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Das Cayenne-Rätsel

Foto: FF Lengstein

Zwölf Tage nach dem tödlichen Unfall mit zwei Toten ist an der Rittnerstraße der Bordcomputer des abgestürzten Porsche Cayenne geborgen worden. War ein technischer Fehler am Tempomaten die Ursache?

von Thomas Vikoler

Der Unfall am 28. Mai an der elften Kehre der Rittnerstraße gibt weiter Rätsel auf. Diesen will die Staatsanwaltschaft Bozen in einem Ermittlungsverfahren zum Tatverdacht der zweifachen Tötung im Straßenverkehr („omicidio stradale“) nun gründlich nachgehen.

Gestern Vormittag fand am Unfall- bzw. Fundort des Porsche Cayenne ein Termin statt, an dem drei Sachverständige, die Carabinieri und die Berufsfeuerwehr Bozen teilnahmen.

Der Porsche Cayenne, gelenkt von der 73-jährigen Giovanna Pasinetti, die den Absturz schwerverletzt überlebte, befindet sich weiter mehrere hundert Meter unterhalb der zwölften Kehre in unwegsamem Gelände.

Dort wurde gestern der Bordcomputer des SUV ausgebaut, um eine Rekonstruktion des Unfalls zu ermöglichen.

Laut Angaben von Giovanna Pasinetti, die bei dem Unfall ihre Schwester Maria Giuditta, 75, verlor (die zweite Tote ist die 61-jährige ukrainische Haushälterin Oksana Prjriz) hat ihr Porsche Cayenne kurz vor dem Aufprall auf die rund einen Meter hohe Betonabsperrung in der Kurve „durchgedreht“.

Anders ausgedrückt: Der Tempomat des Fahrzeuges habe sich selbstständig gemacht, es sei für sie nicht mehr kontrollierbar gewesen.

Der Verkehrsexperte Igor Gonella wird die gestern vor Ort gesammelten Daten im Auftrag der Staatsanwaltschaft auswerten. Carlo Bertacchi, der Verteidiger von Giovanna Pasinetti, die nun formell zum Tatbestand der Tötung im Straßenverkehr unter Ermittlung steht, hat Mattia Gremes als Sachverständigen zum gestrigen Termin entsandt. Auch die Angehörigen der verstorbenen Haushaltshilfe haben einen Sachverständigen namhaft gemacht. Es ist Nicola Dinon aus der Provinz Treviso.

Die Verkehrsexperten werden sich nicht nur mit dem Inhalt des Bordcomputers befassen, sondern auch mit dem Fahrzeug selbst und der Dynamik des Unfalls. Es ist weiterhin schwer erklärbar, wie der aufwärtsfahrende Porsche Cayenne über die New Jerseys aus Beton gelangen konnte, welche die Kurve seit einem ähnlichen Unfall vor einigen Jahren abgrenzen.

Sollte sich herausstellen, dass sich das Unfallfahrzeug buchstäblich selbstständig gemacht hat, wäre Lenkerin Giovanna Pasinetti weitgehend entlastet. Die Frage ist, wer dann strafrechtlich für den Tod der beiden Passagiere haftbar gemacht würde? Der Hersteller in Deutschland?

Auf jedem Fall soll der weitgehend zerstörte Luxuswagen für die Rekonstruktion des Unfalls geborgen werden. Laut Verteidiger Bertacchi braucht es dafür entweder einen Spezialhubschrauber aus der Schweiz mit zwei Rotoren oder der Porsche Cayenne muss in mindestens zwei Teile zersägt werden. „Die Untersuchung des Fahrzeugs ist vor allem im Hinblick auf das Funktionieren der Sensoren, deren Daten vom Bordcomputer festgehalten worden sein müssten, und der Bremsen wichtig“, betont Bertacchi.

Die Kosten für die Bergung gingen zu Lasten seiner Mandantin.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (12)

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  • gulli

    Kann es sein, dass fälschlicherweise statt auf die Bremse auf das Gas gedrückt wurde?

  • kirchhoff

    Der baugleiche Tempomat im TOUAREG hat sich bei mir als tückisches Mistteil gezeigt!

  • gerhard

    Die Untersuchung des Fahrzeuges wird die Wahrheit ans Licht bringen und grundsätzlich ist bei so viel Technik immer einmal ein Versagen möglich.
    Jeder Tempomat ist aber, – fehlerfreie Funktion vorausgesetzt, so gebaut, das er, sobald die Bremse betätigt wird, sofort außer Betrieb gesetzt wird.

  • hallihallo

    beim auto meiner mutter hatte vor vielen jahren der motor während der fahrt auf vollgas gedreht und der motor blieb auf höchsten touren. zum glück hatte das auto eine handschaltung und mit dem drücken der kupplung ist nichts passiert. mit dem abstellen des motors war das problem erstmal behoben. schuld war ein marderbiss an einem kabel der zu einem falschen kontakt geführt hat.
    für mich persönlich wird in die autos zuviel elektronik verbaut, vor allem die linienassistenten, die das lenkrad betätigen.

  • tirolersepp

    Die New Jerseys Betonteile an dieser Stelle sind Schuld. Das Fahrzeug darf nicht abheben und wie durch eine Sprungschanze das Auto darüber katapultieren.

    Das Fahrzeug muss zurück auf die Straße geworfen werden.

    Betonwand mit Leitplanken und schon ist das Problem behoben, das Land ist hier Schuld !!!!

  • dn

    Die Lenkerin ist nicht mehr die jüngste. Wahrscheinlich wäre das Seniorenabo für Öffis die bessere Wahl.

    • hallihallo

      mit 73 ist man heute wohl nicht mehr alt, auch wenn ich noch weit davon entfernt bin. eher sind die älteren leute mit all dem elektronischen schnick-schnack überfordert. aber die größeren autos sind damit vollgestopft und für jede funktion gibt es sogar drei bedienmöglichkeiten. das ist wirklich überflüßig.

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