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Die Schwerkraft der Verhältnisse

DieLiteraturwissenschaflerin Daniela Strigl: Ein unerbittliches Werk.

Es ist ein unerbittliches Werk, das Marianne Fritz, die große Unbekannte der österreichischen Literatur, nach ihrem frühen Tod hinterlassen hat. Die Literaturwissenschaftlerin Daniela Strigl stellt die Neuauflage ihres Buches „Die Schwerkraft der Verhältnisse“ am Freitag bei Literatur Lana vor.

 Unter dem bezeichnenden Titel „Die Schwerkraft der Verhältnisse“ erschien 1979 der Roman von Marianne Fritz über eine moderne Medea, die, einer unheimlichen Destruktionskraft ausgesetzt, entschlossen gegen soziales und politisches Unrecht und damit gegen die Gewalt äußerer Zumutungen ankämpft.

Es ist das Jahr 1945. Eine dumpfe schwere Dunstglocke liegt über der Stadt Donaublau, wo die schwangere Berta die Rückkehr ihres Verlobten von der Front erwartet. Doch statt Rudolf tritt sein Freund Wilhelm ins Zimmer und überbringt Berta die Nachricht von dessen Tod, die sie nur mit einem »So, so« quittiert. Sie heiratet stattdessen den Kriegsheimkehrer, einen »würdigen Repräsentanten seiner Nation«, Chauffeur und »Geh-her-da«, und bekommt mit ihm ein zweites Kind, eifersüchtig beäugt von ihrer Freundin Wilhelmine. Aber das Leben erscheint Berta zunehmend wie ein böser Traum, die Schwerkraft der Verhältnisse zwingt alle zu Boden, besonders die kleinen und ganz kleinen Leute, versehrt und wortarm, bis Berta keinen Ausweg mehr sieht und ihre Kinder im verzweifelten Versuch, sie dem Zugriff der Umwelt zu entziehen, im Schlaf erstickt. Erst in einer psychiatrischen Anstalt findet sie Schutz vor der »Wunde Leben«.

Düster und mit abgründigem Humor, der das österreichische Erbe erkennen lässt, erzählt Marianne Fritz von der Verhärtung einer proletarischen Wirklichkeit, die radikal Rückschlüsse auf Opfer und Täter und eine nicht ruhende Vergangenheit einfordert.  Wendelin Schmidt-Dengler hielt den Roman „für eines der wichtigsten Prosawerke des 20. Jahrhunderts und auch des beginnenden 21. Jahrhunderts.“ Auch Elfriede Jelinek verneigte sich vor dem Oeuvre: „Es ist ein singuläres Werk, vor dem man nur stehen kann wie ein gläubiger Muslim vor der Kaaba“. Und Marlene Streeruwitz schrieb: „Marianne Fritz war ein Genie“.

Termin: Freitag, 5. Mai um 20.00 bei Literatur Lana, Hofmannplatz 2, Lana

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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