„Tun sich keinen Gefallen“
20 Südtiroler Vereine wollen gegen die verpflichtenden Sprach- und Integrationskurse für Ausländer vor Gericht ziehen. Wie LR Philipp Achammer reagiert.
Tageszeitung: Herr Achammer, 20 Vereine laufen gegen Ihr Integrationskonzept „Fördern und fordern“ Sturm und wollen Familien, die gegen die Streichung der Sozialleistungen rekurrieren, rechtlich unterstützen. Haben Sie sich schon einen Anwalt genommen?
Philipp Achammer: Es ist natürlich das gute Recht dieser Vereine, gegen die Regelung zu rekurrieren. Ich glaube jedoch, dass sie sich damit selbst keinen Gefallen tun. Weil die Botschaft, die damit unweigerlich verbunden wird, falsch ist. Wenn Integration wirklich gelingen soll, dann muss die Gesellschaft auch etwas verlangen. Davon bin ich inzwischen mehr als überzeugt.
Die Kritiker erachten die Bestimmungen als diskriminierend, weil nur Nicht-EU-Bürger Sprach- und Integrationskurse besuchen müssen. Spielen Sie eine Bevölkerungsgruppe gegen die andere aus?
Ich habe große Schwierigkeiten damit, eine Diskriminierung zu erkennen, wenn eine Sprache erlernt wird, welche erst Integration ermöglicht. Und ja, selbstverständlich wünsche ich mir, dass alle mindestens eine der Landessprachen erlernen. Den größten Handlungsbedarf haben wir aber sicherlich bei Nicht-EU-Bürgerinnen und Bürgern, dort setzen wir an.
Warum setzen Sie in der Integrationspolitik auf Zwang statt auf Freiwilligkeit?
Weil wir ausreichend erfahren haben, dass Freiwilligkeit allein nicht reicht. Wir kommen damit nicht zu allen hin. Vor allem nicht zu jenen, welche eine Landessprache nicht lernen können, wollen oder dürfen. Da muss man jemanden auch zum eigenen Glück zwingen können. Ich mache ein Beispiel: Wie viele Situationen gibt es, wo ausländische Kinder der eigenen Mutter die Rückmeldung der Lehrpersonen beim Elternsprechtag übersetzen müssen. Das kann es nicht sein. Vor allem Frauen aus gewissen Kulturkreisen, die nicht raus dürfen, müssen wir erreichen.
Die neuen Bestimmungen sind jetzt seit sechs Wochen in Kraft. Wie fällt Ihr Zwischenfazit aus? Wo sehen Sie Nachholbedarf?
Viele haben erst jetzt erfahren, dass die Bestimmung nun tatsächlich gilt und ernst gemacht wird. Daher sind im Moment Sprachkurse sehr gut besucht, an die 70 Kurse bis Mai sind ausgebucht. Seit Anfang Dezember haben über 200 Personen schon Sprachprüfungen abgelegt. Diese Entwicklung gibt uns recht.
Was muss getan werden, um die Entstehung von Parallelgesellschaften zu verhindern?
Eine interkulturelle Mediatorin, welche selbst nicht Südtirolerin ist, hat vor einigen Jahren zu mir gemeint, eine Aufnahmegesellschaft müsse sich auch trauen, die Bedingungen für eine gelingende Integration vorzugeben. Das teile ich. Wenn es freiwillig nicht geht, muss man es verlangen. Und wenn es dabei ums liebe Geld geht, wird es auch mehr verstanden, das ist überall so.
Die Freiheitlichen werfen Ihnen vor, aus wahlstrategischen Gründen einen auf Sebastian Kurz zu machen. Wie ernst meinen Sie es mit der Integration? Und welche Rolle spielen die bevorstehenden Landtagswahlen?
Die Freiheitlichen haben mir schon alles vorgeworfen. Unter anderem, dass die Bestimmung zu langsam kommt. Sie alle wissen, dass wir schon lang an dieser Regelung dran sind. Dementsprechend ist die Kritik auch hinfällig. Meine Überlegung dazu habe ich übrigens schon oft geäußert, fernab jeglicher Wahlen.
Interview: Matthias Kofler
Kommentare (29)
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