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In Luft aufgelöst

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Die Meldungen zu Betrugsfällen beim Online-Trading nehmen zu. Die Kriminellen gehen dabei sehr kreativ vor.

Im Jahr 2022 sind die beim Europäischen Verbraucherzentrum (EVZ) Italien, Büro Bozen eingegangenen Meldungen über betrügerisches Online-Trading im Vergleich zu 2021 um 27% gestiegen: Ein sehr gefährliches Phänomen, denn die Kriminellen erweisen sich als kreativ und schreiten mit der technologischen Entwicklung voran.

Alles beginnt mit einem unerwarteten Telefonanruf:

Eine freundliche Stimme schlägt renditestarke Anlagen vor, es handle sich um eine einmalige Gelegenheit: Die Anfangsinvestition beträgt schlappe 250,00 €.

Wer sich überzeugen lässt, meldet sich bei einer – fiktiven – Online-Handelsplattform an. Die Opfer erklären sich bereit, eine Software herunterzuladen, mit der unter dem Vorwand, diese durch die Investition zu führen, freier Zugriff auf deren Computer gewährt wird. Auf diese Weise überweisen die Verbraucher:innen schließlich Geldbeträge, sogar große Summen, auf gefälschte Kryptowährungs-Wallets, wobei die Transaktionen direkt von dem gefälschten Broker ausgeführt werden.

Die Opfer erfahren zunächst viel Aufmerksamkeit und erhalten zahlreiche Anrufe und Whatsapp-Nachrichten. Sobald jedoch die Auszahlung der investierten Beträge verlangt wird, ändert sich die Musik: Das Gegenüber beginnt, verschiedene Ausreden zu erfinden, um die Beträge nicht zurückzuzahlen, und meldet sich schließlich gar nicht mehr. Das Endergebnis ist immer dasselbe: Die Ersparnisse haben sich in Luft aufgelöst.

Aber das EVZ weiß, dass dies leider nicht das Ende der Geschichte ist. Häufig gehen nämlich Meldungen von Verbraucher:innen ein, die Ziel zweier weiterer Betrugsstufen werden. Einige Monate später werden die Betrugsopfer nämlich von angeblichen Fachleuten kontaktiert, die sich auf die Wiedereintreibung von durch Online-Trading verlorene Beträge spezialisiert haben. Diese Scheinprofis berichten, dass das Geld „in der Blockchain“ oder auf einem Konto bei einer ausländischen Bank „gefunden“ wurde.

Um die Ersparnisse wiederzuerlangen, wird eine Vorauszahlung von Gebühren, Provisionen und Steuern verlangt. Die Kriminellen spielen dabei mit den Schuldgefühlen der verzweifelten Sparer:innen und deren Hoffnung, wenigstens einen Teil von den verschwundenen Summen zurückzubekommen. Wer sich jedoch überzeugen lässt, sieht natürlich keinen Euro mehr und verliert ausnahmslos alle weiteren eingezahlten Beträge.

Doch auch jetzt geben sich die Kriminellen noch nicht zufrieden und leiten eine weitere Phase der Betrugsmasche ein. Dieselben Verbraucher:innen werden ein drittes Mal, diesmal von der angeblichen Geschäftsführung einer fiktiven Aufsichtsbehörde, kontaktiert, welche behauptet, dass sie die Beträge bei den Schuldigen beschlagnahmt hätten. Auch dieses Mal werden Gebühren und Provisionen gefordert, um einen Teil des verlorenen Geldes zurückzubekommen, es handelt sich aber nur um eine weitere Falle, um noch mehr Geld herauszuholen.

Rebecca Berto, Beraterin beim Europäischen Verbraucherzentrum, erklärt: Um sich vor derartigen Betrügereien zu wappnen, müsse man Vorsicht walten lassen und aufhorchen, sobald eines oder mehrere der folgenden Merkmale zutreffen:

Attraktive Renditen: Bei den versprochene Renditen handelt es sich leider immer um unrealistische Gewinnerwartungen oder um spekulative Finanzprodukte, die durch ein Hebelsystem gekennzeichnet sind;

Schmeichelei bzw. übermäßige Freundlichkeit: Die Kriminellen telefonieren häufig mit den Sparer:innen und senden ihnen Nachrichten, um bei ihnen ein falsches Gefühl von Vertrauen und Sicherheit zu erzeugen;

Social Proof: Den skeptischen Opfern werden gefälschte Bewertungen, gefälschte Aussagen berühmter Persönlichkeiten oder scheinbar offizielle Dokumente zugesandt, die die (in Wirklichkeit nicht vorhandene) Seriosität der beteiligten Finanzfachleute beweisen sollen. Solche Aussagen sollten immer unabhängig auf der Website der Aufsichtsbehörde CONSOB (Commissione nazionale per le società e la Borsa) überprüft werden;

Fernzugriff: Wenn Betrüger:innen Einzahlungen in Kryptowährungen verlangen, zwingen sie den Sparer:innen, eine Software herunterzuladen, um auf deren Geräte zuzugreifen und bei den Transaktionen zu helfen. Das eigentliche Ziel ist es, auf die Bankkonten und Kreditkarten der Opfer zuzugreifen;

Unaufgeforderte Kontaktaufnahme: Man wird in der Regel unerwartet angerufen, aber der Kontakt kann auch über E-Mail oder soziale Medien, Online-Dating-Seiten oder durch Mundpropaganda oder sogar persönlich auf Seminaren hergestellt werden. Man sollte immer auf der Hut sein;

Exklusivität: Kriminelle lassen das Opfer oft glauben, dass man die Möglichkeit einer einmaligen und unwiederholbaren Investition ist. In Wirklichkeit ist dies nur eine Taktik, um das Opfer zu ködern.“

Das EVZ rät:

Wenn Sie von angeblichen Finanzfachleuten kontaktiert werden, sollten Sie in den beschriebenen Situationen vorsichtig sein: Lassen Sie lieber die Finger davon! Wer ihnen vertraut, läuft Gefahr, seine Ersparnisse für immer zu verlieren, wie es leider vielen Verbraucher:innen ergangen ist, die sich an EVZ Italien gewandt haben, mit Verlusten, die manchmal sogar eine Million Euro überschritten haben.

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Kommentare (4)

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  • andreas1234567

    Hallo zum Sonntag,

    Mitleid fällt hier ein wenig schwer weil Habgier und Dummheit die Triebfedern sind und die konsequente Weigerung auch nur für eine Sekunde den gesunden Menschenverstand einzuschalten.

    Wer käme auf die Idee wildfremde Menschen per Telefon auf ein phantastisches Geschäft hinzuweisen mit 10, 20 oder 50 % Rendite?

    In Südtirol sehr beliebt ist übrigens der „Überzahlungstrick“ gerade in Kleingastbetrieben, in absoluter Nebensaison wird eine Buchung mit einer Grossfamilie vorgenommen, die Gesamtrechnung über mehrere tausend Euro wird vorab per Scheck überwiesen.Durch ein Versehen hat man aber statt 5850 Euro 8550 Euro überwiesen und man bittet den Hausinhaber eindringlich die überzahlten 2700 Euro doch schnellstens rückzuüberweisen weil die Oma schwer erkrankt ist und dringend Medikamente braucht oder Ähnliches.
    Der Scheck platzt irgendwann..Funktioniert auch ganz gern und gut wenn jemand etwas verkaufen will. Das Auto soll 3000 Euro kosten, überwiesen werden 5000 Euro und die 2000 Euro soll man an einen „Spediteur“ überweisen, für den Transport.
    Ziemlich neuer Trick: Mobile Gaunerbanden erzählen dir was von Naturschutzbehörde und man hätte einen total seltenen Vogel auf deinem Dach gesehen und ob man mal schnell auf den Balkon dürfte, das seltene Tier fotografieren..

    Hoffentlich kein auf Wiedersehen an der Klagemauer für habgierige und leichtgläubige Einfaltspinsel

  • prof

    1234567 Bezüglich Vogel,mir hat eine Freundin aus Germany einmal geschrieben,wenn ich ein Vöglein wäre flöge ich zu dir,da ich aber kein Vöglein bin so f……ich hier.

    • andreas1234567

      Hallol @prof

      über Zeitgenossen welche irgendwelche Brieffreundschaften mit liebeshungrigen jungen Töchtern ausländischer Völker pflegen könnte ich natürlich auch noch schreiben. Der „Freundin aus Germany“ würde ich jedenfalls bei der geschilderten Problematik keine Reisetaschengelder für ein persönliches Treffen überweisen.

      Üblicherweise gibt es vor dem „Kennenlernen“ immer wieder neue „Probleme“ welche Überweisungen im dreistelligen Eurobereich notwendig machen, da gibt es den gebührenfordernden Visa-Beamten, die kranke Mutter, der Vermieter welcher den Mietrückstand eintreiben will, die überraschende Rechnung für irgendwas an Reparaturen.

      Auf Wiedersehen auf einer Südtiroler Bergeinkehr, jeder dort durchgebrachte Euro bringt einen fairen Gegenwert und mit etwas Glück findet sich dort ein passendes weibliches Gegenstück in echt welches nicht so blöd gewesen ist einem „Greg, dem Ingenieur aus Kanada“ einige zehntausend Euro zu überweisen weil er „gerade leider sein ganzes Vermögen in Gold investiert hat“ und deswegen leider kein Geld für eine Anreise nach Europa übrig hat.

  • morgenstern

    Warum so knauserig? Das Geld ist keinesfalls futsch, es hat nur jemand anderer.
    Hauptsache es zirkuliert und belebt die Wirtschaft.

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