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Der Auftaktabend

Wie können Leerstände wiederbelebt, Dörfer aufgewertet und für junge Menschen lebenswert gemacht werden? Dieser Frage ging man am Auftaktabend der diesjährigen Woche der Innenentwicklung nach. Er wurde von der Plattform Land organisiert und fand in Neumarkt statt.

Obwohl Neumarkt einen attraktiven historischen Dorfkern hat und der Hauptort des Unterlands ist, ist der Ort mit knapp 30.000 Nächtigungen touristisch unterentwickelt, sagte Bürgermeisterin Karin Jost beim Auftaktabend der diesjährigen Woche der Innenentwicklung. Etwas mehr Leben in den Ort soll ein Streuhotel bringen, das bei einem Rundgang durch das historische Zentrum besucht wurde. Ioana Cires führt das Streuhotel und die Bar Schwarzer Adler. „Wir bespielen heute 19 Wohnungen in vier verschiedenen Strukturen. Die meisten Gäste frühstücken bei uns im Café oder in den Bars im Zentrum“, erklärte die Geschäftsführerin. Wer wolle, könne auch Halbpension buchen, mit den Restaurants im Dorf gibt es entsprechende Vereinbarungen. „Wir bieten den Standard eines Drei-Sterne-Hotels“, erklärte Cires, „der Dorfplatz ist die ‚Hotelhalle‘.“

Mit dem Streuhotel sollen Leerstände wiederbelebt, Kooperationen zwischen verschiedenen Sektoren gefördert und mehr Bewegung in das Dorf gebracht werden. Zudem werden Arbeitsplätze geschaffen.

Neumarkt war Pilotgemeinde für das Streuhotel, nun wollen andere Dörfer wie Salurn nachziehen.

Andreas Schatzer, Präsident der Plattform Land, unterstrich auf der Veranstaltung in Neumarkt die Wichtigkeit der touristischen Entwicklung für Dörfer wie Neumarkt. Das habe er auch während der Diskussionen zum Bettenstopp im Auge behalten. Zudem begrüßte er, dass mit dem neuen Gesetz für Raum und Landschaft Leerstände erhoben und in der Folge wiedergewonnen werden. Damit würden u. a. auch Wohnungen für Einheimische entstehen. In diesem Zusammenhang müsse die öffentliche Hand verstärkt Anreize schaffen. Die Gemeinde Neumarkt hat bereits einen Schritt in diese Richtung getan. „Geschäfte und handwerkliche Betriebe, die es im Ortskern noch nicht gibt und sich dort ansiedeln, bekommen von uns einen Beitrag von 5.000 Euro“, so Jost.

Über „Junges Wohnen im leistbaren Leerstand“ sprach im Anschluss Cornelia Haas von Sutter³, einem Unternehmen, das Sanierungsprojekte plant und begleitet. „Ziel muss sein, junge Leute in den Gemeinden zu halten. Dafür reichen neue Strukturen für das Wohnen alleine nicht aus, sie können aber positive Impulse schaffen und damit die Abwärtsspirale durchbrechen, die zur Abwanderung führt.“ Junge Menschen müssten aktiv in Entscheidungen mit eingebunden werden, damit klar werde, welche Bedürfnisse und Wünsche sie haben.

Im Rahmen des Interreg-Projekts SHELTER, das von Luca Lodatti vorgestellt wurde und das von vier Gemeinden, Eurac Research und der Plattform Land getragen wird, werden vier alte Gebäude renoviert und so wiederbelebt: der „Mas del Sabe“ in Val di Zoldo, „Col 22 ore“ in Valbrenta, das Mesnerhaus in Anras und die alte Schule Niedertal in Rasen Antholz.

Der Bürgermeister der Gemeinde Val di Zoldo, Camillo De Pellegrin, erklärte, dass Val di Zoldo zwar touristisch gut erschlossen sei, es dennoch an Perspektiven für junge Leute mangeln würde. „Uns fehlen weder Geld noch Gäste, sondern Geburten“, meinte er. Das hänge vor allem damit zusammen, dass es für junge Familien kaum Wohnungen gebe. Wohnungen würden vorwiegend an Gäste vermietet – zu Preisen und Konditionen, die eine feste Vermietung unattraktiv machen.

Die Plattform Land hat für das Projekt SHELTER in Kleinarbeit alle Möglichkeiten der Förderung bei einer Sanierung zusammengetragen. Koordinator André Mallossek erklärte die interaktive Plattform (Foerderungen-Innenentwicklung_Suedtirol), die zwischen verschiedenen Förderkanälen und -arten sowie nach natürlicher Person, Unternehmen und öffentlicher Hand als Antragsteller unterscheidet. So könne man sich alle möglichen Förderkriterien anschauen und den Mix zusammensuchen, der für das eigene Projekt sinnvoll ist.

Neben Neumarkt mit dem Schwerpunkt „Vom Leerstand zum Wohlstand“ gab es einen weiteren Infoabend in Tisens zum Thema „Sanierungsberatungen konkret“. Abgeschlossen wird die Woche der Innenentwicklung mit einer Lehrfahrt am 4. August, die Interessierte nach Klausen, Welschnofen und Deutschnofen sowie Truden führt und „Gemeindeentwicklung & Leerstandsmanagement“ zum Inhalt hat.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (1)

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  • occhio

    Solange die Renditen für die Eigentümer mickrig sind, wird sich an der Situation nichts ändern. Da können wir noch soviel Anschubprojekte, Analysen und Expertenrunden mit Steuergeld finanzieren.
    Wenn für eine neue Wohnung in einer Landgemeinde oder in der Pampa knapp 300.000 Euro und mehr zu berappen sind, oder wenn die (energetische) Sanierung für einen Altbau 150.000 Euro kostet und die Miete nicht mehr als 900 Euro pro Monat einbringt, dann ist das Ganze aus Eigentümersicht ein finanzielles Verlustgeschäft oder Liebhaberei.
    Der Hauptgrund für die Misere liegt in einem niedrigen Lohn- und Einkommensniveau bei im Vergleich mit den DACH-Staaten hohen Lebenshaltungskosten und auch höheren Bau- und Erhaltungskosten, vor allem bedingt durch Grund- und Kubaturverknappung durch eine lobbygetriebene Gesetzgebung und Überregulierung. Wer in Südtirol – stark vereinfacht gesagt – nix Lukratives erbt und kein Bauer, Gastwirt oder Spitzenbeamter ist, hat meist im Ausland bessere finanzielle Chancen als bei uns.
    Da hilft es auch nicht viel, ständig den momentanen Lieblingsmythos der Politik, nämlich die Leerstände zu bemühen. Wenn ein Objekt leersteht, dann nicht aus Spaß sondern es hat angesichts der hohen IMU-Raten meist triftige Gründe: Z.B. komplexe erbbedingte Eigentümerstrukturen, ungeeignete Widmungen, mieses bauliches Umfeld wie schlechte Straßenlagen oder entlegene, klimatisch schlechte Mikrolagen, schlechte oder falsche Bauleitplanungen udgl.

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