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Der Morandell-Bericht

Gabriele Morandell

Unfreundliche Beamte, unerreichbarer Sanitätsbetrieb und unverständliche Raumordnung: Volksanwältin Gabriele Morandell stellt der Landesverwaltung kein gutes Zeugnis aus. 

Von Matthias Kofler

Volksanwältin Gabriele Morandell hat dem Landtag ihren Tätigkeitsbericht für das Jahr 2021 vorgestellt. Gegenüber dem Jahr 2020 sind die Beschwerdefälle auf 1.150 leicht angestiegen, die Zahl der Beratungen ist hingegen leicht gesunken. Insgesamt wandten sich im abgelaufenen Jahr 7.981 Bürger an die Volksanwaltschaft. Laut einer Erhebung ist die Hälfte der Rat suchenden Bürger älter als 60 Jahre. Bei Anliegen wegen Behörden, wie dem Nationalen Institut für Sozialfürsorge (INPS/NISF), liegt der Anteil der älteren Bürger noch weit höher.

Die Schwerpunkte der Beschwerden waren die Corona-Maßnahmen, das Landesgesetz für Raum und Landschaft, Beiträge an Vereine und Verbände und die Nachzahlung von Arbeitsjahren für die Altersrente. Im Allgemeinen wurde eine Zunahme der Digitalisierung und eine damit einhergehende zusätzliche Distanzierung der öffentlichen Verwaltung vom Bürger festgestellt. Fehlende Bürgerfreundlichkeit, mangelnde Öffnungszeiten und mangelnde Erreichbarkeit der Ämter wurden immer mehr beanstandet. Viele Bürger berichteten der Volksanwältin auch verzweifelt von ihrer Überforderung und ihrer Unfähigkeit, mit den digitalen Systemen zu Recht zu kommen.

2021 nahmen auch die Beschwerden in Zusammenhang mit Impfpflicht, Impfterminen, Quarantänemaßnahmen, fehlendem Green Pass usw. immer mehr zu. In den letzten Monaten des Jahres wurde die Volksanwaltschaft mit Anfragen regelrecht überrollt. Und es wurde auch immer schwieriger, zu den unterschiedlichen Problemen und Beschwerden eine Rückmeldung vom zuständigen Dienst des Sanitätsbetriebs zu erhalten. Von vielen Bürgern wurde beanstandet, dass die in der Quarantäneanordnung angeführte Telefonnummer für Fragen zu keiner Zeit erreichbar war und dass auch auf E-Mails an die dort angeführte E-Mail-Adresse keine Antwort erfolgte.

Auch die Auswirkungen des neuen Landesgesetzes „Raum und Landschaft“ waren sehr stark spürbar: Viele besorgte Bürger meldeten sich, da man sich nicht mehr auskannte bzw. da man keine klaren Antworten erhielt, welche Bautätigkeiten wo erlaubt waren und in welchem Ausmaß. Die Unsicherheit war aber auch bei Technikern und Planern sehr groß und mehrfach wurde auch auf das komplizierte und umständlich nutzbare digitale Portal in Bausachen hingewiesen. Die Volksanwältin musste erneut feststellen, dass das Fehlen der vormaligen „Bürgerklage“ bei vielen Bürgern auf Unverständnis stieß. Eine unkomplizierte und einfache Form der fachlichen Überprüfung von Bautätigkeiten gehört somit der Vergangenheit an. Kopfzerbrechen brachten auch die neuen Bestimmungen zur Konventionierungspflicht von Wohnungen, die sich in verschiedenen Punkten von den alten bekannten Bedingungen unterscheiden und es nicht immer klar ist, welche Bestimmungen anzuwenden sind. Zudem stellt sich dem Bürger die berechtigte und bis heute nicht geklärte Frage, ob nun die genannten Voraussetzungen für die Besetzung einer Wohnung für Ansässige nur im Moment der Besetzung vorliegen müssen, oder ob diese Voraussetzungen immerwährend gelten.

Eine weitere Baustelle: Die Landesbeiträge an Vereine werden von den verschiedenen Ämtern zu unterschiedlichsten Prozentsätzen mit unterschiedlichen Vorgaben und zeitlichen Terminen gewährt. Es werden derzeit mehr als 60 verschiedene Beitragsverfahren nach unterschiedlichsten Regelungen praktiziert. Laut Volksanwältin Morandell mangelt es an einer angemessenen und rationellen Verwaltung des Beitragswesens. Die Beitragsvergabe sei in ihrer Ausrichtung seit Jahren blockiert und festgefahren, es würde immer dieselben Beträge für bestimmte Projekte vergeben und es werde keine realistische Bedarfsanalyse durchgeführt. „Es ist keine langfristige Planung von Seiten der Vereine möglich und die Situation ist für die Vereinsvertreter sehr belastend“, sagt Morandell. Es gebe auch zahlreiche Liquiditätsprobleme, die mit den viel zu späten Beitragsauszahlungen zusammenhängen. Die Bearbeitungszeiten der Landesämter überschreiten sehr häufig die gesetzlich vorgeschriebenen 180 Tage, sodass Anzahlungen und Saldozahlungen viel zu spät eintreffen und die Liquidität der Vereine mit Überbrückungskrediten gesichert werden muss.

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