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Weihnachten ohne Angst

Foto: Presseamt der Diözese

Eigentlich sollte Weihnachten eine besinnliche Zeit sein, ein Fest der Liebe – vielen Frauen bleibt dieser Wunsch aber verwehrt. Wie im Frauenhaus Weihnachten gefeiert wird. Und: Warum die Kontaktaufnahmen wegen Gewalt in der Weihnachtszeit steigen. 

Tageszeitung: Frau Clingnon, Weihnachten ist eigentlich das Fest der Liebe. Für Frauen, die häusliche Gewalt erfahren, ist aber genau diese Zeit im Jahr eine große Herausforderung. Steigen die Anfragen deswegen an? 

Christine Clingnon (Präsidentin des Vereins GEA-Kontaktstelle gegen Gewalt): Ja. In der Weihnachtszeit aber auch allen anderen Zeiten im Jahr, wo dieses häusliche Zusammensein einfach stärker ist, steigen auch die Anfragen entsprechend an. Das bedeutet aber nicht, dass Männer zu Weihnachten plötzlich gewalttätiger werden, vielmehr gibt es einfach mehr Gelegenheiten Gewalt auszuüben, wenn man so eng zusammenlebt und so viel Zeit miteinander verbringt. Aber die Gewaltsituationen sind eigentlich immer da – das muss uns bewusst sein.

Steigen die Kontaktaufnahmen mit der Kontaktstelle gegen Gewalt an oder auch die Aufnahmen in den Frauenhäusern? 

Für jede Frau, die sich bei uns meldet, wird eine Risikoeinschätzung durchgeführt, um abschätzen und einstufen zu können, wie riskant und lebensbedrohlich ihre aktuelle Situation ist. Und dementsprechend werden ihr dann Angebote gemacht – und wenn es eine Situation erfordert, kann sie natürlich auch im Frauenhaus aufgenommen werden.

Versuchen viele Frauen auch – vielleicht der Kinder wegen – an Weihnachten den Schein zu wahren und durchzuhalten?

Diese Frage ist nicht so leicht zu beantworten. Im Allgemeinen ist es schwierig, aus einer Gewaltspirale auszusteigen. Wenn man Kinder hat, wird es noch schwieriger, weil man noch abhängiger vom gewalttätigen Mann ist und weil es einfach einen Unterschied macht, ob ich alleine aus meinem Alltag aussteige, um mich in Sicherheit zu bringen oder ob ich meine Kinder ebenfalls aus ihrem Alltag rausziehe. Viele Frauen wollen auch deswegen einfach glauben, dass sich der Täter verbessert, weil es einfach dieses gemeinsame Lebensprojekt gibt. Aber das sehen wir eigentlich das komplette Jahr hindurch.

Frauen, die im Frauenhaus Zuflucht gefunden haben, haben meist keine leichte Zeit hinter sich. Ist es jetzt zu Weihnachten besonders schwerer für sie?

Eigentlich nicht. Wir feiern Weihnachten auch im Frauenhaus und das ist eigentlich ein sehr schöner Moment. Ein Frauenhaus ist kein trauriger Ort, sondern ein ganz besonderer, wo Frauen oft zum ersten Mal seit vielen Jahren einfach eine Tür hinter sich zu machen können und sich sicher fühlen.

Ein Weihnachten ohne Angst…

Genau, ein Weihnachten ohne Angst und ein Weihnachten mit anderen Frauen und Kindern, wo diese große Solidarität unter Frauen noch stärker zum Tragen kommt, weil sich die Frauen gegenseitig stützen können und oft auch langanhaltende Freundschaften schließen. Ein Frauenhaus ist also absolut kein Ort der Trauer, sondern ein Ort, wo starke Frauen leben, die gerade einen Umbruch durchmachen und das spürt man einfach in der Luft.

Wie wird im Frauenhaus Weihnachten gefeiert? 

Es gibt einen gemeinsamen Moment, wo alle Bewohnerinnen mit ihren Kindern gemeinsam feiern und es gibt dann auch eine Überraschung für die Kinder.

Weil es auch für sie eine große Umstellung ist?

Ja, wobei man auch sagen muss, dass der Aufenthalt im Frauenhaus auch für die Kinder eine Möglichkeit ist, endlich wieder durchzuatmen. Kinder, die in einer gewalttätigen Beziehung aufwachsen, erleben Gewalt direkt oder indirekt mit.

Ist auch Besuch möglich von Freunden oder Verwandten? 

Im Frauenhaus nicht. Das Frauenhaus befindet sich an einem geheimen Ort und steht niemandem offen – nur den Frauen, ihren Kindern und den Mitarbeiterinnen. Aber natürlich können sich die Frauen außerhalb mit Freunden oder Verwandten treffen.

Werden die verschiedenen Kulturen und Traditionen der Bewohnerinnen in das gemeinsame Fest eingebunden? 

Auf jeden Fall, jeder Grund zum Feiern, ist ein guter Grund. Wir haben im Frauenhaus sechs Wohnungen und natürlich hängt es stark davon ab, wer gerade in diesen Wohnungen lebt. Aber wir versuchen gemeinsam zu kochen, zusammenzusitzen und gemeinsam zu feiern. Es geht darum, diese gemeinsame, wertvolle Zeit zu feiern und Leichtigkeit in den Alltag der Frauen und Kinder zu bringen.

Interview: Lisi Lang

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (2)

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  • gerhard

    Das st doch billige Schönfärberei.
    Als ob es an Weihnachten nicht ganz besonders schlimm wäre für diese geplagten Frauen.
    Ein Fest der Liebe, weg von der gewohnten Umgebung, weg von zu Hause.
    Das ist doch eine weltfremde und billige Glorifizierung des Frauenhauses.
    Sperrt die rabiaten Männer weg, das ist einfacher und billiger.

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