Du befindest dich hier: Home » Gesellschaft » „Pläne gehen zu weit“

„Pläne gehen zu weit“

Foto: 123RF.com

Die Europäische Kommission plant, eine Chatkontrolle einzuführen. Damit können Nachrichten auch ohne richterlichen Auftrag überwacht werden. Der EU-Parlamentarier Herbert Dorfmann erklärt, warum er sich dagegen ausspricht.

Tageszeitung: Herr Dorfmann, die EU-Kommission hat einen Gesetzesentwurf veröffentlicht, demzufolge eine Chatkontrolle geplant ist. Wie ist der Stand der Dinge?

Herbert Dorfmann:  So schnell geht das nicht, der Entwurf muss das normale Gesetzgebungsverfahren durchlaufen. Vor einigen Wochen war ich bei einer Vorstellung, wo Kommissarin Ylva Johansson sehr für das Thema geworben hat. Im Parlament wird es jedoch große Diskussionen und erheblichen Widerstand geben und ich hoffe, dass der Gesetzentwurf nicht genehmigt wird.

Verstößt diese Massenkontrolle nicht gegen die Grundsätze einer Demokratie?

Persönlich glaube ich, dass bei Maßnahmen gegen Kinderpornografie und Kriminalität eine Abwägung zwischen dem Freiheitsrecht des Einzelnen und der Notwendigkeit, einem Verbrechen nachzugehen, stattfinden muss. Es darf aber nicht so weit gehen, dass Telefongespräche ohne richterlichen Auftrag abgehört werden. Ich bin dagegen, dass die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung (nur Sender und Empfänger können die Nachrichten lesen, Anm. d. Red.) verboten wird.

Wie legitimiert es die Kommissarin, dass Eingriff in unsere Privatsphäre genommen wird? Können durch die Chatkontrolle nicht harmlose intime Nachrichten schnell zu Falschmeldungen verkommen?

Sie verwies darauf, dass Pädophilie ein schweres Verbrechen ist. Natürlich findet Pädophilie heute oft in Chatverläufen und im Darknet statt. Bei einem konkreten Verdachtsfall, den Richter bestätigen, hat die Polizei das Recht, Daten zu untersuchen. Die Massenkontrolle mithilfe von Überwachungssystemen, die mit künstlicher Intelligenz arbeiten, ist eine komplett andere Sache. Das entspricht nicht dem Individualrecht des Menschen. Wieso soll einem unbescholtenen Bürger die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung verboten werden, ohne zu wissen, wo die Daten hingehen? Es ist heute auch schwer, Daten rechtlich unter Verschluss zu halten. Oft passiert es, dass diese dann veröffentlicht werden. Die Pläne der Kommissarin gehen deutlich einen Schritt zu weit.

Lesen Sie das gesamte Interview in der Samstags-Ausgabe der TAGESZEITUNG.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (2)

Lesen Sie die Netiquette und die Nutzerbedingungen

Kommentar abgeben

Du musst dich EINLOGGEN um einen Kommentar abzugeben.

2024 ® © Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH/Srl Impressum | Privacy Policy | Netiquette & Nutzerbedingungen | AGB | Privacy-Einstellungen

Nach oben scrollen