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Bescheidenere Erwartungen

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Das heurige Sommer-Wirtschaftsbarometer des WIFO zeugt  im verarbeitenden Gewerbe von bescheidenere Erwartungen für 2022.

Insgesamt sind 83 Prozent der Südtiroler Unternehmen im Verarbeitenden Gewerbe zuversichtlich, im Jahr 2022 eine zufriedenstellende Ertragslage zu erreichen. Das Geschäftsklima ist jedoch sehr heterogen, mit deutlichen Unterschieden zwischen den einzelnen Branchen. Besondere Schwierigkeiten herrschen in der Lebensmittelproduktion, die mit einem erheblichen Anstieg der Rohstoff- und Energiepreise konfrontiert ist, während Optimismus vor allem bei den Herstellern von Maschinen und Geräten zu spüren ist. Dies geht aus der Sommerausgabe des Wirtschaftsbarometers des WIFO – Institut für Wirtschaftsforschung der Handelskammer Bozen hervor.

In der ersten Jahreshälfte lag die Produktion im Südtiroler Verarbeitenden Gewerbe auf hohem Niveau. Dies bestätigen die Auslastung der Produktionskapazität, die von den Unternehmen mit knapp 90 Prozent geschätzt wird, der Stromverbrauch, der von Januar bis Mai um 2,6 Prozent höher war als in den Vorjahresmonaten sowie die Entwicklung des Arbeitsmarktes. Mit durchschnittlich über 34.300 unselbständig Beschäftigten in den ersten sechs Monaten des Jahres liegt die Beschäftigung über dem Vorkrisenniveau. Auch die Umsatzentwicklung, insbesondere auf den ausländischen Märkten, ist positiv. Zwischen Januar und März 2022 betrug der Wert der Südtiroler Exporte ohne landwirtschaftliche Produkte fast 1,4 Milliarden Euro, was einer Steigerung von 13,2 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal entspricht.

Die Sommerausgabe des Wirtschaftsbarometers zeigt aber eine Verschlechterung der Erwartungen der Unternehmen zur Ertragslage im laufenden Jahr. Der Grund dafür ist die Teuerung der Energie- und Rohstoffpreise und die kriegsbedingte Ungewissheit über die wirtschaftliche Entwicklung. Trotz der generellen Steigerung der Verkaufspreise, die von den Unternehmen vollzogen wurde, um die höheren Kosten zu bewältigen, befürchtet heuer fast ein Fünftel der Befragten ein unbefriedigendes Betriebsergebnis zu erwirtschaften.

Das Geschäftsklima im Verarbeitenden Gewerbe unterscheidet sich erheblich zwischen den einzelnen Branchen. Schwierigkeiten gibt es weiterhin in der Lebensmittelproduktion, wo fast zwei von fünf Unternehmen die Ertragslage als schlecht bewerten. Zuversicht herrscht hingegen vor allem bei den Herstellern von Maschinen und Geräten, während in der Textilbranche und bei den Druckereien die Aussichten für das laufende Jahr zwar für fast alle Unternehmen positiv, aber kaum gut sind. In der Produktion von Baustoffen, in der Holzbranche und in der Metallverarbeitung sind die Erwartungen zur Ertragslage sehr heterogen und variieren deutlich zwischen den einzelnen Unternehmen.

Auch die Investitionsabsichten unterscheiden sich zwischen den einzelnen Branchen des Verarbeitenden Gewerbes: In der Baustoffherstellung und in der Metallverarbeitung wird mit einer Erholung gerechnet, während in der Lebensmittelproduktion ein weiterer Rückgang erwartet wird.

Michl Ebner, Präsident der Handelskammer Bozen, unterstreicht das Thema des Fachkräftemangels: „Die Verfügbarkeit von Fachkräften ist eine Grundvoraussetzung, damit die Unternehmen im Südtiroler Verarbeitenden Gewerbe ihre Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit weiter steigern können. Die Handelskammer setzt Initiativen, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, dazu zählen Informationsveranstaltungen zum Thema Rekrutierung und Arbeitgeberattraktivität sowie eine gezielte Weiterbildung.“

Nachfolgend die Stellungnahmen der Vertreter der Wirtschaftsverbände:

Claudio Corrarati, Präsident CNA-SHV Trentino-Südtirol

„In dieser Phase der Ungewissheit auf nationaler und globaler Ebene leisten die Südtiroler Klein- und Mitteilbetriebe (KMU) des verarbeitenden Gewerbes weiterhin ihren Beitrag und garantieren Qualität und stabile Arbeitsplätze. Diese Unternehmen brauchen jedoch mehr denn je politische Stabilität und gezielte Maßnahmen zur Senkung der Arbeits- und der Energiekosten sowie zur Verbesserung des Zugangs zu Krediten.“

Martin Haller, lvh-Präsident

„Viele Unternehmen sind aktuell verunsichert, was die Zukunft angeht. Die angestiegenen Kosten führen in mehreren Fällen leider zu unbefriedigenden Betriebsergebnissen. Besonders im Lebensmittelbereich, wo es aktuell noch nicht die Möglichkeit der Preisanpassung gibt, bestehen große Sorgen. Der lvh.apa appelliert dafür, eine sogenannte Preisgleitklausel auch für öffentliche Aufträge in der Lebensmittelbranche einzuführen.“

Heiner Oberrauch, Präsident Unternehmerverband Südtirol

„Klimawandel, Digitalisierung, demografischer Wandel, Krieg, Inflation, Rohstoff- und Personalknappheit: Wir stehen vor enormen Herausforderungen. Die Unternehmen werden sich ihnen stellen müssen, indem sie in Innovation und Aus- und Weiterbildung investieren und die öffentliche Hand muss diese Bemühungen durch Reformen zur Vereinfachung und Verringerung der Steuerlast auf Arbeit unterstützen.“

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