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„Unentgeltlicher Einsatz“

Bischof Ivo Muser

Vor genau 50 Jahren, am 3. Dezember 1972, ist in den Pfarreien der Diözese Bozen-Brixen zum ersten Mal der Pfarrgemeinderat gewählt worden.

Somit konnten Laien, Frauen und Männer, erstmals aktiv das Leben der eigenen Pfarrei mitgestalten. Mit einem Festakt in der Brixner Cusanus-Akademie haben Bischof Ivo Muser und Landeshauptmann Arno Kompatscher am Samstag den Einsatz der Pfarrgemeinderäte gewürdigt.

„Die Pfarrgemeinderäte sind vor 50 Jahren nicht als ‚fleißige Helfer‘ des Pfarrers gegründet worden, sondern als Ausdruck der gemeinsamen Verantwortung aller Getauften. Auf diesem gemeinsamen Weg sind heute, nach 50 Jahren, die Pfarrgemeinderäte nicht mehr wegzudenken“, sagte Bischof Ivo Muser. 

Am 3. Dezember 1972 haben in der Diözese Bozen-Brixen die ersten Pfarrgemeinderatswahlen stattgefunden. Die Einführung des Pfarrgemeinderates und damit die stärkere Einbindung der Laien war eine Folge des Zweiten Vatikanischen Konzils. Das Konzil hat die Gläubigen in den Mittelpunkt gestellt, aber nicht als Gegengewicht zum Priester, sondern als Gemeinschaft aller Getauften. In unserer Diözese führten weitere zwei weitere Faktoren zu den ersten Pfarrgemeinderatswahlen: 1964 wurde Südtirol kirchlich geeint und die Diözese Bozen-Brixen errichtet. Im Zuge dieser Neuerrichtung wurde eine diözesane Synode abgehalten, die wiederum die Einführung der Pfarrgemeinderäte auf den Weg gebracht hat.

 Viele Pfarreien ohne Priester, aber keine Pfarrei ohne Pfarrgemeinderat

Heute, 50 Jahre später, sind die Pfarrgemeinderäte nicht mehr wegzudenken. Es gibt in der Diözese Bozen-Brixen kaum noch Pfarreien, die einen Pfarrer für sich allein haben, aber keine Pfarrei kann heute ohne eigenen Pfarrgemeinderat bestehen. In der ganzen Diözese sind etwa 3000 Menschen in den Pfarrgemeinderäten aktiv.

Bischof Muser: Pfarrgemeinderat als Ausdruck der gemeinsamen Verantwortung

Bischof Ivo Muser bezeichnete den Pfarrgemeinderat heute als „Ausdruck der Verbundenheit aller Getauften mit Christus und Ausdruck der gemeinsamen Sendung für das Wohl der Menschen“.

Die Pfarrgemeinderäte seien vor 50 Jahren nicht als „fleißige Helfer“ des Pfarrers gegründet worden, sondern als Ausdruck der gemeinsamen Verantwortung aller Getauften.

„Alle Getauften, jeder und jede am eigenen Ort, sind gemeinsam verantwortlich für das Leben und Wirken der Pfarrei. Auf diesem gemeinsamen Weg der Pfarreien sind heute die Pfarrgemeinderäte nicht mehr wegzudenken. Die Kirche, die Pfarrei, das ist die lebendige Gemeinschaft der Gläubigen an einem Ort, die offen ist und sich einbringt für alle Menschen, die dort leben. Die Pfarrgemeinderäte haben uns wesentlich geholfen, zu verstehen: Kirche, das sind wir!“, sagte der Bischof.

Für Bischof Muser zeigt sich mit Blick auf die Pfarrgemeinderäte ein klares Bild: „Geistlich gut verwurzelt, in Beziehung mit den Menschen, gut organisiert, im Dienst an den Armen: so gerüstet werden wir gut in die Zukunft gehen. Der Pfarrgemeinderat ist dabei nach fünfzig Jahren mehr denn je das unverzichtbare Rückgrat.“ 

Situation in den Nachbardiözesen

Harald Fleißner von der Diözese Innsbruck und Don Marco Saiani von der Erzdiözese Trient brachten beim Festakt die Sicht von außen ein. Für Fleißner steht fest, dass in Zukunft die Pfarrgemeinderäte eine noch größere Rolle bei der Leitung der Pfarreien und bei der Seelsorge spielen werden: „Nur wenn das Netzwerk Pfarrgemeinderat gut aufgespannt ist über der bunten Vielfalt der Menschen vor Ort, dann werden Pfarren auch lebendig bleiben.“ Don Saiani skizzierte hingegen die Entwicklung im Trentino: „Wir denken derzeit über die Zusammenlegung von Pfarreien nach. Riva del Garda war der erste Ort, an dem die drei bisherigen Pfarreien zu einer einzigen Pfarrei zusammengelegt wurden, andere Pfarreien wollen diesem Beispiel folgen.“

 Landeshauptmann Arno Kompatscher, der in der Landesregierung auch für das Ehrenamt zuständig ist, betonte die grundlegende Bedeutung der Freiwilligenarbeit für die Lebensqualität in Südtirol.

Der Landeshauptmann sagte im Hinblick auf das Ehrenamt in der Kirche, dass „der unentgeltliche Einsatz nicht nur für das Materielle, sondern auch für das Seelische grundlegend für den Zusammenhalt in der Gesellschaft, für das Miteinander“ sei. Konkret erinnerte Kompatscher an den Einsatz der Pfarrgemeinderäte bei der ersten Flüchtlingswelle: diesen sei ein starkes Zeichen der Solidarität gewesen. „Ihr setzt euch für christliche Werte und Solidarität ein. Unsere Gesellschaft braucht euch als Multiplikatoren“, sagte Kompatscher zu den anwesenden Pfarrgemeinderäten.

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