Du befindest dich hier: Home » News » Leere Säle

Leere Säle

2,3 Millionen Euro hat das Land für die Sustainability Days ausgegeben, doch nur wenige haben die Events vor Ort verfolgt. Die Kritik ist groß.

von Markus Rufin

Rein organisatorisch gesehen, gab es bei den „Suatainability Days“ oder einfach auch Nachhaltigekitstagen kaum Probleme. Über vier Tage lang gab es in mehreren Sälen der Messe Bozen Vorträge, Diskussionsrunden und Initiativen. Mit dabei waren international anerkannte Referenten wie der Bestseller-Autor David Wallace-Wells, Gail Bradbrook, Mitgründerin der „Extinction Rebellion“, Nobelpreisträger Robert F. Engle, UN-Friedensbotschafterin Jane Goodal und Verkehrsminister Enrico Giovannini. Auch der Online-Stream funktionierte weitestgehend ohne Probleme.

Allerdings: Zumindest in Südtirol war das Interesse an der Veranstaltung begrenzt. Laut Angaben der IDM wohnten insgesamt rund 2.000 Personen der Veranstaltung vor Ort bei. Das sind 500 Gäste pro Tag. Bezieht man die Side-Events mit ein, gab es aber nahezu jeden Tag mehr als zehn Veranstaltungen. Rechnet man noch dazu die Schulklassen nicht mit, die ab Mittwoch den Veranstaltungen teilweise beiwohnten, ist die Zahl nochmals erschreckender.

Immerhin: Online sahen laut Angaben des IDM deutlich mehr Menschen zu. 10.000 Personen schalteten den Live-Stream an. Dennoch stellt sich nach der Veranstaltung die Frage nach dem Sinn. Vor allem in Anbetracht dessen, dass das Land für die Veranstaltung insgesamt über 2,3 Millionen Euro ausgegeben hat.

Bereits im Vorfeld kritisiert wurde die Veranstaltung vom Landtagsabgeordneten des Team K, Alex Ploner. Dennoch wohnte auch er einer Veranstaltung bei und bestätigte, dass es schwach besucht war: „Ich habe vor allem nicht verstanden, welches Publikum die Veranstaltungsreihe ansprechen sollte. In den Tagen zuvor gab es in ganz Südtirol Plakate, Werbungen und Hinweise auf die Veranstaltung, was sich die Veranstalter – ob das nun das Land, die IDM oder sonst wer ist, ist nach wie vor noch nicht bekannt – erwartet haben, ist mir völlig unklar.“

Laut offizieller Mitteilung hatten die Sustainability Days drei große Ziele:

 

  1. Schaffung einer Plattform für den Austausch zwischen Politik, Wissenschaft, Wirtschaft, Verbänden und Zivilgesellschaft
  2. Nachhaltige Entwicklung einem breiten Publikum, insbesondere der Jugend, zugänglich machen
  3. Ausarbeitung eines Empfehlungspapiers zur Unterstützung zukünftiger politischer Entscheidungen innerhalb der vier Schwerpunktthemen (Landwirtschaft und Ernährung, nachhaltige Mobilität, resiliente ländliche Lebensräume, erneuerbare Energien und Energieeffizienz)

 

Zumindest das erste Ziel ist anhand der Zahlen, die vorliegen, nicht ganz gelungen, auch wenn man sich in der IDM mit der veranstaltungsreihe durchaus zufrieden zeigt. Es sei nie der Anspruch der Sustainability Days gewesen, die Hallen der Messe zu füllen. Umso mehr darf aber die Sinnhaftigkeit der Veranstaltung hinterfragt werden.

„Es gab durchaus interessante Vorträge, aber was soll ich jetzt mit dem gewonnen Wissen tun?“, fragt sich Ploner. „Wenn man einfach nur aufzeigen wollte, welche Probleme es gibt, dann ist es erst recht sinnlos, denn die Probleme kannten wir bereits. Dass es zu viel Verkehr auf Südtirols Straßen gibt, verstehe ich auch so.“

Auch die Auswahl der Referenten kritisiert Ploner. So betrage die Gage für einen Vortrag des Journalisten David Wallace-Wells rund 25.000 Euro. Mit inbegriffen ist eine Unterkunft und der Flug. „Er hat angeboten, das Referat auch Online zu halten. Eigentlich müsste man sofort zusagen, dann hat man aber keine tollen Fotos und kann ihm nicht die Hand reichen“, kommentiert Ploner und spielt darauf an, dass die Nachhaltigkeitstage in erster Linie dazu gedient haben, die Landesregierung in ein gutes Licht zu rücken.

Er werde jedenfalls nun weitere Anfragen stellen und vor allem nachfragen, wie sich die Kosten genau aufgeteilt haben.

Ähnliches kündigt auch die Grüne Landtagsabgeordnete Brigitte Foppa an. Auch sie war bei einer Veranstaltung anwesend. Auch sie ist der Ansicht, dass die geringe Beteiligung die Kritik rechtfertigt: „Als ich vor 20 Jahren als Landesbeamtin im Bereich Weiterbildung tätig war, hatten wir immer ein Mini-Budget. Auch damals haben wir Nachhaltigkeitstreffen organisiert.“

Marketing und Umweltschutz schließen sich ihrer Meinung zwar nicht aus, allerdings habe sie den Eindruck gewonnen, als handle es sich hier um den Wahlkampfauftakt für Arno Kompatscher. Vor allem deshalb dürfe man die hohen Kosten kritisieren.

„Ich weiß, dass einige Umweltvereine um jeden Euro betteln müssen, den sie bekommen und das Geld dringend benötigen, um gute Arbeit zu leisten. Die Frage ist, ob das Geld bei diesen Vereinen nicht besser aufgehoben gewesen wäre.“

Madeleine Rohrer, Geschäftsführerhin des Dachverbands für Natur- und Umweltschutz, kritisiert die Veranstaltungsreihe nicht so direkt, fordert allerdings nun klare Handlungen: „Ich war bei einer Veranstaltung zum Thema nachhaltige Mobilität dabei, dort haben aber die Entscheidungsträger, sprich die Bürgermeister, gefehlt, obwohl das enorm wichtig gewesen wäre.“

Sie wünsche sich nun vor allem einen gemeinsamen Prozess der Evaluierung, in dem vor allem jene Vereinigungen und Interessensvertreter dabei sind, deren Hauptgeschäft auf der Nachhaltigkeit liegt. Besonders im Hinblick auf den Klimaplan, der im Rahmen der Nachhaltigkeitstage präsentiert wurde, brauche es konkrete Maßnahmen. Man dürfe nicht, wie vorgesehen, ein Jahr warten, bis die ersten Maßnahmen umgesetzt werden. Vor allem weil die Formulierungen äußerst schwammig gehalten sind.

Alex Ploner sieht es ähnlich, sofern es nicht zu einem sofortigen Handeln der Landesregierung kommt, sieht er die Veranstaltung als Flop an: „Wenn die Landesregierung im Zuge der Veranstaltung die Dolomitenpässe sperrt, dann hatte diese durchaus ihren Erfolg, ich bezweifle aber, dass es so sein wird.“

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (19)

Lesen Sie die Netiquette und die Nutzerbedingungen

  • criticus

    „Es sei nie der Anspruch der Sustainability Days gewesen, die Hallen der Messe zu füllen.“
    Als dem Fuchs die Trauben zu hoch hingen, waren sie auch zu sauer!
    Dann hätte man das ganze „Theaterle“ auch auf den „Pseirer Malediven“ machen können. Die 3 großen Sustainability Days-Ziele kennen wir in Südtirol zur Genüge, alles ein Bla,bla, bla…. und überzogen zu teuer!

  • franz19

    Danke wieder einmal an die SVP wie Sie unsere Steuergelder ausgeben..Ich frag mich nur warum so unkompetente Leute im Landtag sitzen…naja leicht zu verstehen,um sich selber zu bereichern!!!

  • morgenstern

    „Sustainability Days“ und auf Deutsch „Leeres Stroh dreschen“

  • gulli

    Und für Menschen mit Beeinträchtigung ist kein Geld für ein 2. Paar Schuhe / Jahr…

  • pingoballino1955

    Man kann sich den Flop „Sustainabilty Days“ auch schönreden,schade um die rausgeschmissenen Steuergelder.Die Teilnehmerzahl steht in keinem Verhältnis zu den Kpsten von 2,3 Millionen Euro. Pure LH Svp Wahlwerbung für 2023

  • robby

    In Zukunft soll sich Kompatscher diese Wahlwerbung in eigener Sache gefälligst selbst bezahlen.

  • artimar

    Man weiß, eigentlich war die Vermarktung unseres LH Kompatscher letztes Jahr noch ein bisschen anders geplant.
    Zum Wahlauftakt 2023: 1.Landesversammlung und LH-Nominierung — der alternativlose Kompatscher!
    2. Autonomie-Festakt mit Gruppenbild mit Nedhammer und Draghi — Kompatscher – der Garant unserer Landesautonomie!
    3. Sustainability Days –
    Der LH Kompatscher, der nach zehn Jahren Amtszeit öffentlichkeitswirksam plötzlich die „Nachhaltigkeit“ für sich entdeckt. Super!
    Es lenkt jedenfalls sehr geschickt davon ab, dass wir im Bereich „Nachhaltigkeit“ eigentlich längst kein Erkenntnis-, sondern vor allem ein Umsetzungsproblem haben.

  • besserwisser

    das volk ist bei der arbeit. die politik muss nicht arbeitkreise und diskussionsrunden schaffen sondern rahmenbedingungen und gesetze für das allgemeinwohl …

  • tirolersepp

    Immer wieder dasselbe, alle schreien nach Nachhaltigkeit, upps es darf nix kosten und blos mich bei mir anfangen – ja geht’s noch !!!

  • sougeatsnet

    Die IDM organisiert bla, bla, bla,… . Jetzt geht es um die konkrete Umsetzung. Was heißt hier Hauptgeschäft Nachhaltigkeit? Sind das neue Werbefloskeln von Leuten die Geld wittern, von Tuten und Blasen aber kaum eine Ahnung haben. Man möchte einen Touch Wissenschaftlichkeit vorgaukeln indem man überteuerte Referenten einlädt. Das Problem ist aber die konkrete Umsetzung, und da weht wohl nur heiße Luft, wenn ich an die Umsetzung bei unseren Öffis denke. Glaubt da jemand, dass jemals ein Bürgermeister auf einem Rückwärtssitz ins Ultental gefahren ist? Am Freitag um13:00h in Meran auf den Bus gewartet hat? Wenn man mit dieser heißen Luft heizen könnte, bräuchte ich kein Holz mehr machen!

  • florianegger

    Das gleiche Mexienecho mit einer bezahlten Kampagne zu erreichen, hätte wesentlich mehr gekostet. Die schrieb ua auch die Tageszeitung kostenlos

  • franz19

    Interessant,hier bestellt die SVP terre Seminare und unsere SVP fahrenheit nach Deutschland in Urlaub…Valazza und seine Bauernvertreter hätten hier bleiben können und diese Seminare besuchen,vielleicht hätten Sie was dazu gelernt…unsere Merendakollegen

  • dn

    Stell dir vor es sind Wahlen, und keiner geht hin.

Kommentar abgeben

Du musst dich EINLOGGEN um einen Kommentar abzugeben.

2024 ® © Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH/Srl Impressum | Privacy Policy | Netiquette & Nutzerbedingungen | AGB | Privacy-Einstellungen

Nach oben scrollen