nur so können wir in einem zweiten Moment geeignete Präventionsmaßnahmen ausarbeiten“, weiß Christa Ladurner.
Die Ideengeberin der Studie ist Monika Hauser, die 1993 die Frauenrechts- und Hilfsorganisation medica mondiale gründete. Sie sieht die Motivation bereits in ihrer eigenen Biografie begründet: Die aus dem Vinschgau stammende Gynäkologin berichtet bei der Vorstellung der Studie von ihrer Großmutter und den Tanten, die sexualisierte Gewalt erfahren haben, sowie von ersten Berufserfahrungen im Krankenhaus von Schlanders mit dem Kontakt zu betroffenen Patientinnen. „Die meisten Übergriffe finden in der Familie statt, deshalb muss die patriarchale Schweigekultur durchbrochen und es muss zu einer Gesellschaft beigetragen werden, die diese Verbrechen wahrnimmt und Verantwortung dafür übernimmt“, fordert die Frauenrechtlerin Hauser.
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