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Kinder ohne Arzt

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Mehr als 2.000 Kinder- und Jugendliche sind im Pustertal ohne Vertrauensarzt. Im Gadertal gibt es seit Jahren keinen Kinderarzt mehr. 

von Silke Hinterwaldner 

„Eigentlich“, sagt Maria Elisabeth Rieder, „ist es erstaunlich, dass sich die Eltern nicht mehr zur Wehr setzen und sich aufregen über diesen Zustand. Aber wahrscheinlich versucht sich jeder irgendwie zu arrangieren, auch wenn es schwerfällt. Und irgendwann gewöhnt man sich.“

Die Abgeordnete des Team K spricht hier über die fehlenden Kinderärztinnen im Pustertal. Schon seit Jahren herrscht ein akuter Mangel, die Situation hat sich nun ganz und gar nicht verbessert. Das heißt: Im Gadertal gibt es gar keinen Kinderarzt, genauso wenig wie im oberen Pustertal – wo aber das Krankenhaus in Innichen die Versorgung bis zum sechsten Lebensjahr übernimmt. Im Gesundheitssprengel Olang und Rasen Antholz gibt es einen Kinderarzt genauso wie im Tauferer Ahrntal. Im städtischen Einzugsgebiet von Bruneck, wo die Gemeinden Percha, St. Lorenzen, Gais, Kiens, Terenten und Pfalzen mitgerechnet werden, haben sich vier Kinderärzte niedergelassen. Das bedeutet aber auch: Mehr als 2.000 Kinder- und Jugendliche bleiben ohne Kinderarzt. Sie können sich bei Bedarf an das Krankenhaus von Bruneck oder Innichen wenden. In der Praxis bleiben also auch die Kinder im oberen Pustertal zumindest bis zum 14. Lebensjahr zur ärztlichen Versorgung im Spital. Wo sollten sie auch hin? Es gibt keinen Kinderarzt.

Das Thema im Landtag aufgeworfen hatte die Freiheitliche Abgeordnete Ulli Mair. Sie hatte in der aktuellen Fragestunde Infos zur Situation im Pustertal angefragt. Mair erklärte im Landtag, dass sich Eltern aus dem Pustertal schwertun, einen Kinderarzt zu finden. Deshalb müsse man sich auch wegen Kleinigkeiten immer ans Krankenhaus wenden. Dies wiederum hat zum einen den Nachteil, dass die Kinder keinen Arzt des Vertrauens haben – weil sie im Spital an den diensttuenden Arzt verwiesen werden und so schwer eine Vertrauensbasis herstellen können. Zum anderen sind aber auch die Abteilungen im Krankenhaus unterbesetzt und so wird die Arbeit auch in der Pädiatrie immer mehr.

Kinderärzte fehlen an allen Ecken und Enden – das bekommt man auch im Krankenhaus zu spüren. Die kleinen Patienten ohne eigenen Arzt kommen zur Versorgung ins Krankenhaus. Jene Kinderärzte, die sich im Territorium niedergelassen haben, sind meist voll und können keine neuen Patienten aufnehmen.  Die Arbeit wird mehr, das Personal wird weniger. Im Großraum Bruneck hat man den Eindruck, dass das Problem mit den fehlenden Kinderärzten zwar seit Jahren besteht, aber sich immer weiter zuspitzt.

Die Hoffnung, dass sich an dieser Lage kurzfristig bessern kann, ist verschwindend. Landeshauptmann Arno Kompatscher hat auf die Fragen von Ulli Mair geantwortet und erklärt, dass in naher Zukunft voraussichtlich eine neue Kinderärztin kommt. Gleichzeitig werden bald schon ein, wenn nicht sogar zwei Kinderärzte in Rente gehen. Und: Grundsätzlich bräuchte es ein Mehr an Gesundheitspersonal. Oft aber wechseln die Ärzte aus dem Krankenhaus in den Basisdienst, sodass im Krankenhaus wieder Stellen vakant bleiben. Auch dort sind nicht alle Stellen besetzt.

Und langfristig, was kann man tun? „Die Arbeit in Südtirol ist für Mediziner wenig attraktiv“, sagt Maria Elisabeth Rieder, „das Leben ist teuer, die Gehälter nicht besonders hoch. Hier müsste man ansetzen, um junge Ärzte ins Land zurückzuholen und die Arbeit schmackhaft zu machen.“ Landeshauptmann Kompatscher sagt, dass man alles daransetze, um die Südtiroler mit Studienabschluss zurückzuholen. Das könne mittelfristig funktionieren. Hofft man halt.

In der Zwischenzeit, erklärt der Landeshautmann ohne Umschweife, müssen „weit mehr als 2.000 Kinder und Jugendliche über das Krankenhaus oder die Hausärzte betreut werden“.

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Kommentare (2)

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  • kritiker

    Leider äußerst schwache Antwort des Landeshauptmanns, der ja für die Gesundheit zuständig ist. Dieses Problem gibt es schon sei 15 Jahren.Eindeutiges Versagen der Landesregierung.

  • asterix

    Man hat Südtirol in den letzten Jahren zu einem Disney World gemacht. Mann karrt Tausende ins Land. Es werden in der Saison nicht 5hunder sondern eine Million im Lande sein. Aber die Sanität wurde krankgespart. Man will 200 Millionen in den Ausbau der Sprengel in die Hand nehmen. Woher das Personal nehmen? Bei den Lebenskosten und den Löhnen wandern die Jungen ins nördliche Ausland ab. Da wird EINE Kinderärztin nicht viel ändern, Herr LH

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