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Wie geht es den Ü-75-Senioren?

Foto: lpa/pixabay

Eine Online-Befragung des ASTAT und des Institutes für Allgemeinmedizin u will den Zustand der Ü-75-Senior:innen in Südtirol ermitteln.

In Südtirol steigt, so wie überall auf der Welt, die Lebenserwartung der Bevölkerung. Welche Bedürfnisse haben Menschen mit 75 und mehr Lebensjahren? Welche Ansprüche stellen sie an die Gesundheitsversorgung?

Eine aktuell laufende Online-Befragung des Südtiroler Landesinstitutes für Statistik ASTAT und des Institutes für Allgemeinmedizin und Public Health Bozen will den Zustand der Ü-75-Senior:innen in Südtirol ermitteln – in Bezug auf ihre Gesundheit, soziale Unterstützung und Lebenssituation.

Zielsetzung der Senior:innenstudie

Der Anteil von älteren Menschen, die eine wohnortnahe Versorgung benötigen, nimmt zu.

Die Gesundheitsversorgung ist durch technologische Entwicklungen (z.B. Telemedizin) oder durch personelle Engpässe (z.B. zu wenige Allgemeinmediziner:innen) großen Umwälzungen unterworfen.

Ältere Menschen und ihre Angehörigen erleben die territoriale Versorgung oft als wenig koordiniert und als stark fragmentiert. Das Vorhandensein verschiedener Gesundheits- und Sozialdienste stellt für viele Senior:innen eine Herausforderung dar.

„Gerade deshalb führen wir im März 2023 gemeinsam mit dem Statistikinstitut ASTAT eine anonymisierte Online-Erhebung durch. Die Ergebnisse können uns helfen, die Gesundheits- und Betreuungsbedürfnisse, aber auch die Wünsche und Sorgen der Senior:innen besser zu verstehen“, erklärt Dietmar Ausserhofer, Projektleiter und Pflegewissenschaftler am Institut für Allgemeinmedizin und Public Health des Universitären Ausbildungszentrums für Gesundheitsberufe Claudiana.

Einige Fragen der Studie:

  • Wie geht es den Menschen ab 75 Lebensjahren in Südtirol?
  • Können sie so am Alltag teilnehmen, wie sie das gerne möchten?
  • Sind sie angemessen versorgt? Was benötigen sie konkret?
  • Erhalten sie Unterstützung, wenn sie diese brauchen?
  • Welche technischen Hilfsmittel verwenden sie?
  • Wie möchten sie in Zukunft versorgt werden, etwa bei einer schwerwiegenden Erkrankung?

„Anhand der Ergebnisse der Online-Befragung können wir ableiten, was bei uns in Südtirol bereits gut funktioniert und was aus Sicht der Senior:innen verbessert werden kann oder muss, damit die ältere Bevölkerung in Südtirol gesund altern kann und die adäquate Betreuung seitens der richtigen Dienste erhält“, hält  Ausserhofer fest.

Der Pflegewissenschaftler leitet das Forschungsprojekt, das der derzeit durchgeführten Seniorenstudie zugrunde liegt. Die durch die Befragung gewonnenen Erkenntnissekönnen bei der Reorganisation der territorialen Gesundheitsversorgung in Südtirol im Rahmen des gesamtstaatlichen Wiederaufbaufonds PNRR berücksichtigt werden. „Schon vor zehn Jahren führte das Landesinstitut für Statistik ASTAT eine Südtiroler Senior:innenstudie durch. Dank des Längsschnittvergleichs der Befragungsdaten von 2013 mit jenen von 2023 werden wir feststellen können, ob und wie sich die Gesundheit, das Gesundheitsverhalten, die Wünsche und Bedürfnisse der Senior:innen im Laufe der letzten zehn Jahre verändert haben“, sagt Dietmar Ausserhofer.

Schweizer Vorbild: Die INSPIRE-Studie

Vorbild für die laufende Senior:innenstudie des Instituts für Allgemeinmedizin Bozen ist die Bevölkerungsbefragung INSPIRE im Schweizer Kanton Basel-Landschaft. Diese ist in ein größeres Forschungsprojekt eingebettet, das vom Institut für Pflegewissenschaft – Departement Public Health der Universität Basel geleitet wird. Der Pflegewissenschaftler Dr. Dietmar Ausserhofer steht im Austausch mit dem INSPIRE-Forschungsteam am dortigen Institut.

„Die Schweizer Studie und die Südtiroler Befragung weisen Ähnlichkeiten auf, sind jedoch nicht identisch“, sagt Ausserhofer. In der Schweiz nahmen 8.846 Personen mit 75 und mehr Lebensjahren an dieser Bevölkerungsbefragung teil. Die Beteiligungsrate betrug 31%.

„Die Basler Seniorinnen und Senioren artikulierten unterschiedliche Wünsche, Erwartungen und Hoffnungen in Bezug auf Gesundheit und Sozialfürsorge. Etwas mehr als 4% der Befragten gaben an, dass Bedürfnisse hinsichtlich ihrer häuslichen Betreuung nicht erfüllt werden. Festgestellt werden konnte, dass soziale und wirtschaftliche Faktoren wie höhere Einkommen, Zusatzversicherungen oder ein höherer Bildungsgrad mit bedeutend weniger unerfüllten Bedürfnissen zusammenhängen“, berichtet Ausserhofer. Bei 26% der befragten Senior:innen ergab die Studie eine allgemeine Gebrechlichkeit. Bei dieser Gruppe gebe es Bedarf an einer umfassenderen Abklärung ihrer Bedürfnisse, zumal der geriatrischen, sagt Dietmar Ausserhofer.

Adolf Engl

Die Rolle der Allgemeinmedizin

„Das Einbeziehen der Bedürfnisse und Präferenzen der Patient:innen ist für die Qualität der individuellen allgemeinmedizinischen, krankenpflegerischen und sozialen Betreuung und Behandlung von fundamentaler Bedeutung“, unterstreicht Adolf Engl, langjähriger Arzt für Allgemeinmedizin und seit 2019 Präsident des Instituts für Allgemeinmedizin und Public Health Bozen.

„Am Institut beschäftigen wir uns mit Public Health, also mit öffentlicher Gesundheitspflege und -fürsorge. Es geht darum, durch gesellschaftliche Anstrengungen die Gesundheit der Menschen zu fördern und somit deren Lebensqualität zu verbessern. In diesem Zusammenhang sind die Ergebnisse der gemeinsam mit dem Statistikinstitut ASTAT durchgeführten Seniorenstudie von großer Wichtigkeit für uns, nicht zuletzt als Grundlage für die Planung der angemessenen und effizienten Versorgung der älteren Bevölkerung durch die Ärztinnen und Ärzte für Allgemeinmedizin“, so Engl.

Dietmar Ausserhofer

Ein senior:innengerechtes Versorgungsmodell

„Wenn Südtirol eine integrierte, senior:innengerechte territoriale Gesundheitsversorgung entwickeln will, muss die Bevölkerung als echte Partnerin gewonnen und gestärkt werden. Wir sprechen in diesem Zusammenhang von der Bevölkerung als einer Co-Producerin der Gesundheitsversorgung“, erklärt Dietmar Ausserhofer. Um dieses Ziel zu erreichen, sei die Optimierung der Vernetzung und der berufsübergreifenden Zusammenarbeit zwischen Gesundheits- und Sozialdiensten unverzichtbar.

„In Südtirol wäre eine intensivere Kooperation zwischen den beiden Ressorts für Gesundheit und Soziales wünschenswert. Angesichts der demographischen Veränderungen in unserer Bevölkerung und der Personalknappheit im Gesundheitswesen müssen wir offen für Veränderungen von Berufsrollen und Aufgaben, von Kompetenz- und Verantwortungsbereichen sein. Nur so kann es gelingen, die Bevölkerung mit den vorhandenen personellen Ressourcen bestmöglich zu versorgen“, bekräftigt Dietmar Ausserhofer.

Teilnahme an der Studie

Südtirols Landesinstitut für Statistik ASTAT hat eine Zufallsstichprobe (4.000 Personen, 75 Jahre und älter) der Südtiroler Bevölkerung entnommen. Diese Personen wurden im Februar mit einem Brief angeschrieben, um sie über die Seniorenstudie zu informieren und zur Teilnahme an der Online-Befragung einzuladen. „Das Ausfüllen des Fragebogens dauert ungefähr 20 Minuten. Die Beantwortung kann unterbrochen und zu einem späteren Zeitpunkt fortgesetzt werden. Der Fragebogen kann von den Senioren:innen selbst oder gemeinsam mit einer vertrauten Person ausgefüllt werden, zum Beispiel einem Familienangehörigen oder mit dem Vormund“, erklärt Dietmar Ausserhofer.

Falls dies nicht möglich ist, kann der Fragebogen nach Terminvereinbarung (Tel.: 0471 41 84 29) auch mit Unterstützung des Statistikinstitutes ASTAT telefonisch ausgefüllt werden.

Die Teilnahme an der Studie ist bis 31. Mai 2023 möglich.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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