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Kompatschers Pläne

Landeshauptmann Arno Kompatscher setzt für seine angekündigte Wiederkandidatur auf das Thema Nachhaltigkeit. Das hat er bei seinem Jahresrückblick gezeigt.

von Markus Rufin

Landeshauptmann Arno Kompatscher könnte in diesen Tagen eigentlich zu vielen Themen konkret Stellung beziehen. Angefangen bei der konstruierten Spendenaffäre, den Unstimmigkeiten in der Landesregierung und der Landtagsfraktion der SVP, dem Chaos rund um die SVP-Klausur bis hin zu seinem Plan für das Wahljahr 2023.

Doch offensichtlich vermeidet der Landeshauptmann die offene Konfrontation. Am Donnerstag lud er die Medienvertreter anlässlich des Jahresabschlusses zu einem Gespräch ein. Die obengenannten Themen sprach er dabei kaum an. Stattdessen blickte er auf das Jahr 2022 zurück und gab auch einen staatsmännischen Vorblick auf 2023.

Nach einem fünfminütigen Video, das die Jahreshighlights hervorheben sollte, begann Kompatscher mit seinem Rückblick. Dabei konzentrierte sich der Landeshauptmann auf vier Kernthemen: Nachhaltigkeit, Gesellschaft, gesamtwirtschaftliche Lage und Autonomie.

 

Nachhaltigkeit

Auch wenn der Landeshauptmann zugibt, dass der Begriff mittlerweile inflationär benutzt wird, zeigte sich einmal mehr, dass ihm dieses Thema besonders wichtig ist: „Wir werden die Klimaveränderung nicht mehr verhindern können, wir müssen uns auf die Ereignisse vorbereiten.“

Dabei zitierte Kompatscher auch den deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz und sprach von einer „Zeitenwende“: „Eine ASTAT-Studie hat zwar gezeigt, dass die Südtiroler bereit sind, ihre Gewohnheiten umzustellen, allerdings nur ein wenig. Wir müssen hart an uns arbeiten, die Ansprüche überdenken und den Raubbau an Ressourcen zurückfahren.“

Welche Auswirkungen der Klimawandel habe lasse alleine der Borkenkäfer erkennen, der bereits 5.000 Hektar der Südtiroler Wälder befallen habe. Trotz technologischer Fortschritte bekomme man das Problem allerdings nicht in den Griff.

Auch die hohen Energiepreise, die nur deshalb entstanden seien, weil man noch zu sehr von fossilen Energien abhängig sei, habe gezeigt, wie viel Verbesserungspotential es gibt. Jeder einzelne müsse daher mehr Energie sparen. Zudem müssen die Südtiroler lernen, weniger mit dem Auto zu fahren, so Kompatscher.

Doch auch die Politik habe eine Verantwortung. Als Land habe man mit dem Plan „Everyday for Future“ die Umsetzung der 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen ins Auge gefasst. Außerdem läuft bis 2023 eine Begutachtung der Nachhaltigkeit in Südtirol durch die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Besonders wichtig sei in diesem Zusammenhang die Einsetzung von Nachhaltigkeitsbeauftragten in den Gemeinden und Bezirksgemeinschaften.

Als bedeutend hervorgehoben hat der Landeshauptmann die Veranstaltungsreihe „Wir gestalten Zukunft. Gemeinsam“, an der über 1.000 Bürger teilgenommen haben. Auch die Sustainability Days seien trotz der Kostendebatte (das Event kostetet über zwei Millionen Euro) ein Erfolg gewesen.

Vorreiter sei Südtirol in Sachen Lichtverschmutzung gewesen. Bereits vor der nationalen Regelung hatte das Land die Initiative „Licht aus“ eingeführt, mit der die Außenbeleuchtung von Einrichtungen zwischen 23.00 Uhr und 6.00 Uhr ausgeschaltet wurde. Durch die Energiekrise seien auch andere Staaten diesem Beispiel gefolgt.

Enorme Diskussionen habe es rund um das Landestourismusentwicklungskonzept gegeben, doch am Ende habe man Enormes geleistet. Dies sei ein Schritt zu einer neuen wirtschaftlichen Logik. Kompatscher ist sich sicher, dass es auch hier Regionen geben wird, die dem Beispiel Südtirols nachfolgen werden.

In Sachen Mobilität habe sich ebenso viel getan. Unter anderem sei es durch die PNRR-Gelder gelungen, wichtige Projekte, wie den neuen Virgl-Tunnel oder die Riggertalschleife zu finanzieren. Kompatscher verkündete außerdem den Ankauf von 300 neuen Bussen bis 2023.

Besonders wichtig sei allerdings der Klimaplan des Landes, dessen zweiter Teil bis spätestens Juni 2023 stehen soll. Dieser wird die Ziele des Landes mit konkreten Daten in Verbindung bringen. „Der zweite Teil des Klimaplanes wird festlegen, bis wann wir unsere Ziele erreichen wollen“, führt Kompatscher aus.

Derzeit wird erhoben, wer sich in welcher Form an nachhaltiger Entwicklung in Südtirol beteiligt – der sogenannte Beteiligungsmix wird im März vorgestellt. Ebenso im Frühling wird der Klimabürgerrat einberufen, der die aktuelle und zukünftige Arbeit am Klimaplan begleiten soll. Neu ausgerichtet werden sollen die Beiträge zur Steigerung der Energieeffizienz und zum Ausbau der Energieproduktion aus erneuerbaren Quellen.

 

Gesellschaft

Auch das zweite Thema habe mit Nachhaltigkeit zu tun, nämlich der sozialen Nachhaltigkeit, sagte Kompatscher beim Mediengespräch. Diese beruhe auf dem Prinzip der UN-Agenda „Leave no one behind“ („Niemanden zurücklassen“).

Der demografische Wandel sei neben der Erderwärmung und der Ressourcenkrise die dritte große Herausforderung unserer Zeit. Während im Jahr 2013 noch 19 Prozent der Südtirolerinnen und Südtiroler älter waren als 65 Jahre, werden es im Jahr 2030 voraussichtlich 24 Prozent sein. Es fehle in allen Sektoren an Fachkräften, ganz besonders aber im Gesundheitsbereich und im Sozialwesen.

Von besonderer Bedeutung sei hierbei der Landessozialplan, der kurz vor der Verabschiedung stehe. Auch das Gesetz zum aktiven Altern bilde eine gute Grundlage, um Menschen über das Renteneintrittsalter hinaus zu beschäftigen.

Kompatscher unterstrich die Notwendigkeit einer Neuausrichtung der Sozialpolitik. Auch der Staat sei gefragt und dürfe Personen, die nach der Pension weiterarbeiten wollen, nicht bestrafen.

Um Familien zu unterstützen, habe man die Kleinkindbetreuungsdienste nicht nur ausgeschrieben, sondern auch höhere Mindeststandards gesetzt. So sollen speziell Frauen besser in den Arbeitsmarkt eingebunden werden können. Mit neuen Kollektivverträgen wolle man attraktivere Arbeitsplätze schaffen.

Im Gesundheitswesen seien der Ausbau des wohnortnahen Versorgungsnetzes, die Personalrekrutierung und die Digitalisierung die wichtigsten Schwerpunkte für 2023.

Um für mehr Gleichberechtigung zu sorgen soll 2023 der Gleichstellungsplan ÆQUITAS verabschiedet werden.

Von zentraler Bedeutung sei aber auch die Integration von Personen aus dem Ausland. Kompatscher stellte klar, dass man diese Personen brauche, um den Arbeitskräftemangel zu bewältigen.

 

Gesamtwirtschaftliche Lage

Die Wirtschaft stehe vor einer großen Veränderung, das entspringe allerdings nicht einem politischen Willen. Ziel der Landesregierung sei es, dass Betriebe und Wirtschaft im Dienst der Menschen stehen. Einkommen und Arbeit müssten gesichert werden.

Künftig müsse man auf qualitatives und nicht auf quantitatives Wachstum setzen, denn obwohl Südtirols Wirtschaft in den letzten zehn Jahren deutlich mehr gewachsen sei als jene Österreichs oder Deutschlands gebe es hierzulande sowohl relative als auch absolute Armut

Kompatscher verwies hierzu auf den ehemaligen Verkehrsminister Enrico Giovannini, der die Festlegung, dass wirtschaftliches Wachstum anhand des Bruttoinlandproduktes gemessen wird als „folgenschwere Fehlentscheidung“ bezeichnete.

„Wir müssen Mut haben und in puncto Nachhaltigkeit lokal agieren, damit unsere Wirtschaft langfristig funktionieren kann, wir schneller und somit resilient sind sowie Wohlbefinden schaffen können“, sagte Kompatscher.

Der Landeshauptmann verwies auch darauf, dass es Aufgabe der Politik sei, sich mit Fragen der Gesellschaft auseinanderzusetzen, damit sich Menschen sicher und aufgenommen fühlen, vor allem in Hinblick auf die relativ hohe Suizidrate und die auch vorhandene Armut im Land.

 

Autonomie

Das letzte Kernthema, das Kompatscher bei seiner Jahresbilanz ansprach, war auch das Kürzeste. Die Autonomie. Im Vordergrund standen im vergangenen Jahr die Feiern zum 50-jährigen Autonomiestatut und zu 30 Jahre Streitbeilegung. Diese Feiern hätten gezeigt, was Politik in Vergangenheit leisten konnte.

Von der neuen Regierung in Rom habe man bislang positive Signale erhalten. Allerdings sei damit auch die Hoffnung verbunden, dass Ankündigungen auch Taten folgen werden.

Der Landeshauptmann sprach sich auch deutlich gegen die Makroregion Nord aus: „Es besteht die Gefahr, dass wir Themen vermischen, die nicht vermischt werden sollten. Unsere Autonomie ist unter den Autonomien mit Sonderstautut etwas Besonderes, da es auch um Schutz von Minderheiten geht. Bei einer Makroregion verlieren wir ddiesen Aspekt aus den Augen.“

Viel wichtiger ist für Kompatscher die Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino, was allerdings nicht ausschließe, künftig noch stärker mit Venetien oder Emilia-Romagna zusammenzuarbeiten.

 

Abgesehen davon nahm Kompatscher zu keinem Thema in besonderer Weise Stellung, zwar wurde er unter anderem nach der Autobahn gefragt, sagte allerdings nichts, was ohnehin bekannt war.

Spezielles Interesse gab es allerdings zur Unruhe in der Partei. Kompatscher war zwar der Ansicht, dass dieses Thema nicht hier hingehöre, antwortete aber dennoch: „Wir haben nie aufgehört für die Menschen zu arbeiten, es ist vielleicht ein anderer Eindruck entstanden. Wir sind keine Lobbypartei. Aber ich habe im letzten Jahr viele Bürger getroffen, die der Meinung waren, dass es die SVP braucht. Wir brauchen auch Geschlossenheit, ich glaube, dass wir diese erreichen, indem wir über die Inhalte sprechen. Inhaltliche Konflikte dürfen aber nicht zu persönlichen werden.“

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (29)

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  • steve

    Beim Thema Nachhaltigkeit ist Sparen zwar wichtig, aber damit gewinnt man die Menschen nicht.
    Ich glaube der bessere Weg ist es, die erneuerbare Energieerzeugung massiv auszubauen und Wind und Solaranlagen zu installieren.
    Mit etwas über hundert modernen Windrädern ließe sich Südtirol bereits versorgen.
    Anschließend muss alles, wo möglich (Auto,Heizung), auf Strom umgestellt werden.

    Die Mentalität: „Gefällt mir nicht, mag ich nicht: Strom kommt aus der Steckdose „muss aufhören.

    Die Spanier und Deutschen haben das längst verstanden: Italien natürlich nicht!

    • andreas

      Informiere dich mal über die Energiepolitik der Deutschen, die kriegen nämlich gar nichts auf die Reihe und schaffen es nicht mal eine Nord-Südtrasse für Strom zu planen, um den Windstrom aus der Nordsee in den Süden zu bringen, wo er benötigt wird.

      Auch sind sie gegen Fracking, kaufen den Amis aber Frackinggas ab oder die Innenministerin sitzt neben Infantino mit irgend einer Binde bei einem WM Spiel und Scholz reist ein paar Tage danach nach Katar um sich für das deppate Bild der Fußballer und der Binde zu entschuldigen und einen Gasliefervertrag bis 2041 abzuschließen.

      Und über welche Quellen z.B. BASF seine Energie bekommt, einer der größten Verbraucher Europas, würde mich mal interessieren.

      • steve

        Deutschland Photovoltaik: 60GWp; Italien 23GWp

        Ausbau Photovoltaik:D heuer 7 GW, im nàchsten Jahr 20 GW
        Italien heuer 2GW!

        Vom Wind gar nicht zu reden!

        D Tagespreise Strom derzeit um die 30€/MWh Italien weit über 100€!

        Der Sonnenstaat Italien muss Unmengen Strom importieren,obwohl es alle Vorraussetzungen für erneuerbare Stromerzeugung hätte.

        Den Preis zahlt die Industrie und der Verbraucher!

      • rumer

        @andreas
        Deutschland hat die Photovoltaik von über 7000€/kWpeak auf unter 2000€/kWpeak gebracht. NUR Deutschland allein war es, das die PV wettbewerbsfähig gemacht hat und somit dem Rest der Welt eine Technologie ermöglichte, die die Strompreise niemals mehr massiv ansteigen lassen wird. (Sofern man auch PV installiert).
        Leider ist Deutschland zu früh auf die Öl-und Gaslobby reingefallen und haben viel wieder ausgebremst. Aber auch Rom wurde nicht an einem Tag gebaut.

        • steve

          Stimmt D hat die PV billig gemacht und dann die Produktion den Chinesen überlassen.
          Merkel und die CDU lässt grüßen!

        • andreas

          Ohne den Musterknaben Deutschland, wäre das Gas nie so teuer gehandelt worden wie dieses Jahr und die Polemiken um Nordstream 2 und die Streitereien mit den Ostländern wären geringer.

          Die Preise der Solarpanele hat China mit massiven Subventionen chinesischer Produzenten gedrückt, nicht Deutschland, diese haben die Technologie erfunden und sich von China über den Tisch ziehen lassen, zum Nachteil deutscher und europäischer Produzenten.

          Deutschland ist momentan das große Problem der EU, um sich von China unabhängiger zu machen. Deren Wirtschaft ist zu sehr vom chinesischen Markt abhängig, als dass sie auch nur eine Maßnahme gegen chinesische Interessen befürworten könnten.

          • steve

            Diese Probleme stammen aus der Merkel Ära, einer Zeit in der die Regierung mehr Industriellenvertretung als Bundesregierung war.

            Zumindest bei den Erneuerbaren wird jetzt die Wende eingeleitet!

          • hallihallo

            hallo steve , wo lebst du???
            schröder bezieht sein honoriges gehalt in rubel. immer noch.
            daß die deutschen beim geschäftemachen immer die schnellsten sind und diesmal eins auf die rübe bekommen haben, ist halt so.

          • steve

            @hallihallo Eben weil sie Geschäftssinn haben setzen sie auf Erneuerbare: billiger gehts momentan nämlich nicht!
            Heute haben sie in D negative(!) Strompreise!

            Das letzte Jahrzent war das Jahrzent des russischen Gases, dieses Jahrzent wird jenes der Erneuerbaren! Hoffentlich auch in Südtirol!

  • tiroler73

    Rumers Kommentar
    „Jemandem wie Kompatscher sollte es verboten sein, das Wort Nachhaltigkeit zu verwenden“
    stimme ich zu 100% zu. Die Millionen für die Nachhaltigkeitstage, die da heuer verbraten wurden sollte der LH aus seiner eigenen Tasche zahlen.
    Nachhaltigkeit wird für mich erst interessant, wenn die Industrie versteht, dass eine Glühbirne nicht nach 1 Jahr kaputt ist, und die Elektrogeräte bzw. Autos wieder langfristig halten sollen und nicht in kurzer Zeit ausgetauscht werden müssen, damit die Umsätze stimmen.
    VW sagte erst kürzlich: die Menschen wollen veränderung, ein Auto sollte max. 7 Jahre halten. Das ist der Willen der Bevölkerung.
    Mein Willen leider nicht…

  • dn

    Nachhaltigkeit gelingt erst, wenn die Wirtschaft auch daran interessiert ist bzw. davon profitiert (beides nicht leicht zu h aben). Geräte sollten prinzipiell nicht als „usaegetta“ geplant und produziert werden. Mein VW wird Ende 2023 volljährig, zum Leidwesen von VW.

  • philgrill

    Die SVP hat versagt! Mit solchen Versprechen versuchen sie noch von den Grünen ein paar Wähler abzuluxen um als die Lobby-Partei die sie nun mal sind weiterzumachen.

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