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Gnädige Alperia

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Über 30.000 Rechnungen im Wert von fast 20 Millionen Euro sind bei Alperia offen. Warum die Energiegesellschaft darin kein Problem sieht und wie vielen säumigen Zahlern der Strom abgedreht wird.

von Markus Rufin

Die Landesenergiegesellschaft Alperia ist ohne Zweifel der größte Stromanbieter des Landes. Die Gesellschaft verwaltet Unsummen an Geldern. Zuletzt ersichtlich wurde das bei einer Landtagsanfrage der Süd-Tiroler Freiheit vor rund drei Wochen.

Diese betraf die offenen Rechnungen. 32.638 Rechnungen wurden laut Antwort von Umweltlandesrat Giuliano Vettorato nicht bezahlt. Damit fehlt der Alperia ein Gesamtbetrag von 18.667.799,98 Euro. Es sind Zahlen, die jedes andere Unternehmen vermutlich in Panik verfallen lassen würden.

Und es sind Zahlen, die darauf schließen lassen, dass sich immer weniger Südtiroler den Strom leisten können, denn die Zahl der Kunden, die sich nicht an die Zahlungsfristen halten, stieg in den letzten drei Jahren stetig an. 2020 waren es noch 96 Prozent, 2022 waren es nur mehr 93 Prozent.

Nicht so bei Alperia. „Um diese Zahlen wird viel mehr Wirbel gemacht, als eigentlich dahintersteckt“, behauptet Generaldirektor Luis Amort. „Wir stellen pro Jahr 2,5 Millionen Rechnungen aus. Wenn 32.000 Kunden rückständig mit den Zahlungen sind, hört sich das vielleicht nach viel an, im Verhältnis ist es aber eine bescheidene Anzahl.“ Amort deutet damit auch an, dass die Prozentzahlen, die Vettorato in seinem Antwortschreiben liefert, wohl nicht ganz korrekt sind.

Italienweit habe Alperia die höchste Zahlungsmoral. Andere Energiegesellschaften hätten deutlich mehr offene Rechnungen, doch auch für sie seien diese kaum ein Problem: „Aus verschiedensten Erhebungen wissen wir, dass das Problem der ungedeckten Rechnungen in anderen Sektoren deutlich schlimmer ist. Die Stromrechnungen werden in Italien von fast allen bezahlt.“

Allerdings bestätigt auch Amort, dass die Zahl der nicht zahlenden Kunden zugenommen hat: „Auch wenn wir uns wegen der Daten keine Sorgen machen, monitorieren wir die Situation laufend.“

Es sei Fakt, dass es in der Phase der Preissteigerungen mehr Probleme als zuvor gab. Große Veränderungen gab es allerdings nicht. Amort spricht sogar von einem Erfolg, da die Pandemie von besonderen Schwierigkeiten geprägt war: „Wir haben in der Covid-Phase mit zahlreichen Kunden, die Schwierigkeiten hatten, ihre Rechnungen zu bezahlen, Lösungen gesucht und auch gefunden, sodass diese mittlerweile keine Probleme mehr haben.“

Trotzdem bleiben die 32.000 offenen Rechnungen eine Schockzahl, denn viele sind überzeugt: Wird die Rechnung nicht rechtzeitig gezahlt, wird einem sofort der Strom abgestellt.

Doch dem ist nicht so. Die Haushalte, die ihre Rechnung nicht bezahlen, haben nämlich noch eine zweite Chance. Das geht auch aus der Anfrage der STF hervor: 99 Prozent aller säumigen Kunden zahlen die Rechnung innerhalb von 70 Tage nach. Das zieht auch keine Konsequenten nach sich. Bevor einem der Strom also abgedreht wird, erhält der Kunde drei Mahnungen. Das sieht das entsprechende Gesetz auch so vor. Das heißt, Alperia verliert trotz der 32.000 offenen Rechnungen kaum Geld.

Doch was ist mit den restlichen Kunden? Müssen in Südtirol tatsächlich 300 Haushalte ohne Strom auskommen? Nein, denn Alperia zeigt sich, genau wie andere Energiegenossenschaften, gnädig.

Laut Gesetz müsste, sofern auch nach drei Mahnungen die Rechnung nicht bezahlt wird, der Strom abgedreht oder reduziert werden. Alperia wendet dabei das entsprechende Protokoll der Aufsichtsbehörde ARERA an. Prinzipiell sieht dieses vor, dass die Leistung nach einer dreimaligen Mahnung auf nur 15 Prozent der verfügbaren Leistung reduziert wird. Bei einem Anschluss mit drei Kilowatt entspricht das nahezu einer kompletten Abschaltung des Stroms, da nur mehr ein Kühlschrank verwendet werden könnte.

Doch, wer sich vor der letzten Frist an Alperia wendet, der kann mit Hilfe rechnen, wie der Generaldirektor berichtet: „Wer sich bei uns meldet, den beraten wir dann auch. Wir versuchen eine Lösung zu finden, sodass der Strom nicht abgestellt werden muss. Falls möglich, wenden wir dann beispielsweise Stundungen oder Ratenzahlungen an. Bisher haben wir immer Lösungen gefunden, falls sich jemand an uns gewandt hat.“

Wer sich nicht meldet, bei dem müsse die Energiegesellschaft dann das Protokoll der Aufsichtsbehörde anwenden. Nur bei den allerwenigsten – Amort schätzt, dass es maximal 20 bis 30 Kunden sind – muss Alperia also den Strom abstellen. Das heißt, obwohl über 32.000 Rechnungen bei Alperia noch offen sind, muss in Südtirol kaum jemand ohne Strom auskommen.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (3)

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  • brutus

    „…stieg in den letzten drei Jahren stetig an. 2020 waren es noch 96 Prozent, 2022 waren es nur mehr 93 Prozent.“
    Habe ich in der Schule in Statistik etwas verpasst?

  • murega

    Ganz deiner Meinung Brutus.
    Denke es sollte genau die Differenz sein. Aber wenn sich 7% der Kunden nicht an die Zahlungsfälligkeiten halten, dass finde ich das schon bedenklich.

  • pingoballino1955

    Bei den “ MAMMUTGEWINNEN“ die Alperia einfährt,natürlich “ kein“ Problem.Wenn es keine Lösung gibt wird abgeschaltet und gepfändet,oder nicht?????? Ach ja ,dann zahlt das Land,verdient ja auch Millionen mit dem Strom,der nach HAUSE GEBRACHT WIRD!

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