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Abwanderung aus der Peripherie

Prettau

Während die Einwohnerzahl in den letzten zehn Jahren in 20 Südtiroler Gemeinden rückläufig war, wachsen vorwiegend zentrumsnahe Gemeinden stark.

von Heinrich Schwarz

Der Trend hat sich zumindest bis jetzt fortgesetzt: Die Peripherie in Südtirol ist häufig von Abwanderung betroffen. In den Städten und zentrumsnahen Gemeinden hingegen leben immer mehr Menschen. Zwar steigt die Einwohnerzahl in Südtirol kontinuierlich an, allerdings ist das Wachstum sehr ungleich verteilt.

Von Ende 2011 bis Ende 2021 wuchs die Südtiroler Bevölkerung um fast 25.000 Einwohner auf 536.000. Das ist ein plus von rund fünf Prozent, wie aus der Datenbank des Landesinstitutes für Statistik (ASTAT) hervorgeht.

Die Tageszeitung hat den Gemeinden-Vergleich gemacht. Dabei zeigt sich: In 20 der 116 Südtiroler Gemeinden leben heute weniger Menschen als noch vor zehn Jahren. Es handelt sich fast ausschließlich um ländliche Gemeinden abseits der Zentren.

Dem gegenüber stehen 15 Gemeinden mit einem Bevölkerungswachstum von mehr als zehn Prozent im 10-Jahres-Zeitraum. Es sind dies vorwiegend Gemeinden entlang der Hauptverkehrsachsen bzw. rund um die größeren Städte des Landes.

Ausschlaggebend für die Bevölkerungsentwicklung ist einerseits die Zu- und Abwanderung. Und andererseits die Geburten-/Verstorbenen-Bilanz. Wobei die Abwanderung junger Menschen natürlich wiederum einen negativen Einfluss auf die Geburtenzahlen in einer Gemeinde hat.

Die Gemeinde mit dem prozentuell größten Bevölkerungsrückgang ist die nördlichste Kommune Italiens und eine der periphersten Südtirols: Prettau. Ende 2011 lebten in der Pusterer Gemeinde 604 Menschen, zehn Jahre später waren es nur mehr 530, also 74 weniger. Das entspricht einem Rückgang von 12,3 Prozent.

Hinter Prettau folgen die Kleingemeinden Kuens, Laurein und Martell mit einem Rückgang von jeweils rund sechs Prozent innerhalb der letzten zehn Jahre. Martell etwa schrumpfte von 879 auf 830 Bürger.

Um rund fünf Prozent sank die Einwohnerzahl in Sexten, Stilfs und Moos in Passeier. Weitere Abwanderungs-Gemeinden sind unter anderem Mühlwald, Schnals, Wolkenstein, St. Pankraz und Kastelbell-Tschars (siehe auch Grafik).

Die beiden Gemeinden mit dem größten Bevölkerungswachstum befinden sich im Eisacktal unmittelbar bei Brixen: Vahrn und Natz-Schabs. Vahrn zählte Ende 2011 fast 4.300 Einwohner, inzwischen sind es 600 mehr und damit fast 4.900. Das ist ein Zuwachs von 14 Prozent. Vahrn dürfte also bald die 5.000-Einwohner-Marke knacken.

Natz-Schabs verzeichnet einen ähnlichen Prozentwert – mit heute rund 3.300 Einwohnern gegenüber den 2.900 vor zehn Jahren.

Stark vertreten ist unter den Zuwanderungs-Gemeinden auch das Gebiet entlang der MeBo. So wuchs die Bevölkerung in Nals, Terlan, Burgstall, Lana und Marling jeweils um mehr als zehn Prozent.

Nals etwa hat die Marke von 2.000 Einwohner geknackt, Burgstall ist auf einem guten Weg dorthin. Und in Lana leben über 1.200 Menschen mehr als noch vor zehn Jahren.

Ähnlich hohe Wachstumsraten verzeichnen mehrere Gemeinden rund um Bruneck, darunter Percha, Pfalzen und Kiens (beide bald 3.000 Einwohner), aber auch Bruneck selbst, wo mittlerweile mehr als 17.000 Bürger leben.

Unter den Städten wuchs nur Brixen prozentuell etwas stärker. Aus fast 21.000 Einwohnern in der Domstadt wurden binnen zehn Jahren fast 23.000.

Entlang der Brennerachse wachsen weiters Feldthurns, Brenner, Pfitsch, Franzensfeste und Neumarkt stark. Im Vinschgau überrascht Prad mit einem hohen Anstieg der Bevölkerung von über zehn Prozent (siehe auch die linke Grafik).

Auffallend im Vergleich zu früheren Statistiken ist, dass die jahrelang sehr stark wachsenden Gemeinden Plaus und Algund inzwischen nicht mehr ganz so stark wachsen.

Der Blick auf die Bezirksgemeinschaften zeigt, dass das Eisacktal mit plus acht Prozent in den letzten zehn Jahren die größte Bevölkerungszunahme hatte. Es folgen das Wipptal mit fast sieben Prozent und das Burggrafenamt mit sechs Prozent.

Ungefähr im Landesschnitt liegen Überetsch-Unterland, Pustertal und Salten-Schlern, während Bozen und Vinschgau eine Wachstumsrate von unter drei Prozent haben.

„Qualität des Landlebens wiederentdeckt“

„Nach schwierigen Jahren, die von Abwanderung und strukturellen Nachteilen geprägt waren, feiert der ländliche Raum ein Comeback.“ Zu diesem Schluss kommt die Plattform Land, eine Allianz verschiedener Verbände, die die Attraktivität der Peripherie steigern will.

Als Gründe für die Trendwende nennt die Plattform Land die Initiativen zur Stärkung des ländlichen Raumes sowie die Corona-Pandemie.„Immer mehr Bürger wollen aufs Land – und das nicht erst seit der Corona-Pandemie, wo die Menschen die Qualität des Landlebens wiederentdeckt haben“, sagt Plattform-Land-Präsident Andreas Schatzer. Dank neuer Formen des Arbeitens wie Homeoffice könnten einige Standortnachteile der Peripherie ausgeglichen werden.

Um die Attraktivität des ländlichen Raumes zu erhalten, brauche es gute Arbeitsplätze, bezahlbaren Wohnraum, funktionierende Dienste und eine gute Erreichbarkeit im Hinblick auf Internet und den öffentlichen Nahverkehr. Wichtig ist es laut der Plattform Land auch, die Bürger in die Entscheidungen zur Dorfentwicklung einzubeziehen.

Einen wesentlichen Beitrag zu einer Attraktivitäts-Steigerung der Peripherie will das Forschungsinstitut Eurac leisten. Eine gemeinsame Online-Befragung hat ergeben, dass die drei wichtigsten Themen für die Menschen Verkehr/Klima, Wohnen und regionale Produkte/Kreisläufe sind. Dazu soll es jetzt Projekte geben.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (7)

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  • morgenstern

    Oberflächlich das Ganze wie immer! Wer wandert zu, bzw. „wird zugewandert“?

  • george

    Dafür verliert Vahrn immer mehr die besten landwirtschaftlichen Flächen. Sogar die Gemeindeverwaltung unter BM Schatzer kauft beste Flächen auf um darauf Spiel-, Erholungs-, Park/Verkehrs- und Gastgewerbeflächen und gemeindefremde Betriebe anzusiedeln und fördert dieses Tun in völlig übertriebenem Maße.

  • tirolersepp

    Jeder Euro im ländlichen Raum investiert kommt doppelt zurück !!!

    Erich Wallnoefer !!!

  • andreas1234567

    Hallo nach Südtirol,

    nur so weiter, immer so weiter.
    Es ist weiter wichtig der Landbevölkerung den kleinsten Beitrag zu neiden, bis sie es drangeben..

    Das Aufgelassene wird für kleinstes Geld dann aufgekauft und mit allem Luxus hergerichtet.
    Liebesnester für Oligarchen, die viertliebste Nebenfrau von einem Sultan bekommt ihren kühlen Sommersitz, der Schlagerheini aus Deutschland kauft sich sein Kreativraum.

    Südtirol wird dem Beispiel von Oberbayern folgen oder gar das Sylt der Alpen.

    Diejenigen welche vor dem Baldmorgigen warnen werden als Ewiggestrige geschmäht.

    Es gehen hier und jetzt schon Berghöfe in prächtigster Lage für lausige 1,5 bis 2 Millionen Euro über den Immobilienhai-Tisch, das ist für diese auswärtigen Käufer nicht mehr als ein neues Radl für den Normalbürger.

    Das sind Leute die kommen im Quartal einmal daher und bringen ihr Gesinde mit falls wer meint da wird die Wirtschaft im Ort belebt.

    Ist alles kein Quatsch sondern aktuelle Zustände bei den Filetstücken in Oberbayern im Berghofbereich

    Gruss nach Südtirol

  • dn

    Der Abwanderung entgegen zu wirken ist Aufgabe von Gemeinde, Bezirk und Land. Wie schaut es mit ganz Südtirol aus, wenn man die Migration abzieht? Was ist mit der Akademikerflucht Italien ist zwar ein schönes Urlaubsland, mehr aber auch nicht.

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