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„Nicht besorgniserregend“

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Die neue Arcturus-Corona-Variante hat zuletzt die Infektionszahlen im asiatischen Raum in die Höhe schnellen lassen. Warum Alarmstimmung aktuell nicht angebracht ist.

Tageszeitung: Herr Walder, erst vor wenigen Tagen hat die WHO die Pandemie für beendet erklärt. Nun taucht im asiatischen Raum erneut eine neue Omikron-Untervariante auf, Arcturus, die innerhalb von zwei Wochen die Infektionszahlen in Indien hat um 281 Prozent sowie die Todeszahlen um 17 Prozent ansteigen lassen. Kommt Corona jetzt zurück?

Gernot Walder (Osttiroler Virologe und Infektiologe): Nein, Corona kann nicht zurückkommen, denn es war ja nicht weg. Die XBB-Varianten, die wir jetzt sehen, sind nichts anderes als Subtypen der Omikron-Variante. Sie werden bei uns auch wieder Krankheitsfälle verursachen, aber das wird nicht spektakulärer ablaufen als die anderen Corona-Wellen, die „durchgeschwappt“ sind.

Was ist bereits bekannt über diese neue Variante?

Es ist ein Coronavirus. Es ist ein Subtyp von Omikron, welcher sich teilweise ganz flott verbreitet. Von der Virulenz (wie ansteckend das Virus ist, Anm. d. Red.) und Pathogenität (wie das Virus auf den Menschen wirkt, Anm. d. Red.) entspricht es ungefähr dem, was wir bereits von Corona kennen.

Was macht Arcturus, also XBB.1.16, so ansteckend?

Das gleiche Protein, das sich bereits bei den vorherigen Varianten verändert hat, hat sich hier wieder ein bisschen geändert. Auch der Immunstatus der Bevölkerung ist ein wenig durchwachsen. Je länger die letzte Begegnung mit dem Virus zurückliegt, umso eher wird es die Besiedelung vom Rachenraum zurückbringen. Das verläuft meistens asymptomatisch, aber es reicht aus, dass, wie bei anderen Corona-Varianten auch, andere angesteckt werden. Da tut sich das Virus ein bisschen leichter. Die WHO hat dieses neben vielen anderen Varianten, ich glaube, derzeit sind es zehn, auf die Beobachtungsliste gesetzt. Das ist normal und von wissenschaftlichem Interesse. Damit sieht man, wie ein Virus sich weiterentwickelt. Aber das ist nichts, was in irgendeiner Form besorgniserregend sein sollte.

Sind bereits Fälle dieser Variante in Europa bzw. in Osttirol oder Italien aufgetaucht?

Die meisten dieser neuen XBB-Varianten sind schon in Österreich und Europa nachgewiesen. Ich gehe davon aus, dass sie auch schon in Italien nachgewiesen worden sind. Die Acrux-Variante (XBB 2.3) beispielsweise sollte in Österreich und in Europa generell nachgewiesen worden sein. Es gibt noch keine Statistik, welchen Anteil diese neuen Varianten unter den Erkrankten ausmachen. Aber wenn man eine grobe Abschätzung macht, dann machen die XBB-Varianten inzwischen schon einen erheblichen Prozentanteil aus. Ich gehe davon aus, dass es schon in Richtung 50 Prozent geht, ohne mich da auf eine bestimmte XBB-Variante festzulegen. Diese Entwicklung in Richtung XBB-Varianten gibt es eigentlich schon seit Ende Januar.

Müssen selbst geimpfte oder Menschen, die bereits eine Infektion durchgemacht haben, Angst vor einer Ansteckung haben?

Schwere invasive Verläufe sind nicht sehr wahrscheinlich. Erkranken kann man theoretisch schon. Wenn jemand mit unterschiedlichen Varianten infiziert war, dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass er gegen neue Variabilität immun ist, deutlich größer als jemand, der eine Impfung erhalten hat. Der ist gegen diese Varianten nicht so gut geschützt. Die Symptome dieser Variante sind genau die gleichen wie bei allen Corona-Infektionen. Wir wissen aber noch nicht, ob diese Variante wieder eher respiratorisch akzentuiert ist. Aber im Großen und Ganzen ist Corona in dieser Hinsicht ja nicht recht vielgestaltig. Es wird ungefähr gleich ablaufen wie bei den letzten Corona-Wellen. Es ist keine großartige Novität zu erwarten.

Ist diese Variante vom Verlauf her gefährlicher als bisherige Varianten?

Ich nehme nicht an, dass es nicht spektakulärer verläuft als alles das, was wir seit Herbst und über den Winter gehört haben.

Sind wir einem höheren Risiko ausgesetzt, weil wir Corona nicht mehr so präsent haben, uns nicht mehr durch Hygienemaßnahmen, beispielsweise mit Masken und der Desinfektion der Hände, schützen?

Das Risiko haben wir bei allen Infektionskrankheiten. Es ist jetzt nur ein bisschen ins andere Extrem umgeschlagen: es wird jetzt infektionstechnisch gar nichts mehr ernst genommen. Das begünstigt natürlich im Augenblick die Ausbreitung von allen Erregern, auch Influenza und RSV. Da profitieren derzeit alle Keime davon.

Wie hoch schätzen Sie die Wahrscheinlichkeit ein, dass es nochmal nicht nur eine ansteckendere, sondern auch eine gefährlichere Variante geben wird?

Es wird immer wieder neue Varianten geben. Dass wir aber in nächster Zeit nochmal etwas vergleichbares erleben wie 2020/2021, die Wahrscheinlichkeit halte ich für unter einem Prozent. Die Wahrscheinlichkeit ist sehr klein. Neue Corona-Varianten sehe ich nicht als das große Problem für das infektiologische Geschehen in Europa. Diese neue Variante ist eine Omikron-Variante mit leichtem Tuning. Die Immunitätslage in der Bevölkerung ist grundsätzlich nicht schlecht, die Variante reagiert auf das Ganze auch nicht besser als die letzten Varianten, die gekommen sind. Insofern erwarte ich mir einen vergleichbaren Verlauf. Seit November war Corona gesundheitstechnisch nicht mehr so das Problem.

Interview: Sandra Fresenius

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (2)

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  • andreas1234567

    Hallo nach Südtirol,

    jetzt hat der Fragesteller mindestens fünfmal mit den bekannten Schlagworten. „Angst, ansteckender, gefährlichere Variante, Masken und Desinfektion und höherem Risiko“ versucht dem Experten wenigstens eine klitzekleine Massnahmenempfehlung zu entlocken, wenigstens Masken in Bus&Bahn oder ein bisschen Reihentesten in den Schulen..
    Da kam gar nichts zurück, da gehört der Experte mal frisch ausgewechselt, ich kann einige Experten aus D mitbringen der wenigstens ein paar dringende Impfempfehlungen und Maskenempfehlungen bei Menschenansammlungen empfiehlt.
    So geht das doch nicht, der Aktienkurs vom deutschen Gutmenschen-Pharmaunternehmen Biontech hat sich seit Sommer 22 nahezu halbiert..

    Wenigstens eine biostatistische Rechenmodell-Warnung wie „die Wahrscheinlichkeit in Südtirol an der neuen Variante zu erkranken und zu versterben ist 11749% höher als von einem Bären gefressen zu werden“ wäre schon hilfreich, das Volk gruselt sich gern

    Auf Wiedersehen bei der nächsten Massenpanik

  • dn

    Muss Pfizer evt. an neuen Varianten basteln?

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