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Verlorenes Vertrauen

Landeshauptmann Arno Kompatscher hat nach dem Wohnbau-Eklat kein Vertrauen mehr in Waltraud Deeg und erwägt nun ernsthaft, ihr den Stellvertreter-Posten zu entziehen.

von Matthias Kofler

In der SVP-Fraktion hängt nach den jüngsten Turbulenzen rund um die Wohnbaureform und die IDM-Zerschlagung der Haussegen schief. Besonders zerrüttet ist dabei das Verhältnis zwischen Landeshauptmann Arno Kompatscher und seiner Stellvertreterin Waltraud Deeg. „Zwischen den beiden rumpelt es gewaltig“, berichtet ein Mitglied der SVP-Fraktion.

Der Hintergrund: Die Soziallandesrätin hat trotz fehlenden Gutachtens der Landes-Finanzabteilung die Senkung der Mindestpunktezahl beim Wohnungskauf durch den Gesetzgebungsausschuss geboxt. Ein klarer Affront gegenüber dem LH, der als Finanzlandesrat klargestellt hatte, dass eine solche Maßnahme finanziell nicht abgedeckt sei und deshalb vom Ministerrat angefochten werden könnte. Zuvor hatte auch die SVP-Fraktion mit deutlicher Mehrheit Nein zum Vorhaben der Pusterer Landesrätin gesagt, doch diese blieb davon unbeeindruckt und drückte das Projekt mit Unterstützung der ArbeitnehmerInnen durch den Landtag. Kompatscher, der von einer „unabgesprochenen Maßnahme“ spricht, will sich das aufmüpfige Verhalten seiner Stellvertreterin nicht gefallen lassen. Während der Sitzungswoche im Landtag suchte der Regierungschef das Gespräch mit einigen Fraktionskollegen, um darzulegen, wie schwierig die Zusammenarbeit mit seiner Stellvertreterin geworden sei.

Kompatschers zentrale Frage dabei lautete: „Was soll ich mit der Waltraud tun?“ Der LH habe ihnen mitgeteilt, dass er wenig bis kein Vertrauen mehr zu seiner Stellvertreterin habe, berichten mehrere SVP-Abgeordnete im Hintergrundgespräch. Er erwäge sogar, ihr den Vize-Posten zu entziehen. Eine Entscheidung darüber könnte „in Kürze“ fallen. In der Fraktion gibt es nicht wenige, die vor einer Abberufung warnen: Kompatscher habe bereits Thomas Widmann aus der Landesregierung entfernen lassen, einen weiteren offen ausgetragenen Personalkonflikt könne sich die Partei ein Jahr vor den Landtagswahlen nicht leisten.

Die schlechte Stimmung im Verhältnis Kompatscher-Deeg kommt jedoch nicht von heute auf morgen. Der Wohnbau-Eklat war nur der sprichwörtliche Tropfen, der das Fass endgültig zum Überlaufen gebracht hat. Angefangen haben die Streitigkeiten zwischen den beiden Führungspolitikern bereits vor einem Dreivierteljahr, als sich Waltraud Deeg – mit Rückendeckung des „Tagblatts der Südtiroler“ – zur großen Anklägerin im SAD-Skandal stilisierte. Die Landeshauptmann-Stellvertreterin ließ sich mit der spektakulären Aussage zitieren, sie habe bereits vor anderthalb Jahren „aus dem Umfeld von Karl Zeller gehört“, dass dieser „die Mehrheit in der Partei erringen oder im Zweifelsfall riskieren“ wolle, „die Partei zu zerstören“. Innerhalb der SVP hatte dieser Querschuss von Waltraud Deeg für angeregte Diskussionen gesorgt. Nicht wenige in der Partei sahen die Attacke der LH-Stellvertreterin gegen den Athesia-Feind Nr. 1, Karl Zeller, als klare Botschaft – nämlich als Bewerbung für das Amt der ersten Landeshauptfrau Südtirols. Ein hochrangiges Mitglied der SVP-Landtagsfraktion sagte damals im Hintergrundgespräch mit der  Tageszeitung: „Seit sie Landeshauptmann-Stellvertreterin ist, hat sich auch das Verhältnis zwischen Waltraud Deeg und dem Landeshauptmann verschlechtert. Die Deeg will ihre Mutter toppen und Südtirols erste Landeshauptfrau werden. Und sie glaubt: Um das zu werden, braucht sie die Athesia.“ Landesrätin Deeg antwortete auf die Frage, ob sie Kompatscher beerben möchte, lapidar: „Ich habe keine Absicht, mich an irgendwelchen Spekulationen zu beteiligen.“ Und heizte damit die Spekulationen noch weiter an.

Kompatscher hat in den vergangenen Monaten einen politischen Fehler gemacht, der ihm noch teuer zu stehen kommen könnte: Statt endlich seine Wiederkandidatur für die Wahlen 2023 bekanntzumachen, hat der SVP-Politiker angefangen, öffentlich herumzulavieren: Zunächst erklärte er, seine Wiederkandidatur von der SAD-Affäre abhängig zu machen, vollzog dann aber eine Kehrtwende, als er merkte, dass die Aufklärung im Sand verläuft. Kompatscher machte daraufhin die Rückendeckung der Parteibasis zur Bedingung für ein erneutes Antreten. Als diese dann Anfang September bei der Landesversammlung in Meran eintraf, spielte Kompatscher auf Zeit. Zwar weiß unterm Edelweiß jeder, dass der Völser wieder antritt – auch weil es schlichtweg an Alternativen fehlt.

Die Entscheidung will Kompatscher aber erst auf einer Konferenz der Bürgermeister und Ortsobleute am 3. Dezember bekanntgeben. Zuvor hat er sich von der Parteispitze ein Vorrecht bei der Festlegung der Kandidaten für die Landtagswahlen geben lassen: Gemeinsam mit Parteiobmann Philipp Achammer darf Kompatscher zehn der 35 Kandidaten festlegen. Erst danach erhalten die Bezirke das Wort, um die Liste mit weiteren 25 Kandidaten zu füllen. Waltraud Deeg – so viel steht schon jetzt fest – wird nicht auf der Zehner-Liste von Achammer und Kompatscher stehen. Eine Entscheidung mit politischer Sprengkraft: Schließlich ist die Pusterer Landesrätin nicht nur LH-Stellvertreterin, sondern auch Vizeobfrau der SVP (und damit Achammer-Stellvertreterin).

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (23)

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  • brutus

    …wenn ich nicht das Geburtsdatum der Damen und Herren kennen würde, würde ich sagen, wir befinden uns im Kindergarten!
    Das Amt eines Landesregierungsmitglieds scheint diese in eine andere Welt zu katapultieren! Der Narzissmus einiger Mitglieder ist fast unerträglich geworden…

    • besserwisser

      wenn er sich auf seine leute nicht verlassen kann muss er aufräumen. recht hat er.
      wenn dir ständig jemand das haxl stellt kannst du keinen guten job machen.

      • hallihallo

        besserwisser, vielleicht kann er sich auf sein leute nicht verlassen, weil er keine führungsperson ist ?? und vielleicht hat er nicht die interessen der bevölkerung auf seiner wichtigen agenda? sprich die alperia ist wichtiger als die strompreise für die bevölkerung ? die wohnungspreise steigen ins untermeßliche, aber die beiträge bleiben die gleichen und nur für wenige?

  • andreas

    Als hätte diese Pustererin auch nur annähernd eine Chance gewählt zu werden….

    So dumm werden doch wohl nicht mal Südtiroler sein, eine Deeg, welcher es nicht zu blöd war, Beiträge für Urlaub auf dem Bauernhof zu kassieren und einen Amtsdirektor, im Fall Vallazza, belehren zu wollen, einen Locher, ein Primitivling, welcher meint er wäre lustig oder einen Vallazza, welcher 3x Grund an die Verwandtschaft „verkauft“ und Geld vom Land kassiert, zu wählen.
    Und dann kommt auch noch ein selbstgefälliger Bauernbund daher und „nominiert“ solche Typen wie Vallazza und Locher und macht sich mit solchen Vertretern eigentlich selbst lächerlich.

    Das Glück dieses Intrigaentenstadels SVP ist, dass Köllensperger, Knoll oder Leiter Reber keine Alternative sind.

    Mein Tipp, Messi wird Torschützenkönig bei der WM und die Deeg fliegt bei der nächsten Wahl aus dem Landtag.

    • ostern

      @andreas
      Wie kannst du behaupten Köllnsperger wäre nicht regierungsfähig, wenn er noch nie die Möglichkeit hatte es zu tun?

      • andreas

        Schau dir mal z.B. das Pro & Contra von dieser Woche an, Argumente keine, aber recht viel „ich habe gehört“.
        Auch ist es für Oppositionspolitiker, welche sich als Messias feiern lassen, nicht wirklich ratsam, sich zuerst bei 5 Stelle für eine Reduzierung der Politikergehälter einzusetzen, dies dann aber bei der Neugründung einer Partei zu ignorieren und dann 600 Euro zu beantragen, welche für Leute vorgesehen waren, welche sie wirklich benötigen.
        Auch dass er zuerst behauptet hat, dass es der Steuerberater war und dann doch zugeben musste, dass er
        selbst angesucht hat, war nicht wirklich vertrauensbildend.

        Integrität sollte eigentlich eine Grundvoraussetzung für Politiker sein, vor allem, wenn man an die Macht kommen will.
        Die letzten Wahlen, wie z.b. in Meran, zeigen ja, dass er den Vertrauensvorschuß verspielt hat.

      • besserwisser

        weil er allwissend ist.

  • criticus

    Eigentlich schade, Herr Kompatscher sie haben gut angefangen und sind jetzt leider genauso in einen Machtkampf hineingerutscht wie andere zuvor. Was ist das für eine Partei, die vor jeder Abstimmung Angst haben muss, dass interne Grabenkämpfe erneut aufbrechen. Wertvolle Synergien gehen so wegen internen Streitereien verloren, man zieht das Ganze noch 10 Monate durch. De facto ist das kein Regieren, und danach? Man hätte sofort nach der Veröffentlichung des SAD-Skandals aufräumen müssen. Und die Bekanntgabe ihrer Wiederwahl wurde viel zu lange hinausgezogen, ihre Gegner konnten sich besser positionieren. Was ihre Mitstreiter anbelangt Herr LH, so sind die in meinen Augen teils unfähige Politiker und ihre Gegner überhaupt nicht mehr akzeptabel für Südtirol. Was bleibt?

  • gscheidhaferl

    Frau Deeg, bitte treten sie zurück! Nehmen Sie Achhammer, Vallazza, Locher und Konsorten gleich mit. Nurmehr peinlich dieser Kindergarten…

  • gulli

    Herr Kompatscher gründen sie einfach Ihre eigene Partei mit Herrn Zeller als Obmann.

  • franz19

    Peinlich ,peinlicher SVP ….Ich frag mich nur schämen sich diese Politiker nicht Südtirol zu vertreten…
    Wir haben schlimmere Zustände als in Süditalien!!

  • prof

    @alexius
    Köllensperger und auch Knoll halten sich nur über Wasser weil sie in der Opposition sind.Um zu regieren auch nur ev. als Landesrat wäre Südtirol wohl arm dran.

  • klum

    Die Frau LRin hat nicht erst in dieses Fall unterstrichen, dass sie mit ihrer Position komplett überfordert ist. Auch ihr Team scheint nicht auf der Höhe, sonst würde sie nicht dauern versäumen Gelder aus Rom (EU) abzuholen. Zudem scheint die Lady in Sachen Recht und Gesetze tatsächlich hinter dem Mond zu leben.
    Zum Glück musste Fr Deeg noch nie den LH vertreten.

  • dn

    Der Kompatscher muss weg, die wolllen das so. Amen

    Allerdings: Neue sozialdemokratische Partei mit Kompatscher und Zeller fände ich nicht schlecht.

  • dn

    Ein weiterer Ebner-Ministrant. Die wissen sowieso nicht, was das normale Volk denkt.

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