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Das Ultimatum

Der Landtagsabgeordnete Peter Faistnauer wird um den Abbruch von Kubatur auf seinem Zingerlehof in Trens nicht umhinkommen. Leistet er den Aufforderungen der Gemeinde bis zum 11. November nicht Folge, wird ihm die Benutzungsgenehmigung für die Chalets entzogen.

von Erna Egger

„Die Sachlage ist kompliziert“, sagt Johannes Niederstätter, „zumal der Bauherr nach dem alten Raumordnungsgesetz gebaut hat und er die Bauführung bis zur Bezugsfertigkeit gemäß Übergangsbestimmung zum neuen Raumordnungsgesetz tätigen kann. Im alten Raumordnungsgesetz ist die Berechnungsmethode etwas antiquiert und gemeindespezifisch unterschiedlich. Allerdings wurde die damals berechnete Kubatur, die heute als Baumasse bezeichnet wird, nicht richtig umgesetzt. Aus der Differenz ergibt sich nun eine Baumasse, die effektiv rein rechnerisch zu viel verbaut wurde, obwohl daraus keine Erhöhung der nutzbaren Nettofläche erfolgt ist.“

Der versierte Architekt ist der Vorsitzende der Kommission für Raum und Landschaft in Freienfeld und damit der Sachverständige im Fall Faistnauer.

„Tatsache ist, dass Faistnauer derzeit zu viel Baumasse verbaut hat und er, wie jeder Bürger im Laufe der Bauführung, Anrecht hat, diesen urbanistischen Parameter mit geeigneten Mitteln wieder richtig einzuordnen“, so Niederstätter.

Zur Erinnerung: Peter Faistnauer, ehemals Bürgermeister in Freienfeld, bis er 2018 für das Team K in den Landtag gewählt wurde, hat die Baumasse des alten Wirtschaftsgebäudes neben seinem Hof mittels des Stadelgesetzes in Wohnkubatur umgewandelt, um konventionierte Wohnungen zu errichten. Ein Vorgehen, das bis zum 30. Juni 2020 erlaubt war, mit dem neuen Gesetz für Raum und Landschaft aber nicht mehr möglich ist.

Vier Chalets wurden errichtet, die nicht als konventionierte Wohnungen, sondern für touristische Zwecke genutzt werden, was mit einer Sonderbestimmung zur alten Raumordnung rechtens ist.

Faistnauers Bautätigkeit auf dem Zingerlehof in Trens wurde von Beginn an mit Argusaugen beobachtet.

Und effektiv: Der Landtagsabgeordnete hat in Abweichung zur Baukonzession gebaut.

Bürgermeisterin Verena Überegger hat am 16. Juni 2021 mit dem Techniker der Gemeinde Freienfeld, Martin Braunhofer, einen Lokalaugenschein durchgeführt.

Braunhofer stellte gleich mehrere Bauvergehen fest.

Die Gemeindeverwaltung hat daraufhin am 15. September 2021 Abbruch- und Wiederherstellungs-Verordnungen des ursprünglichen Zustandes bei gleich mehreren nicht genehmigten Bauten erlassen.

Faistnauer hat für die entsprechenden Bauvergehen am 30. November 2021 Anträge im Sanierungswege eingereicht.

Die Gemeinde stellte am 10. Dezember 2021 eine Baukonzession im Sanierungswege aus, welche die Sanierung der Kunstbauten im Hofbereich der Wohneinheiten beinhaltete.

Für die beanstandeten Bauvergehen hat der Landtagsabgeordnete bisher bereits Strafzahlungen in Höhe von ca. 40.000 Euro getätigt.

Die Faistnauer-Chalets in Trens

Die nunmehr weiteren Entwicklungen: Am 24. Mai dieses Jahres haben der Gemeindetechniker Martin Braunhofer, der Vorsitzende der Kommission für Raum und Landschaft, Johannes Niederstätter, und der Kommandanten der Stadtpolizei Sterzing, Egon Bernabè, einen weiteren Lokalaugenschein durchgeführt.

Immer noch waren Bauvergehen nicht zur Gänze behoben worden. Mit einem Schreiben vom 20. Juni 2022 forderte die Gemeinde Faistnauer auf, den von ihm besetzten Gemeindeweg in Trens ordnungsgemäß wiederherzustellen. Mit einem weiteren Schreiben vom 13. Juli 2002 wurde der Landtagsabgeordnete angehalten, das gesamte Projekt, gemäß den ausgestellten Baukonzessionen, einschließlich den Zugang für Menschen mit Beeinträchtigung, umzusetzen, damit eine gesamte Benutzungsgenehmigung ausgestellt werden kann. Zur Erinnerung: Faistnauer hat für seine Chalets nur eine Teilbenutzung erhalten.

Die Gemeinde hat diese Aufforderungen – wie es die gesetzlichen Fristen vorsehen – an ein Ultimatum geknüpft: Sollte bis zum 11. November 2022 den Auflagen der Baukonzession nicht Rechnung getragen und der gesamte Abschluss der Arbeiten nicht durchgeführt werden, wird ein Verfahren zur Widerrufung der erteilten Teilbenutzungsgenehmigungen einberufen.

Infolge hat Peter Faistnauer am 5. Juli zwei Varianteprojekte zur Sanierung eines Bauvergehens für den Abbruch von landwirtschaftlichem Volumen eingereicht. Damit beantragte er gleichzeitig die Verlegung des Volumens auf eine andere Grundparzelle und den Wiederaufbau mit Umwidmung in Wohnvolumen.

Die Anträge wurden in der Sitzung vom 26. Juli 2022 von der Kommission für Raum und Landschaft behandelt. „Beide Anträge wurden nicht genehmigt“, sagt hierzu Niederstätter. Die Konsequenz: „Bis November hat Faistnauer nun Zeit, die beanstandeten Bauten richtigzustellen: Er muss die Mehrkubatur urbanistisch wieder ins Lot bringen. Wo er nachbessert, ist ihm überlassen. Die Gemeinde wird ansonsten eine Abbruchverfügung ausstellen. Zudem muss er einen behindertengerechten Zugang und eine genehmigte Zufahrt zu den Chalets errichten. An diesen drei Beanstandungen hakt es. Wenn er diesen Aufforderungen bis November nicht Folge leistet, wird ihm die Teilbenutzungsgenehmigung entzogen.“

Die Faistnauer-Chalets

Faistnauer hat noch die Möglichkeit, die Aufforderungen gerichtlich anzufechten. „Zwischen der Ausstellung einer eventuellen Abbruchverfügung und der effektiven Durchführung derselben kann sehr viel Zeit vergehen. Jeder Bürger hat natürlich die Möglichkeit, sich mit Rechtsmitteln dagegen zu wehren“, erklärt Niederstätter und fügt hinzu: „Reduziert er die Kubatur jedoch nicht bis zum angeführten Datum, steht die Teilbenutzungsgenehmigung für die Chalets auf der Kippe.“

Niederstätter ist sich sicher: „Bis zum Schluss wird Faistnauer durch die gesamten Unannehmlichkeiten sicherlich einen niedrigen, sechsstelligen Betrag an Strafen und Mehrkosten wegen der Bauvergehen schultern müssen. Ich sehe in dem ganzen Verfahren eine unglückliche Verkettung von mehreren baurechtlichen Unzulänglichkeiten, wobei einerseits die Lösung einer urbanistischen Thematik einen weiteren neuen urbanistischen Problemfall erzeugt hat. Die ganze Abfolge hat den Bauherrn und den Projektanten sicher kalt erwischt.“

Abgesehen von diesen Entwicklungen läuft immer noch eine strafrechtliche Ermittlung.

Die Bautätigkeit sorgte nach den Enthüllungen der TAGESZEITUNG auch für politische Konsequenzen: Faistnauer musste das Team K verlassen. Der Abgeordnete blieb jedoch im Landtag und gründete in Folge die Ein-Mann-Fraktion „Perspektiven Für Südtirol“.

 

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