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Der Name des Haters

Nach einem Archivierungsantrag hat die Staatsanwaltschaft nun doch die IP-Adresse jenes Facebook-Users herausgefunden, der die grüne Landtagsabgeordnete Brigitte Foppa auf Facebook wüst beschimpft hat. Es gelang mit einem juristischen „Trick“.

von Thomas Vikoler

In Österreich sorgt derzeit der Suizid der 36-jährigen Ärztin Lisa-Maria Kellermayr, die von militanten Impfgegnern massiv bedroht worden war, für große Empörung – und hat auch die Strafverfolger aufgeschreckt. Es gab Hausdurchsuchungen und andere Formen der Ermittlung gegen Personen, die unter Fake-Namen Straftaten begehen.

Staatsanwaltschaften sind dort wie hier dem Vorwurf ausgesetzt, zu Hass-Postings im Netz nicht mit der nötigen Hartnäckigkeit zu ermitteln. Häufig werden Verfahren mit der Begründung eingestellt, dass die IP-Adresse der Hater nicht ausfindig gemacht werden konnten.

So war es zunächst auch zu einer Strafanzeige der grünen Landtagsabgeordneten Brigitte Foppa im vergangenen Jahr. Ein gewisser Bernd Rossin hatte Foppa im Zusammenhang mit dem Thema Einwanderung gewünscht, endlich von „5 gutbestückten Migranten ordentlich hergenommen“ zu werden.

Die Staatsanwaltschaft Bozen in der Person von Oberstaatsanwalt Axel Bisignano nahm daraufhin Ermittlungen zum Tatverdacht der Rufschädigung auf – gegen Unbekannt.

Es folgte allerdings ein Antrag Bisignano auf Einstellung des Verfahrens. Begründung: Es sei nicht gelungen, die IP-Adresse des genannten Bernd Rossin (offensichtlich ein Phantasie-Namen) herauszufinden.

Der Facebook-Konzern (inzwischen Meta) hatte sich geweigert, im Rahmen eines Rechtshilfeansuchens die IP-Adresse des Users zu nennen. Und zwar deshalb, weil in den USA, wo der Konzern seinen Rechtssitz hat, Rufschädigung keine Straftat ist.

Foppa, die bereits 2017 einem wahren Shitstorm im Netz ausgesetzt gewesen war, stellte sich juristisch über ihren Anwalt Felix von Wohlemuth (nebenbei grüner Co-Sprecher) gegen den Archivierungsantrag der Staatsanwaltschaft. „Ich fühle mich verschaukelt. Ganz schön demütigend das Ganze“, erklärte sie dazu.

Bei der Verhandlung vor dem Voruntersuchungsrichter zum Archivierungsantrag gelang ihr aber ein Erfolg: Der Richter ordnete weitere Ermittlungen an.

„Wir hatten darauf hingewiesen, dass Foppa von den Ermittlern nie zu dem Sachverhalt angehört worden war“, erinnert sich von Wohlgemuth, „aber auch, dass sie durch das Posting als Politikerin einem Einschüchterungsversuch ausgesetzt war.“ Der Foppa-Rechtsbeistand legte den Ermittlern auch nahe, eine IP-Andressen-Anfrage an den italienischen Ableger des Unternehmens Meta zu richten.

Oberstaatsanwalt Bisignano musste seine Ermittlungen jedenfalls fortsetzen und tat dies mit einer neuen Anfrage an den Meta-Konzern. Diesmal mit dem Hinweis, dass sich die erbetene Auskunft auf einen Fall von Drohung („minaccia“) beziehe. Weil Drohung im amerikanischen Recht als Straftat vorgesehen ist, rückte Meta die IP-Adresse heraus. Der juristische „Trick“ funktionierte.

Damit ist allerdings nicht ermittelt, wer tatsächlich das Hass-Posting mit dem Vergewaltigungswunsch ins Netz gestellt hat. Bisignano hat die Postpolizei nun beauftragt, dies herauszufinden. Erst wenn dies feststeht, können formal Ermittlungen gegen einen Tatverdächtigen (oder gar einer Tatverdächtigen) eingeleitet werden.

Eines hat das Rechtshilfeansuchen an die USA bzw. Meta jedenfalls ergeben: Hinter dem Phantasienamen Bernd Rossin verbirgt sich nicht jene Person, welche die geschädigte Partei  (Brigitte Foppa) dahinter vermutet hatte, nämlich einen Handwerker aus dem Unterland.

Die nun herausgefundene IP-Adresse ist auf eine andere Person gemeldet, die nicht dem vermuteten Handwerksberuf nachgeht. Ob sie selbst das Hast-Posting geschrieben hat oder jemand anderes, ist Gegenstand der Ermittlungen.

Offenbar ist inzwischen – so wie in Österreich – auch in der Staatsanwaltschaft Bozen die Bereitschaft gestiegen, gegen diese neuen Formen der (anonymen) Hetze gegen andere Menschen vorzugehen.

„Es geht in diesem Fall auch um den Aspekt der Generalprävention, also das Signal, dass die Bedrohung von Personen des öffentlichen Lebens nicht straflos bleibt“, bemerkt Foppa-Anwalt von Wohlgemuth zufrieden.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (22)

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  • andreas

    Zieht Felix von Wohlgemuth und Foppa eigentlich auch gegen Facebook vor Gericht, da diese laut EU Recht für die Inhalte verantwortlich sind?
    Wohl nicht, da Justiz und Rechtsanwälte sich von Zuckerberg vorführen lassen und nur gegen Kleine vorgehen.
    Das wirkt wie beim Drogenhandel, wo sie sich bei Erfolgen gegen kleine Dealer feiern lassen, die ehrenwerten Herren im Hintergrund aber gewähren lassen.

  • 2xnachgedacht

    ihrem statement zufolge gibt es viele…zu viele dumme menschen… und der rest hat die weisheit mit löffeln gegessen… sie haben recht- irgendetwas läuft da falsch… meiner meinung nach: so ziemlich *alles*… mit dem kleinen unterschied-stelle niemanden in eine winklige *ecke*

  • andreas1234567

    Hallo nach Südtirol,

    geht es nicht wirklich eine Nummer kleiner?
    So und derber wird nun einmal nicht nur an Südtiroler Stammtischen dahergeredet, da erwarte ich mir einfach eine gewisse Souveränität und nicht das in den Lohn bringen eines Parteifreundes der den „Fall“ jetzt seit diesem Zeitraum sicher nicht zu seinem wirtschaftlichen Schaden bearbeitet..
    Wer ein Problem mit expliziter derber Südtiroler Meinungsäusserung hat sollte sich wohl besser ein anderes Volk zum Umerziehen suchen.

    Hier übrigens die „Ursprungsgeschichte:

    https://www.tageszeitung.it/2021/01/15/die-foppa-amol-so-richtig-hernemen/

    Das köchelt jetzt seit sage und schreibe 19 Monaten vor sich dahin und wird auch in weiteren 19 Monaten wohl kein Ende nehmen..

    Spätestens wenn die „Beleidigte“ nun aufgezeigt bekommen hat ihr „Verdächtiger“scheint als Unschuldiger auf sollte es nun gut sein..
    Kunterbunter Zirkus mit ernstem Hintergrund, das ist „Maul verbieten“ vom Feinsten

    Gruss nach Südtirol

    • felixvonwohlgemuth

      Beleidigung und Drohungen sind nicht nur ein Zeichen mangelnder Bildung, sondern sind zu Recht auch Straftatbestände.
      Niemand soll oder muss sich das gefallen lassen.
      Und damit Sie beruhigt sein können: ich habe in dieser Strafsache keinen Euro in Rechnung gestellt…denn hier geht es um die Sache, um das Recht, um Gerechtigkeit.

      • andreas1234567

        Hallo @felixvonwohlgemuth,

        danke für die Rückmeldung, ich respektiere das Auftreten unter Klarnamen.
        Überhaupt das Reinschreiben wenn der „Pöbel“ diskutiert..

        Mich stört die Verfahrensdauer von 19 Monaten für ehrlich gesagt, Stammtischgeschwätz..
        Das halte ich für unangemessen..
        Zumal der „Anfangsverdacht“ der Geschädigten sich nun offensichtlich nicht bestätigt hat, es war nicht „der Handwerker aus dem Unterland“
        Ich betrachte mich als „Normaldenkenden“ und sehe diesen irren Aufwand der mittlerweile zu einer transatlantischen Justizgeschichte ausgewachsen ist..

        Mit etwas schlagfertigem Humor hätte sich die Beklagte von fünf Asylwerbern auf einem Tragstuhl aus dem Landtag tragen lassen, das wäre bebildert durch die Presse gegangen und es wäre eine Ruhe eingekehrt.

        Der beklagte Kommentar entstammte einem Internetauftritt eines eher rechtslastig angesiedeltem Partei-Funktionär und das wird jetzt natürlich als „Maul verbieten“ ausgeweidet werden..

        Es mag sein sie verdienen an der Causa gerade keinen Euro aber das ganze Verfahren wird Tausende von Euro fressen und letztendlich von irgendwem beglichen werden müssen.19 Monate bis jetzt!

        Irgendwem = Steuerzahler

        Gern einmal auf Wiedersehen auf einem Südtiroler Berghof wo es noch Hausverstand hat

  • dn

    Hasskommentare sind das Ergebnis einer halbherzigen Politik (Gesetzgeber), die sich nicht trauen, sich mit den Zuckerbergs der Welt anzulegen. Also liebe Foppas, da wäre zu tun genug; übrigens, da war noch was mit den Steuern. Leider gibt es genug Dumme, die diesen Facebook-Scheiß füttern.

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