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Gewinnoptimierung

Die Weltsicht der Kinder

„Alcarràs“ geht uns alle an. Unsere Zukunft auch. Carla Simón hat für ihren Spielfilm bei der Berlinale heuer den Goldenen Bären gewonnen.

von Renate Mumelter

„In diesem Supermarkt sind die Pfirsiche (Birnen, Äpfel, Nudel, Butter, Fleisch) besonders günstig“. Wer kennt sie nicht, diese Weisheiten aus gut situierten Mündern. Beim Essen sparen nicht nur diejenigen, die nicht anders können sondern auch viele, die anders könnten. Längerfristig ist das keine gute Gewohnheit. Carla Simóns Spielfilm „Alcarràs“ erzählt davon, aber längst nicht nur davon. 

Katalonien

Alcarràs ist ein Ort in Katalonien. Simóns Film führt direkt in eine Großfamilie, die vor allem Pfirsichanbau betreibt und davon bisher ganz gut gelebt hat. Der Grund, den die Solés bearbeiten, wurde während des Spanischen Bürgerkriegs einem Vorfahren der Solés per Handschlag übergeben. Das Haus auch. Damals hatte die Familie den Großgrundbesitzern das Leben gerettet. 

Heute sind die Zeiten anders, und es gelten nur mehr geschriebene Verträge. Einen solchen gibt es für das Haus, nicht aber für den Grund. Der Nachkomme der Eigentümer will den Grund nun enteignen, weil er dort gewinnbringende Solarpaneele pflanzen möchte. Die erzeugen zwar keine Nahrung, aber Strom. Überall in der Gegend werden Plantagen gerodet, weil die Gesellschaft soviel Energie braucht und weil Gewinne locken. Das alles erzählt Carla Simón, ohne es explizit anzusprechen. Es sind Themen, die nachwirken nach dem Film.

Konkret erzählt wird, was in der Großfamilie in dieser schwierigen Situation abgeht. Es gibt Kinder, die wunderbar im Freien spielen können, Halbwüchsige, die nach ihrem Weg suchen, eine  mittlere Generation, bei der nicht alle der gleichen Meinung sind. Die einen wollen die Landwirtschaft, die anderen können sich mit einer neuen Arbeit an den Paneelen anfreunden. Und dann gibt es noch die Großelterngeneration, die mit den Änderungen noch weniger gut zurecht kommt. 

Der Film 

Nicht nur die Inhalte sind bei „Alcarràs“ besonders, sondern auch die Geräusche. Auf Musik verzichtet Simón abgesehen von ein paar Liedern, die Großeltern und Kinder singen, und abgesehen vom hämmernden Sound in der Disco. Dafür legt die Regisseurin besonderen Wert auf Geräusche, die unauffällig im Hintergrund jene Lebendigkeit vermitteln, die das Leben so ausmacht: Stimmen aus der Großfamilie, Klaubgeräusche oder jene von Autos und Maschinen. Der Abspann liegt unter Baggerbewegungen. 

Carla Simón

ist 1986 in Barcelona geboren, ist aber in einem katalanischen Dorf aufgewachsen, nachdem sie ihre Eltern verloren hatte. Sie versteht also etwas von Großfamilie und von Kindheit auf dem Land, und das sieht man ihrem Film an. Das galt übrigens auch für ihren ersten großen Spielfilm „Fridas Sommer“ (2017), der von einer 6-Jährigen erzählt, die nach dem Tod der Mutter von Barcelona zu einem Onkel aufs Land kommt. Für „Fridas Sommer“ gab es zahllose Preise. 

Die Rollen

„Alcarràs“ beginnt mit Kindern, die in einem Autowrack ausgelassen spielen. Das Wrack steht in der Nähe ihres Weihers, und bald schon kommt ein Bagger und holt es ab. Die Kinder sind allesamt Laien, wie der Rest der Darstellerînnen auch, und alle machen ihren Job sehr gut. Simón hat die Laien unter katalanisch sprechenden Menschen gecastet, und sie ist offensichtlich fündig geworden. Tipp: am Montag gäbe es die OmU-Fassung zu sehen.  

Was es sonst noch gibt:

„Nawalny“ noch einmal am Samstag und Sonntag nachmittags (BZ)

„Esterno notte (Parte 1)“ TV-Serie über die Moro-Entführung, ergänzt durch den Dokumentarfilm „Com’è nato und golpe: Il caso Moro“ nur MI

„Alice Schwarzer“ unbedingt und auch für Männer

 

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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