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Die besondere Bar

Katharina Tutzer und Raphael Wallnöfer

In einem der meistbesuchten Cafés der Landeshauptstadt leistet die Sozialgenossenschaft Renovas einen Beitrag zur Integration von Menschen mit besonderen Bedürfnissen. 

Wer in die bahnhofsnahe Landhausbar einkehrt, um Kaffee, einen Aperitif, ein Feierabendbier zu trinken oder die Mittagspause zu verbringen, merkt nicht auf Anhieb, dass diese Bar keine gewöhnliche Bar ist.

In einem der meistbesuchten Cafés der Landeshauptstadt leistet die Sozialgenossenschaft Renovas einen Beitrag zur Integration von Menschen mit besonderen Bedürfnissen.

Seit mehr als sechs Jahren führt die gemeinwohlorientierte Sozialgenossenschaft des Typs B die Landhausbar im Zentrum von Bozen. Renovas wurde 2009 mit dem Ziel gegründet, Menschen mit Behinderung oder anderen Beeinträchtigungen in die Arbeitswelt zu integrieren. Aus der kürzlich entschiedenen Ausschreibung ist Renovas nach sechsjähriger Führung erneut als Wettbewerbsgewinnerin bis 2028 hervorgegangen.

Renovas gehört zu den wenigen Sozialgenossenschaften, die sich im gastronomischen Sektor engagiert.

In der Landhausbar sind derzeit zwölf Mitarbeiter*innen beschäftigt, drei davon mit Invalidität. Außerdem sind vier Praktikant*innen mit unterschiedlichen Benachteiligungen im Einsatz. Sie arbeiten Hand in Hand mit kompetentem Fachpersonal und werden durch Schulungen sowie durch pädagogische Begleitung gefördert.

Renovas beschäftigt insgesamt 26 Mitarbeiter*innen, darunter elf mit anerkannter Invalidität, sowie sieben Praktikant*innen. Die Mitarbeitenden sind in der Landhausbar, auf Schloss Rechtenthal, im Bereich der Gebrauchtkleider, als Hausmeister und in der Verwaltung tätig. Dem ehrenamtlich arbeitenden Verwaltungsrat gehören Joachim Kerer (Präsident), Matthias Spögler (Vizepräsident) und Heiner Schweigkofler an.

Heiner Schweigkofler, Elisabeth Falser, Matthias Spögler, Robert Dalnodar, Katharina Tutzer, Marlene Oberkalmsteiner und LH Arno Kompatscher

Matthias Spögler betont:

„Gemeinsam mit unseren Netzwerkpartner*innen wollen wir den Menschen mit verschiedenen Formen von angebotenen Praktika ein Sprungbrett bieten, das sie weiterbringt. Wir stärken und fördern ihre Fähigkeiten und unterstützen sie in ihrem beruflichen Werdegang.“

Die Tätigkeit der Sozialgenossenschaft besteht in erster Linie darin, die anvertrauten Menschen kennenzulernen, ihre Kompetenzen zu entdecken und sie in der Weiterentwicklung zu begleiten. Neben der Stärkung der Fachkompetenzen geht es auch darum, ihre persönlichen und sozialen Fähigkeiten auszubauen. So ist es im Gastronomiebereich unter anderem wichtig, sich mit Menschen auszutauschen, aufgeschlossen zu sein, sich verständlich auszudrücken oder zuzuhören.

„Die vergangenen sechs Jahre in der Landhausbar haben uns Mut gemacht“, sagt Matthias Spögler. „Wir danken allen, die uns bei diesem Projekt von Anfang unterstützt haben und freuen uns, den erneuten Zuschlag zur Führung der Landhausbar für weitere sechs Jahre erhalten zu haben.“

Das Verwaltungsratsmitglied  Heiner Schweigkofler erklärt:

„Die Entscheidung der öffentlichen Hand, die Führung öffentlicher Einrichtungen bevorzugt sozialen Einrichtungen und Genossenschaften zu übergeben, zeugt von gesellschaftlicher Verantwortung.“

Er freue sich über diese Sensibilität: „Die Integration von benachteiligten Mitmenschen ist eine Notwendigkeit. Arbeit bedeutet Wertschätzung und sozialen Anschluss.“

Auch Landeshauptmann Arno Kompatscher nahm an der Feierstunde teil. Er freue sich über die Mitarbeitenden der Landhausbar, über ihren Einsatz und das gute Zusammenspiel mit den dortigen Fachkräften. Das sei bei jedem Besuch spürbar.

Marlene Oberkalmsteiner und Robert Dalnodar leiten die Landhausbar: „Wir erleben täglich, dass die Mitarbeit von benachteiligten Menschen und der dabei entstehende Kontakt unsere Gäste sensibel macht für die Herausforderungen dieser Personen.“ Der offene Umgang mit schwervermittelbaren Menschen und deren Teilhabe am regulären Arbeitsleben werde für alle zur „Normalität“. Das wirke Ausgrenzungsmechanismen entgegen und sei eine effektive Alternative zur Unterbringung der Menschen in geschützten Werkstätten.

Die Sozialgenossenschaft Renovas

Die Sozialgenossenschaft Renovas, Mitglied des Südtiroler Genossenschaftsverbands Coopbund, wurde 2009 gegründet. Auftrag und das Ziel von Renovas ist die Integration, Förderung und Begleitung von benachteiligten Menschen im Bereich Arbeit. Renovas verpflichtet sich, dass mindestens 30 Prozent ihrer Arbeitnehmer*innen sozial benachteiligt sind (Gesetz Nr. 381 vom 8. November 1991).

Dabei handelt es sich um Personen mit anerkannter Invalidität oder ähnlichem rechtlichen Status, um suchtkranke und haftentlassene Menschen, um Personen 50 plus, um Langzeitarbeitslose, Menschen mit Migrationshintergrund und grundsätzlich um Menschen, die aus eigener Kraft eine Anstellung am freien Arbeitsmarkt nicht oder nur mehr schwer erreichen.

Stimmen aus der Landhausbar

Eine Praktikantin: „Ich musste erst lernen, dass ich die Gläser und Tassen erst abräumen darf, nachdem die Gäste ausgetrunken haben. Man hat mich darauf aufmerksam gemacht. Zum Glück waren mir die Leute nicht böse.“

Ein Mitarbeiter mit Beeinträchtigung: „Hinter der Theke bin ich richtig spitze. Ich kann frischgepresste Säfte machen und kenne die Gewohnheiten unserer Stammkund*innen. Ich erkenne auch den Bürgermeister und die Politiker aus dem Landtag. Nicht immer verstehe ich, was mir unsere Gäste sagen. Aber ich weiß, dass ich der Servicekraft gleich Bescheid geben kann, damit sie sich darum kümmert. Ich hoffe, die Gäste haben Verständnis dafür.“

Zahlen zur Landhausbar

  • Täglich rund 320 Kaffees und 200 sonstige Getränke
  • 12 Mitarbeiter*innen (davon 3 mit Invalidität) und 4 Praktikant*innen (alle mit Invalidität), insgesamt 7 Mitarbeiter*innen mit Beeinträchtigung und 9 ohne Beeinträchtigung
  • Seit 2016 waren in der Landhausbar ständig 4 Praktikant*innen mit Beeinträchtigung beschäftigt.
  • Seit Übernahme der Landhausbar im Jahr 2016 waren 19 Mitarbeiter*innen mit anerkannter Invalidität beschäftigt. Sie waren durchschnittlich 3,5 Jahre im Einsatz. Für viele war die Landhausbar Sprungbrett für eine Anstellung oder Wiederanstellung auf dem freien Arbeitsmarkt.

Zahlen zur Sozialgenossenschaft Renovas

  • 26 Mitarbeiter*innen, davon 11 Mitarbeiter*innen mit Invalidität (Quote von 73 % – Verhältnis zwischen Mitarbeiter*innen ohne und mit Invalidität)
  • Landhaus Bar: 12 Mitarbeiter*innen (davon 3 mit Invalidität) und 4 Praktikant*innen (alle mit Invalidität), insgesamt 7 Mitarbeiter*innen mit Beeinträchtigung und 9 ohne Beeinträchtigung
  • Schloss Rechtenthal: 8 Mitarbeiter*innen, davon 5 mit Invalidität und 1 Praktikant*in mit Invalidität
  • Gebrauchtkleidersammlung: 3 Mitarbeiter*innen, davon 2 mit Invalidität und 2 Praktikant*innen mit Invalidität
  • Hausmeisterservice: 1 Mitarbeiter mit Invalidität
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