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Wir koksen wie die Innsbrucker

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Die Ergebnisse des Drogenmonitorings 2022: Die Südtiroler koksen mehr als die Ostösterreicher. Insgesamt hat der Konsum von Alkohol und Drogen nach der Lockerung der Corona-Maßnahmen wieder zugenommen.

von Artur Oberhofer 

Das abwasserbasierte Drogenmonitoring hat sich als Methode längst etabliert. „Die erhobenen Daten“, sagt Herbert Oberacher, der Leiter des forensisch-toxikologischen Labors am Institut für Gerichtliche Medizin an der Uni Innsbruck, „liefern den Behörden und den politisch Verantwortlichen Entscheidungshilfen, um geeignete Maßnahmen für eine nachhaltige Drogenpolitik ausarbeiten und umsetzen zu können.“

Die Abwasserepidemiologie habe in den letzten Jahren enorm an Akzeptanz gewonnen.

Seit gestern liegen europaweit die Ergebnisse des jährlichen, abwasserbasierten Drogenmonitorings vor.

„Mit der schrittweisen Lockerung der Corona-Maßnahmen 2022 hat auch der Konsum von Alkohol und Drogen in der Bevölkerung wieder zugenommen“, bringt Laborleiter Herbert Oberacher die Ergebnisse für 2022 auf den Punkt.

Im Jahr 2022 wurden europaweit die Abwässer von insgesamt 110 Städten und Regionen untersucht, darunter 17 Kläranlagen in Österreich, inklusive einer Südtiroler Kläranlage (insgesamt rund 200 Gemeinden).

Die Untersuchung lässt Rückschlüsse auf den Drogenkonsum von 3,5 Million Menschen in Österreich und Südtirol zu.

Für die jährliche SCORE-Studie wurden im Frühjahr 2022 über einen Zeitraum von einer Woche täglich Proben vom Zufluss der Kläranlagen entnommen.

Analysiert wurden die Konsummarker der Suchtgifte Tetrahydrocannabinol (THC, Wirkstoff in Cannabis), Kokain, Amphetamin (Wirkstoff in Speed), 3,4-Methylendioxy-N-methylamphetamin (MDMA, Wirkstoff in Ecstasy) und Methamphetamin (Wirkstoff in Crystal Meth), sowie Alkohol und Nikotin.

„Eine Einwohnerin bzw. ein Einwohner aus einer der 17 untersuchten Regionen trinkt im Schnitt täglich ein Glas Wein, raucht vier Zigaretten und konsumiert 0,07 Joints sowie rund ein Milligramm an aufputschenden Drogen“, veranschaulicht Studienleiter Herbert Oberacher die Ergebnisse für Österreichund Südtirol.

Damit rangiert keine einzige der in Österreich und Südtirol überwachten Regionen in einer aus den Ergebnissen der SCORE Studie abgeleiteten Rangliste unter den zehn umsatzstärksten Regionen.

Die Ergebnisse im Detail

Die Möglichkeit des Vergleichs unterschiedlicher Regionen ist eine besondere Stärke des abwasserbasierten Drogenmonitorings. So ergab die Analyse, dass der Pro-Kopf-Konsum an Alkohol und Nikotin innerhalb Österreichs relativ einheitlich ist.

Bei den verbotenen Drogen bietet sich ein weniger homogenes Bild: In fast allen Regionen war Cannabis die dominierende Droge, wobei der THC-Konsum im urbanen Raum höher ist, als in ländlichen Gegenden. Unter den Stimulanzien ist Kokain die umsatzstärkste Droge.

In Westösterreich und Südtirol wird Kokain pro Kopf in größeren Mengen konsumiert als in Ostösterreich; den höchsten Pro-Kopf-Verbrauch an Kokain verzeichnete Kufstein.

Die größten Pro-Kopf-Konsummengen der Wirkstoffe Amphetamin (Speed) und Metamphetamin (Crystal Meth) ließen sich in Ostösterreich, speziell in Wien bzw. Wiener Neustadt, beobachten. Diese West-Ost-Verteilung von Stimulanzien und synthetischen Drogen ist nicht auf Österreich beschränkt, sondern spiegelt sich in Europa wider.

In Südtirol scheint der Pro-Kopf-Konsum dieser Genuss- und Suchtmittel niedriger als in Österreich zu sein. Ein Vergleich von Süd- und Nordtirol lässt sich anhand der Daten aus den Landeshauptstädten anstellen: In Bozen war der Pro-Kopf-Verbrauch von Alkohol, Nikotin, Cannabis, Amphetamin und MDMA geringer als in Innsbruck, jener von Kokain vergleichbar.

Für acht untersuchte Regionen lassen sich im Vergleich mit den Ergebnissen der Jahre 2019 bis 2021 Informationen über Änderungen im Konsumverhalten ermitteln. „Im Vergleich zu 2021 waren Steigerungen beim Konsum von Alkohol, Kokain, MDMA und Methamphetamin zu beobachten, die zum Teil auch auf das Auslaufen von behördlichen Maßnahmen zur Eindämmung der COVID-19 Pandemie zurückzuführen sind“, betont Oberacher.

Cannabis

Cannabis ist mit schätzungsweise 22,1 Millionen Konsumenten im letzten Jahr die am häufigsten konsumierte illegale Droge in Europa.

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Der Cannabiskonsum scheint während der Lockdown-Zeiträume infolge der Pandemie weniger beeinträchtigt zu sein, obwohl es Unterschiede zwischen und innerhalb der Länder gab. Daten aus der Europäischen Online-Erhebung über Drogen: COVID-19 zeigte auch, dass die Muster des Cannabiskonsums unter den Befragten während der ersten Lockdown-Phase relativ stabil blieben, wobei mehr als zwei Fünftel (42 %) der an der Erhebung teilnehmenden Cannabiskonsumenten angaben, dass sich ihr Konsum der Droge im Vergleich zur Zeit vor der Pandemie nicht verändert hat.

Die im Abwasser beobachteten Konzentrationen an THC-COOH deuten darauf hin, dass der Cannabiskonsum in west- und südeuropäischen Städten am höchsten war, insbesondere in Städten in Tschechien, Kroatien, Spanien, den Niederlanden, Portugal und Slowenien.

Kokain

Die im Abwasser beobachteten BE-Belastungen deuten darauf hin, dass der Kokainkonsum in west- und südeuropäischen Städten, insbesondere in Städten in Belgien, den Niederlanden und Spanien, nach wie vor am höchsten ist. Niedrige Werte wurden in den meisten osteuropäischen Städten festgestellt, allerdings weisen die jüngsten Daten Anzeichen für einen Anstieg auf.

Für die meisten Städte ergibt sich im Zeitraum zwischen 2011 und 2015 ein relativ stabiles Bild des Kokain-Konsums. 2016 waren erste Anzeichen für eine Veränderung dieses Musters erkennbar und seither wurde in den meisten Städten alljährlich ein Anstieg verzeichnet.

Die Daten für 2021 zeigen einen Anstieg der Kokainrückstände in den meisten Städten (32 von 58) im Vergleich zu den Daten für 2020, während 12 Städte keine Veränderung und 14 Städte einen Rückgang meldeten.

 

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