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„Weniger ist mehr“

Die Grünen Elide Mussner und Hans Heiss haben ihre Thesen für einen neu gedachten Tourismus vorgestellt. Das Leitmotiv: Von weniger Tourismus hätten alle mehr.

Tourismus ist ein wichtiger Träger der italienischen Wirtschaft, für die er derzeit ca. 8% des BIP erwirtschaftet.

2019 erreichte sein Volumen 420 Mio. Nächtigungen (2020 wg. Pandemie aber nur mehr 229 Mio.); er hält weltweit an fünfter Stelle. Künftige Regierungen Italiens, gleich welcher Ausrichtung, setzen auf Tourismus und wollen die Bellezze dell’Italia stärker ins Spiel bringen.

Im gesamtstaatlichen Rahmen ist der Südtiroler Tourismus ein herausragender Akteur, da er 2019 mit rund 33,6 Mio. Nächtigungen 7,5% des italienischen Gesamtaufkommens erreichte.

Südtirol wird im italienischen Kontext geschätzt – als Schrittmacher in Angebot und Incoming, als Maßstab für touristische Qualität.

Aber, so wünschen es sich die Grünen, „weit mehr als bisher sollte unser Land als Pionier für einen klima- und umweltgerechten Tourismus vorangehen“.

Die grünen Kandidaten für die Parlamentswahlen, Elide Mussner und Hans Heiss, haben am Donnerstag ihre Leitlinien für einen neuen Tourismus präsentiert.

Der Geist der grünen Botschaft: Südtirols Tourismus müsse neue Grundlagen schaffen, die einer klimagerechten Zukunft entsprechen und vorbildhaft wirken. „Zudem ist der Rekord von 2019 auf absehbare Zeit weder realistisch wiederholbar noch wünschenswert“, so Mussner und Heiss. „Von weniger Tourismus haben alle mehr.“

Das sind die Vorschläge der Grünen

  1. Bettenstopp vor dem „Bettenstopp“

Der kürzlich verabschiedete sog. „Bettenstopp“ wird auch in italienischen Regierungs- und Fachkreisen aufmerksam beobachtet. Er wird sogar als Vorbild gehandelt, obwohl es sich im Grunde um einen Etikettenschwindel handelt. Der aktuell verordnete Bettenstopp führt absehbar zum Zuwachs von ca. 30.000 weiteren Betten führen, wie Riccardo dello Sbarba mit Nachdruck aufgezeigt hat. Der lange Bremsweg bis zum tatsächlichen Stopp dauert mehrere Jahre, er lässt sich aber verkürzen. Durch geringere Ausweisungen der Gemeinden, durch Verzicht auf weitere Expansion, hat doch Südtirol im Alpenraum die höchste Dichte an gastgewerblichen Betten pro Quadratkilometer. Von einem „weniger“ profitieren alle: Die Branche durch weniger Wettbewerb gegeneinander, durch geringeren Bedarf an Arbeitskräften, durch Schonung von Landschaft und Wasser bzw. Energie-Ressourcen, durch geringere Verschuldung.

  1. Kostenwahrheit

Transparenz der externen Kosten: Tourismus ist wie der Verkehr einer der Bereiche, die es am besten schaffen, interne Kosten zu externalisieren: Umweltlasten wie Bodenverbrauch, Verlust von Biodiversität, Verteuerung des Wohnungsmarkts, touristisch erzeugte Mobilität belasten nicht nur den Sektor selbst, sondern vor allem das örtliche Umfeld. Analog zu den positiven Effekten der Wertschöpfung sollten externe Kosten des Tourismus im Wege einer volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung genau aufgelistet werden. Auch der Vergleich mit anderen Wirtschaftssektoren wäre in diesem Zusammenhang nützlich. Eine schöne Aufgabe für die Freie Universität oder die EURAC.

  1. Systematische Klimazertifizierung

Den Betrieben sollte ein Instrument an die Hand gegeben werden, um ihre Klimabilanz überschaubar zu gestalten und systemische Verbesserungen einzuleiten. Energieverbrauch, CO-2-Ausstoß, Mobilitätseffekte sollten auch auf betrieblicher Ebene sichtbar und nachvollziehbar werden. Nicht durch ein weiteres bürokratisches Monster, sondern anhand eines einfachen Instruments, über das etwa Eco-Hotels bereits verfügen. Subventionen sollten, nach Klimaleistungen gestaffelt, wichtige Anreize bieten, um den touristischen Fußabdruck flacher ausfallen zu lassen. Es gibt Südtiroler Hotels, die es geschafft haben, die Standardemissionen von 50/60 kg Emissionen pro Gast und Nächtigung auf 20% dieses Wertes auf rund 10 kg, herabzudrücken – sie sind ermutigende Vorbilder einer notwendigen Trendwende.

  1. Der Tourismus soll sich proaktiv in die Mobilitätsfrage einbringen

Eine der größten Herausforderungen für unser Land ist die ständig überlastete Verkehrssituation. Der Tourismus ist zwar nicht der einzige Verantwortliche, trägt aber eindeutig und wesentlich zur Überlastung bei. Nach einer Studie der IDM entscheiden sich nur 7% der Gäste für eine Anreise mit der Bahn, 90% hingegen für das Auto. Hier gilt es Verantwortung zu übernehmen und konsequent und mit innovativen Projekten anzusetzen. Wenn wir einen nachhaltigen Tourismus anstreben, dann kommen wir um die Mobilitätsfrage nicht herum.

Die Tourismusabgabe sollte erhöht werden, der Surplus sollte in Pilot-Projekten für eine alternative Mobilität investiert werden, IDM die Projekte koordinieren. Vor allem das Problem der „Last-Mile“ sollte in Angriff genommen werden, mit einem dynamischen Angebot an Rufbussen und Car-Sharing Systemen, die nicht nur dem Tourismus, sondern auch der Bevölkerung zugutekäme. Und genau das ist der Punkt: es geht um Lösungen, die für alle, Touristen und lokale Bevölkerung, attraktiv und zugänglich sind.

  1. Südtirol muss ein Land touristischer Ruhezonen werden

Die aktuelle Einteilung Südtirols nach touristisch „stark entwickelten“ und „entwickelten“ Gemeinden gegenüber „strukturschwachen Gebieten“ ist grundsätzlich einem Wachstumsmodell verpflichtet. Denn unter dem Stichwort „Entwicklung“ gilt quantitative Entwicklung als Norm, während „Unterentwicklung“ als Problemfall gilt, der der Aufwertung bedarf. Als „strukturschwach“ gelten nach wie vor 55 Gemeinden oder Teile von Gemeinden in Südtirol, wo das Raumordnungsgesetz nur schwache Bindungen vorsieht.

Da in den Hot-Spots von Pustertal, Ladinien, Salten-Schlern, von Burggrafenamt und Überetsch Rückbau schwer möglich erscheint, sollten andere Gebiete umso mehr verstärkten Schutz und Alternativen erfahren. Kleine und strukturschwache Gemeinden sollten ihren „Undertourism“ nicht als Defizit begreifen, sondern auch als Gewinn an Lebensqualität und als Ansporn, um auf andere Sektoren zu setzen.

  1. Durch partizipative Prozesse zukunftsfähige Perspektiven schaffen

Der Tourismus hat eine große soziale Verantwortung, ein Sektor, der die Lebensqualität der lokalen Bevölkerung direkt und indirekt stark beeinflusst. Genau deswegen werden wir keinen zukunftsfähigen Tourismus haben, wenn wir nicht die lokale Bevölkerung in die Entscheidungsprozesse des Tourismus miteinbeziehen. Der Tourismus muss raus aus dem egozentrischen Spiel der Lobbyinteressen und den Mut haben, sich aufs Spiel zu setzen, um im Austausch mit der lokalen Bevölkerung die strategischen Entscheidungen zu treffen.
Die Ski-WM in Gröden ist ein Negativbeispiel für einen nicht demokratischen Entscheidungsprozess. Die Lobby entscheidet und die Bevölkerung hat kein Stimmrecht. Es braucht dringend partizipative Prozesse, die es der Bevölkerung erlauben, einen aktiven Beitrag zur Entwicklungsrichtung des Tourismus zu leisten.

Das Gebot eines entschiedenen wie weitblickenden Handelns sei umso notwendiger, da die Klimakrise die Attraktivität des Alpenraums, zumal Südtirols, bereits jetzt druckvoll erhöht, so die Grüne Elide Mussner und Hans Heiss. Alpine Südlagen dürften in Zukunft mehr denn je zur „Sommerfrische Europas“ werden, falls nicht zeitgerecht vorgebaut wird.

Abschließend sagten die Grünen:

„Tourismus ist ein wichtiger Sektor und wird es bleiben, bedarf aber Regeln, um das Zusammenleben mit ihm erträglich zu gestalten, im Sinne der Anpassung der Branche an die Biodiversität, den Landschaftsreichtum und die Grenzen “

 

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (18)

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  • lucky

    …. und dann fragen, wo ist das beheitzte Ausenpool…

  • hallihallo

    den grünen geht es einfach nicht in den kopf, daß wenn der gast mit dem zug anreist und der gastwirt oder ein taxi oder ein ruftaxi doppelt soviel verkehr produzieren, als wenn der gast mit dem eigenen auto anreist. in den tourismushochburgen sind die urlauberautos eh schon zu 80% während des gesamten aufenthaltes in der garage, vor allem bei den skifahrern.
    aber das hotel elephant und das la perla des vorzeigehoteliers aus corvara könnten ja mal als vorreiter nur gäste annehmen, die ohne auto anreisen.
    taten statt quaseln.

  • schwarzesschaf

    Undwenn jeder Bauern nur 1 hektar von 3 bewirtschaften darf dann hätten sie auch weniger äpfel und mehr qualität und weniger gift, so ein schachsinn habt ihr es bald immer nur auf den Tourismus und Gast rumzuhacken. Schaun wir mal ob es sich nächstes jahr noch kemand in den urlaub fahren kann. Auch unsere Leute.

  • andreas

    30 Millionen Nächtigungen mit durchnittlichen Ausgaben pro Tag von ca. 100 Euro im Sommer und 140 Euro im Winter, sind ca. 3,5 Milliarden, von welchen Tourismus, Handel und Handwerk profitieren.

    Sollten die Grünen eine Alternative haben, die ausfallenden Einnahmen zu kompensieren, sollten sie sich äußern.

    Die Einnahmen je Nächtigungen zu steigern und die Touristen zu reduzieren, würde die Preise in den Tourismushochburgen nochmals steigern und die Eingeborenen oder so, können sich das nicht mehr leisten.

    • gorgo

      Wo steht, dass man die bestehenden Einnahmen reduzieren will? bzw. was von den hier vorgestellten Denkansätzen lässt dich das gleich panisch befürchten?
      Das Leitmotiv ist etwas unglücklich formuliert. Immer mehr, ergibt eben nicht immer mehr, sondern irgendwann ein weniger, in vielen Bereichen.

      • andreas

        Quantitative Reduzierung würde eine qualitative Steigerung mit sich bringen, was automatisch höhere Preise bedeutet und je höher die Kaufkraft der Touristen, um so höher die Preise des Einzelhandels und Gastronomie, siehe Gröden.

        Grüne Projekte und Ansichten sind selten bis zum Ende gedacht, siehe Grüne in Deutschland bei Waffenexport oder Kohle- bzw. Atomkraftwerke.

        Realpolitik ist nun mal etwas anders und ein Beispiel ist auch der langhaarige Hofreiter, welcher nun zum Waffenexperten mutiert ist.

        • gorgo

          Was jetzt? Sorge um die großen Einnahmen oder um deine Ausgaben? Alles andere rundum scheinst du sowieso auszublenden. Die Preise steigen so oder so.
          Es geht nicht um quantitative Reduzierung, sondern darum, dass eine quantitative Steigerung kaum mehr möglich ist. Ausser du willst am Ende sowas wie die Adria hier haben.
          Eine Beschränkung würde auch nicht zwangsläufig eine qualitative Steigerung bringen, im Gegenteil, da wird dann auch ohne Aussenpool munter gebucht. Und teuer bezahlt. Mach dir also keine Sorgen um die Einnahmen. Eher darum, ob sie wirklich allen zugute kommen. (Warum zahle ich als Einheimischer fast dieselbe Summe für eine Gondelfahrt, wie ein Hotelier für die guestcard seiner Kunden während ihres Aufenthaltes?)
          Früher oder später wird es eben Beschränkungen anderer Natur geben. Tageskarten für ganze Talschaften.

          • andreas

            Ich glaube du weißt nicht, was die Hoteliere die Gästekarte kostet, du zahlst die Fahrt weit mehr als die Touris.

          • gorgo

            Nein, genau weiß ich es tatsächlich nicht. Die raunzigen Klagen der Hoteliere varieren. Das ich mehr zahle, davon gehe ich aus und finde ich eben nicht richtig.

  • 2xnachgedacht

    abschaffung von rüstung u krieg… (war in den letzten jahrzehnten nie ein thema-von keiner partei)wäre fürs klima auch von vorteil… ach ne…laut grünen ist das neuerdings klimaneutral, wenn nicht sogar noch besser.. sarkasmus *off*

  • andreas1234567

    Hallo nach Südtirol,

    warum hält man es nicht wie beim Einzelhandel? Dort sind Kleinstläden bis 100 qm2 weitestgehend geschützt und fast jedes Dorf freut sich über eine funktionierende Nahversorgung durch diese Miniläden.

    Im Tourismus schreit man nach „weniger, aber edler“ und zerquetscht mit der Kontingentierung die kleinen Pensionen.
    Hier könnte auch ein Bestandsschutz greifen welcher diesen Kleinbetrieben das Überleben sichert..

    Die Grünen singen leider auch das Lied von der Edelbude mit weniger aber umsatzstärkeren Gästen die den ganzen Tag in ihrem Wellnessbunker ökologisch korrektes Zeug in sich reinstopfen und gern 300 bis 400 Euro die Nacht in Südtirol lassen.

    Ausserdem wollen sie natürlich allerlei „Berater und Gutachter“ aus ihrem Dunstkreis in Lohn und Brot bringen, das wird auch offen propagiert, zufällig haben sie passende Institute und Einrichtungen an der Hand..

    Aus D sei gesagt, die sind da seit Monaten an der Macht und alles, wirklich alles um das sich diese Ökosozialisten seitdem gekümmert haben ist in ihren Händen wie bei König Midas zu etwas anderem geworden. Beim Midas war es Gold, bei den Ökosozialisten grüne Kacke.

    Gruss aus D

    • gorgo

      Du nervst mehr als 10 deutsche Edelkarossen im Schritttempo und ein mit e-Bikes bepackter Camper zusammen.
      Und was dein „Bergwirt“ dir zu trinken gibt, ist vermutlich gar kein Schnaps, sondern Putzalkohol mit Latschenkiefer Geschmack. Anders ist dein ätzendes Geschreibe nicht zu erklären.
      Warum sollte eine Kontigentierung die Kleinen zerquetschen?
      IDM und Eurac wurden auch nicht von den bösen Grünen ins Leben gerufen. Das Ausmaß an Kacke wie über 30 Millionen Nächtigungen hier hinterlassen sollte natürlich geklärt werden.
      In den von dir gepriesenen Minniläden kostet eine Packung Kaffee zu Ferragosto im übrigen bis zu 7 Euro. Ma basta.

  • andreas1234567

    Hallo @gorgo,

    da wird dem sozialistischem Schwätzer mit Planetenretteranspruch warm um den Hintern wenn ein Deutscher mit grüner „Regierungserfahrung“ das Geschwätz dieser Herrschaften entklausuliert und sich Gedanken macht wie das für Südtirol ausschaut.

    Natürlich zerquetscht Bettenkontingentierung die Kleinen, 5 plattgemachte Kleinpensionen mit 10 Betten sind 50 freiwerdende Betten für das „gehobene Segment“. Und das die dann wie die Schmeissfliegen von Beratern und Gutachtern auf den guten Weg gebracht werden steht oben auf der Wunschliste von Team Heiss.
    Das steht da auch so unter Punkt 2 und 3.

    Kurzum zusammengefasst: Grüne massen sich an ohne jedwede Fachkenntnis in Wirtschaftsbereiche hereinzuregieren, mit Zwang, eine Heerschar an nicht bestellten Beratern und gelenkten Geldern, das funktioniert in D genau gar nicht und vernichtet jede Branche wo „grüngeholten“ wird.

    Und jetzt lese ich denselben Scheiss als Wunschliste der Grünen um den Tourismus zu reglementieren, immerhin bis zu 30 % zum Südtiroler Wohlstand beitragend.

    Wer Grün wählt will von Lebensunfähigen und Weltfremden regiert werden und diese und ihren inflationär steigenden Freundeskreis durchfüttern die allesamt von Nichts eine Ahnung haben und das mit zunehmend zusammenbrechenden Strukturen mit immer schrillerem Geschrei und Geldgeschenkeschmeissen übertünchen wollen.

    Das ist die reale Situation in D und Gruss von dort

    • gorgo

      Trink noch einen und lies danach deine Nitrat und Alkoholwerte aus deiner Pisse, statt hier zu entklausulisieren bzw. zunehmend schriller frei zu phantasieren. Um die Betten in denen über 3 Millionen Nächtigungen passieren ins gehobene Segment zu bringen sind wir längst zu zersiedelt und verschandelt, wir sind von hinten bis vorn auf Massentourismus eingestellt, den zaubern uns weder die Grünen, noch ein Bettestopp noch die Luxuslobby weck.

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