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Die Corona-Versöhnung

Die österreichische Regierung hat entschieden, die Corona-Politik kritisch aufzuarbeiten. Die Opposition fordert, dass das auch in Südtirol geschieht. 

Von Matthias Kofler 

Corona scheint überwunden, (fast) niemand redet mehr von Infektionsketten, FFP2-Masken oder Quarantäne. Die neuen Subvarianten sind zwar hochansteckend, bereiten den Menschen aber keine Sorgen mehr. Für die Grünen ist es höchst an der Zeit, Genaueres über die aktuelle Lage zu erfahren. „Nur weil niemand darüber spricht, heißt nicht, dass es nicht da ist“, sagt Fraktionssprecherin Brigitte Foppa. In einer Landtagsanfrage will die Ökopartei in Erfahrung bringen, wie hoch die Inzidenz in den vergangenen drei Monaten war, wie viele Menschen an Covid erkrankt sind und wie viele wegen einer Corona-Erkrankung ins Krankenhaus mussten. Weiters fragen Brigitte Foppa und Co. bei der Landesregierung nach, wie hoch aktuell die Impfrate in Südtirol ist, wie viele Impfdosen gelagert werden und welches Verfallsdatum diese haben.

Neben den Grünen will eine weitere Oppositionspartei das (vergessene) Corona-Thema wieder aufs Tapet bringen: Franz Ploner vom Team K fordert eine – wie er es nennt – „faktenbezogene und partizipative Aufarbeitung der Coronapandemie“.

Der Hintergrund: In vielen europäischen Ländern und Regionen versucht man nun, sich dem Thema der Aufarbeitung der Pandemie zu stellen. Die österreichische Regierung hat im Mai eine unabhängige Fachgruppe unter der Leitung der Akademie der bildenden Wissenschaft mit der Aufarbeitung der Coronapandemie beauftragt. Beim sogenannten „Versöhnungsprozess“ geht es darum, Lehren zu ziehen und mehr Verständnis zu schaffen. Wissenschaftliche Studien sollen die Polarisierung, Wissenschatskepsis, Maßnahmen und Politikberatung analysieren. Die Ergebnisse sollen im neuen Pandemiegesetz Eingang finden.

In Deutschland macht sich die Präsidentin des Ethikrates, Alena Buyx, für die Aufarbeitung der Coronapandemiestark, um die Gesellschaft resilienter zu machen und um aus den gemachten Fehlern Konsequenzen zu ziehen. Sie spricht von einem „kritischen Draufschauen“. Man dürfe aber nicht den Fehler machen, mit dem Wissen von heute alle Entscheidungen von damals in Frage zu stellen, betont Buys.

„Gerade deshalb fordern wir die Landesregierung auf, einen Prozess der Aufarbeitung der Coronaereignisse anzugehen, um die Polarisierungen in der Gesellschaft und die gesellschaftlichen Verwerfungen aufzuarbeiten. Ich wäre froh, wenn die Landesregierung einen solchen offen Prozess unter Einbindung der Gesellschaft und unabhängiger Wissenschaftler in Gang setzen würde“, sagt Franz Ploner.

In einer Anfrage will der Mediziner wissen, ob die Südtiroler Landesregierung ebenfalls gedenke, eine unabhängige Fachkommission zur Aufarbeitung der Covid-19-Pandemie zu beauftragen. Dieser Prozess sei notwendig, um der Polarisierung in der Gesellschaft entgegenzuwirken und due gesellschaftlichen Verwerfungen aufzuräumen, ist der ehemalige Primar am Krankenhaus Sterzing überzeugt. Die Pandemie habe vor allem das Gesundheits- und Sozialsystem, aber auch viele andere Politikfelder weitgehend unvorbereitet getroffen. Dabei seien viele Defizite deutlich geworden.„Nach und nach werden die Auswirkungen der getroffenen Entscheidungen auf unsere Gesellschaft erkennbar“, sagt Ploner.

Die während der Corona-Pandemie getroffenen Schutzmaßnahmen seien mit tiefgreifenden Grundrechtseingriffen einhergegangen. Hierzu zählt der Team-K-Politiker Besuchsverbote, einsames Sterben in den Alten- und Pflegeeinrichtungen, die Schließung von Kitas, Kindergärten und Schulen, die weitgehende Stilllegung des kulturellen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens. Ploner hofft, dass auch die Landesregierung bereit ist, die Entscheidungsprozesse und die Auswirkungen der einzelnen Maßnahmen zu beleuchten.

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