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Neue Justiz

Die Lega ist im Senat mit dem Versuch gescheitert, die Untersuchungshaft für Kleinkriminelle abzuschaffen.

Von Matthias Kofler

Der Senat hat gestern mit 173 Ja und 37 Nein bei 16 Enthaltungen das Cartabia-Gesetz zur Justizreform verabschiedet. Die Regierungsmehrheit gab dabei ein gespaltenes Bild ab: Während die Lega trotz massiver Kritik letztendlichlich für den Entwurf stimmte, enthielt sich Matteo Renzis Italia Viva der Stimme.

Vier Tage nach dem verloren gegangenen Referendum reichte Lega-Chef Matteo Salvini eine Reihe von Abänderungsanträgen ein, um seine Ziele doch noch zu verwirklichen. Einer der Anträge sah vor, die Wiederholungsgefahr aus der Reihe der Gründe zu streichen, aus denen Richter die Untersuchungshaft oder den Hausarrest über eine Person während der Ermittlungen (also vor der rechtskräftigen Verurteilung) verhängen können. Demnach sollten nur noch die Flucht- und die Verdunklungsgefahr als mögliche Gründe einer Untersuchungshaft übriggeblieben. Die Richter hätten dadurch nur mehr eine beschränkte Handhabe gegen Kleinkriminelle. Die Lega argumentierte, dass die Gefängnisse in Italien überfüllt seien. Die Mehrheit im Palazzo Madama sprach sich jedoch gegen den Antrag aus.

„Ausgerechnet die Law-and-Order-Partei tritt für die Streichung der Wiederholungsgefahr ein, obwohl sie ansonsten lautstark nach härteren Strafen für kriminelle Ausländer schreit“, giftet SVP-Senatorin Julia Unterberger. In Südtirol stimmte am Sonntag eine Mehrheit gegen die Streichung der Wiederholungsgefahr, während im restlichen Staatsgebiet das Ja vorne lag.

Die Cartabia-Reform geht in einigen Punkten in dieselbe Richtung wie das Referendum. Es gibt nur minimale Unterschiede: So ist ein Funktionswechsel von der Rolle der Richters in die Rolle des Staatsanwalts und umgekehr nur beschränkt auf die ersten neun Jahren möglich.

Die drei SVP-Senatoren stimmten mit gemischten Gefühlen für das Gesetz. Fraktionschefin Unterberger spricht von einer „nicht zur Gänze genutzten Chance“. „Die Reform muss im Kontext eines Landes betrachtet werden, in dem die Justiz seit dreißig Jahren die politische Debatte aufheizt“, betont sie. „Leider genießt die Justiz in Italien nicht mehr die Wertschätzung der Vergangenheit. Waren einst die Richter Volkshelden, bekundet heute nur noch jeder dritte Bürger Vertrauen in die Justiz. Die Langsamkeit der Prozesse hat die Überzeugung gefestigt, dass Ehrlichkeit nicht belohnt wird. Und das vor allem dann, wenn man die Möglichkeit hat, Anwälte zu bezahlen, die darauf spezialisiert sind, auf Basis von Ausnahmen und Formmängeln zu arbeiten.“

Die Streichung der 25 Unterschriften für die Einreichung von Kandidaturen beim Obersten Richterrat sei ein kleiner Schritt nach vorn. Unterberger begrüßt auch die Einführung von Geschlechterquoten und die Neuerung, wonach die Arbeit der Richter auch von den Anwälten in den territorialen administrativen Justizorganen ( consigli giudiziari) bewertet wird.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (5)

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  • vinsch

    Wie weit wollen Sie als Tageszeitung eigentlich noch sinken? Gestern ist doch nicht über diesen Punkt abgestimmt worden, sondern um das Gesamtpaket. Salvini ist nach wie vor für die Bestrafung und vor allem die Abschiebung der Kriminellen. Die SVP hat immer mit dem PD für soziale Maßnahmen gestimmt, also hören Sie auf Blödsinn zu erzählen. Und in Italien geht kein Kleinkrimineller ins Gefängnis, das ist schon seit Jahren so, seit uns die EU zu Strafen verdonnert hätte, wegen überfüllter Gefängnisse. Und hat der PD, mit dem die Unterberger regiert, daran etwas verbessert?

  • pingoballino1955

    Mein Gott,Salvini der „PLOUDERER“ ohne Konzept und Anstand-einmal mit Meloni,dann mit Berlusconi,dann mit 5 stelle,jetzt küssen sie sich wieder Meloni und Salvini,was soll man von so einem Politiker halten? NICHTS! Vai finalmente a casa Salvini!

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