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Auf der Flucht

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Das Land Südtirol zahlt in diesem Jahr über 1,5 Millionen Euro an Medienförderung aus. Brisant: Ein Radiosender, den es faktisch nicht mehr gibt und dessen Betreiber per Haftbefehl gesucht wird, bekommt über 92.000 Euro.

von Artur Oberhofer

Weihnachten ist für das Medienhaus Athesia immer ein freudiger Anlass.

Der Grund: In der zweiten Dezemberhälfte werden die Landesbeiträge im Bereich Medienförderung ausgeschüttet. Der Löwenanteil der rund 1,5 Millionen Euro, die heuer ausbezahlt werden, geht wie gehabt an das Medienhaus Athesia.

Für das laufende Jahr gelangten genau 1.543.391,89 Euro zur Auszahlung, aufgeteilt auf die Bereiche Fernsehen, Radios und Online-Portale.

Beginnen wir bei den Online-Portalen: Mit Stol.it (84.871,92 Euro), AltoAdige.it (61.972,77 Euro), Sportnews.bz (28.528,81 Euro), Südtirolnews.it (28.528,81 Euro) und DerVinschger.it (5.798,83 Euro) kassiert Athesia gleich für vier Online-Portale Geld aus dem Topf der Medienförderung.

Insgesamt über 180.000 Euro.

Im Vergleich: Salto.bz bekommt 52.068 Euro, das Nachrichtenportal Tageszeitung.it 35.668 Euro (siehe dazu auch die Info-Grafiken auf dieser Seite).

Im Bereich Fernsehen haben sich nach dem Konkurs des Privatsenders SDF die monetären Verhältnisse verschoben: So kassiert nun VB33 mit über 131.000 Euro den größten Anteil am Medienkuchen. RTTR bekommt knapp 65.000 Euro, AltoAdige TV über 52.000 Euro.

Kurios: Das Eppaner Tourismusprogramm Peer TV erhält mit knapp 44.000 Euro viel mehr Geld als das Online-Portal der TAGESZEITUNG.

Dass es bei der Verteilung der Mediengelder sehr kunterbunt zugeht, belegt der Fall des Senders „Hitradio Südtirol“.

Der von Athesia kontrollierte Sender Radio Südtirol 1 erhielt, wie seit Jahren bereits, den höchsten Zuschuss: 154.311 Euro.

Business as usual.

Für kollektives Entsetzen sorgte dagegen die Information, dass ein Sender namens „Hitradio Südtirol“ mit über 92.000 Euro den zweithöchsten Förderbeitrag ausbezahlt bekommen hat.

Es ist dies ein Sender, den es faktisch nicht (mehr) gibt.

Der Sender gehört der Rundfunk Radio Südtirol GmbH des Siegfried Torggler.

Siegfried Torggler ist eine schillernde Figur.

Der 57-Jährige ist wegen mehrerer Strafraten rechtskräftig zu einer Gefängnisstrafe von insgesamt sechs Jahren verurteilt worden.

Aus diesem Grund hat sich Siegfried Torggler vor zweieinhalb Jahren nach Österreich abgesetzt. „Er ist mit seiner Frau abgehauen“, sagt ein guter Bekannter Torgglers. Gegen Torggler behängt in der Zwischenzeit ein europäischer Haftbefehl.

Seit zwei Jahren sind auch die meisten Frequenzen der Rundfunk Südtirol GmbH stillgelegt. Die Internet-Seite ist „tot“.

Wie das Land und der für die Kontrollen zuständige Landesbeirat für das Kommunikationswesen dem Torggler-Sender einen Förderbeitrag von mehr als 92.000 Euro zu- und auch überweisen konnten, ist ein Geheimnis des Glaubens.

Der sonst so gestrenge Chef des Kommunikations-Beirates, Roland Turk, wurde in den vergangenen Stunden von entrüsteten Privatradio-Betreibern mit Protestanrufen bombardiert.

Für die Betreiber der Südtiroler Radios, die die Turk-Behörde als Erbsenzähler-Brigade kennen, ist es völlig unverständlich, wie der Landesbeirat für das Kommunikationswesen und das Land in Gestalt des Amtes für Handel und Dienstleistungen dem Sender „Hitradio Südtirol“ einen Beitrag zuweisen konnten – auch weil es eine schwindelige Vorgeschichte gibt.

Die Rundfunk Radio Südtirol GmbH des Siegfried Torggler hat nämlich bereits einen im Jahr 2017 ausbezahlten Beitrag aus dem Medientopf in Höhe von 53.543,33 Euro zurückbezahlen müssen, weil Torggler und seine aus Albanien stammende Frau gegenüber dem Land Falscherklärungen abgeliefert hatten.

Erst im Juni dieses Jahres hatte Roland Turk dem Landtag seinen Tätigkeitsbericht präsentiert. Bei der Gelegenheit zeigte sich Turk erfreut darüber, dass – Zitat – „dem Beirat im Rahmen seiner Kontrolltätigkeit neue, wichtige Agenden übertragen worden“ seien.

Im Fall von „Hitradio Südtirol“ haben die Turk-Behörde und das Land offenbar  nicht nur die Augen, sondern auch die Hühneraugen zugedrückt.

Roland Turk sagte gestern auf Anfrage der TAGESZEITUNG nur: „Meines Wissens wurden die Beitragszahlungen gestoppt oder widerrufen …“

 

 

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