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Urlaub im Kreisverkehr 

Probleme mit Wildcampern in Toblach: Neben der Hauptstraße am Kreisverkehr haben im Hochsommer bis zu 25 Wohnmobile ihr Lager aufgestellt – obwohl die Gemeinde für sie eigens einen Parkplatz ausgewiesen hatte. Die Hintergründe. 

von Silke Hinterwaldner 

Da staunten die Toblacher nicht schlecht: Als der Hochsommer auf seinen Höhepunkt zusteuerte, standen immer mehr Camper am Kreisverkehr direkt an der Hauptstraße. Sie hielten nicht nur kurz an, um im Dorf einen Kaffee zu trinken, sondern hatten wohl entschieden, hier einige Tage zu verweilen.

„Auf diese Idee“, sagt Bürgermeister Martin Rienzner, „wären wir nie und nimmer gekommen. Wer würde schon gerne Ferien neben der Tankstelle machen?“

Das Problem ist freilich nicht neu: Seit vielen Jahren kommen in die Tourismusorte des Pustertales zahlreiche Gäste, die im Wohnmobil reisen oder sich einen Campinganhänger an die Anhängerkupplung schnallen. Viele von ihnen – auch das sollte gesagt werden – halten sich an die Regeln des Anstandes und stellen ihre Fahrzeuge nicht beliebig am Straßenrand oder im Wald ab. Sie mieten sich in einem Campingplatz ein oder wählen einen Aufenthalt im Camperabstellplatz, wo auch ausreichend sanitäre Versorgung gewährleistet wird. Denn die Frage liegt auf der Hand: Wohin, wenn die Blase drückt? Was machen mit dem Schwarzwasser? Wie wird der Abfall entsorgt?

Aber auch die Zahl jener, die nicht bereit sind, für einen Stellplatz zu bezahlen, wächst. Überall, nicht nur in Toblach, sondern auch am Ortsrand von Innichen oder Sexten, beziehungsweise auf Waldlichtungen oder einfach irgendwo am Straßenrand sieht man im Hochsommer stets Wildcamper. Oft handelt es sich dabei um Fahrzeuge mit italienischen Kennzeichen, die Urlauber scheinen untereinander gut vernetzt zu sein – es spricht sich schnell herum, wo man stehen kann ohne von der Ortspolizei oder der Forstbehörde behelligt werden zu können. Wird trotzdem ein Strafzettel ausgestellt, so die Erfahrung in den Gemeinden, folgt in der Regel ein Rekurs, den die Kommunen praktisch nie für sich entscheiden zu können: Wohnmobile werden mehr oder weniger wie alle anderen Fahrzeuge auch behandelt. Es ist entsprechend schwer zu unterbinden, dass jemand auf einem Parkplatz seinen Urlaub verbringt.

So geschehen auch in den vergangenen Jahren: Am Parkplatz an der Talstation des Rienzliftes hatten sich stets zahlreiche Wohnmobile niedergelassen. Um die Situation besser in den Griff zu bekommen und um zumindest die Kosten für die Müllentsorgung einzutreiben, hat die Gemeinde Toblach in Absprache mit dem Grundbesitzer beschlossen, an diesem Stellplatz eine Gebühr von täglich 15 Euro einzuheben. Damit, so war man sich sicher, würde man für Campingtouristen ein faires und durchaus attraktives Angebot schaffen. Aber, weit gefehlt!

Nur noch eine Handvoll Camper standen heuer in der Hochsaison am – nun gebührenpflichtigen – Parkplatz am Fuße des Rienzliftes. Das Gros der Wildcamper versammelte sich auf wundersame Weise am Straßenrand nahe der Eni-Tankstelle beim Kreisverkehr. Dort, so hatten die Urlauber schnell herausgefunden, befindet man sich zwar nicht am allerschönsten Platz in Toblach, man kann aber kostenlos stehenbleiben, ohne gestraft zu werden. Besser gesagt: Der Ortspolizist war vorstellig geworden und hatte von den Wildcampern schnell eine Abfuhr kassiert. Man wisse, dass keine Strafzettel ausgestellt werden können. Und tatsächlich stehen die Camper an dieser Stelle auf einem Grundstück, das der Eni gehört – ein Privatgrundstück also, auf dem die öffentliche Verwaltung wenig Handhabe hat.

Martin Rienzner musste sich heuer im Sommer einige Beschwerden anhören – und auch der Bürgermeister selbst findet ganz und gar nicht Gefallen an den Wildcampern direkt neben der Straße vor Toblach – eine schlechte Visitenkarte für den Tourismusort. Er hat aber mittlerweile so viel Erfahrung im Umgang mit dieser Art von Urlaubern gemacht, dass er sagt: „Wir können das Problem nicht lösen. Die Wildcamper sind enorm gut vernetzt, sie kennen sich mit ihren Rechten gut aus, der Straßenkodex lässt vieles zu. Das Gesetz gibt wenig Handlungsspielraum.“

Für die Sommersaison im nächsten Jahr plant die Gemeindeverwaltung auf jeden Fall dem bunten Treiben beim Kreisverkehr einen Riegel vorzuschieben. Recht einfach machbar ist dies mit einer Abgrenzung etwa durch große Steine oder einen Zaun von der Fahrbahn. Außerdem soll es ein Verbotsschild für die Durchfahrt in die kleine Zufahrtsstraße geben – damit könnte bei Zuwiderhandeln die Gemeindepolizei Strafzettel ausstellen.

Aber in Camperkreisen und im Rathaus von Toblach weiß man aus Erfahrung: Wenn sich irgendwo eine Tür schließt, geht andernorts eine neue auf. Der Bürgermeister sagt: „Wir werden versuchen für das nächste Jahr das Problem zu lösen, wissend, dass wir dabei das Problem nur verlegen. Leider.“

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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