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„Das nackte Grauen“

Die Grüne Brigitte Foppa sagt: Der Kern des SVP-SAD-Skandals liege im Ton, der in Südtirols Machtzirkeln die Musik macht. Der „blutige Machtkampf“ sei nicht auszuhalten.

Es sei der Ton, der die Musik macht.

Die im Buch „Freunde im Edelweiß“ veröffentlichten Audio-Dateien seien der Kern des SVP-SAD-Skandals, schreibt die Grüne Brigitte Foppa in einem Facebook-Post. Denn aus den Audio-Dateien gehe der Ton hervor, der in Südtirols Machtzirkeln die Musik macht. Eine Musik, die bei Brigitte Foppa das „nackte Grauen“ auslöst.

Das ist der Foppa-Post im Wortlaut:

„Ich wurde gefragt: Was ist der Kern des Skandals? Meine Antwort besteht aus 6 Buchstaben und einer Leerstelle: Der Ton.
Ich füge hinzu, dass es sich vielleicht gar nicht um einen Skandal handelt, oder aber um eine Art„skandalösen Formenkreis, ähnlich den rheumatischen Beschwerden.

Also es ist eine ganze Reihe von Teilskandalen, die ineinandergreifen und die sich aufeinander aufbauen. So ist das Skandalmanagement in der SVP und in der Landesregierung mindestens die gleiche Katastrophe wie die Abhörungen, die Interventionsversuche, die Spenden etc. Und die diversen Parallelschlachten (Politik: Pro LH oder contra LH; Medien: Pro Athesia oder contra Athesia; Wirtschaft: Pro Hager oder contra Hager, bzw. pro Gatterer oder contra Gatterer) verwirren die Situation zusätzlich.

Aber der Kern ist weder die SAD, noch sind es die Parteispenden. Der Kern liegt im Ton, der in Südtirols Machtzirkeln die Musik macht – und der nun als O-Ton nachgehört werden kann. Tausendfach wurde dies auch getan. Und die Südtiroler:innen packte das nackte Grauen.

Nicht, dass man nicht gewusst hätte, dass der Ton in den Chefetagen manchmal rau ist. Aber es nachzuhören, in allen Tonlagen, das ist von un-erhörter Bedeutsamkeit. Nicht umsonst wurden in den letzten Tagen weniger die Buchausgaben herumgereicht, sondern vielmehr die Smartphones mit den QR-Codes der Telefonate.

Es ist eine brutale Enttäuschung, die man nun mithören kann, wenn man den Gesprächen im Zug, in der Bar, auf der Parkbank lauscht. Ja, der Kern des Skandals liegt genau darin.

Denn einen Landesrat, den Senator, den Mehrheitspolitiker, den stellt man sich anders vor. Man hatte ihn vormals zum Maturaball, zur Ausstellungseröffnung, zum Jubiläum als Ehrengast eingeladen. Er kam in Anzug und Krawatte. Dahinter, so stellte man sich vor, sei er sicher noch ein besserer Mensch als im Fernsehen. Diese Erwartung kommt nicht von ungefähr. Die Politik sollte die Besten auswählen für die Verwaltung des Allgemeinwohls.

Ich selbst hatte als junge Frau immer die Vorstellung, dass ich, wenn ich „berühmte“ Menschen kennenlernte, noch interessantere, spannendere, wertvollere Menschen kennenlernen würde, als das Image bereitstellte.

Der Südtiroler Abhörskandal hat mit dieser Erwartung gründlich aufgeräumt.

Der Mensch, der da hinter dem Mehrheitspolitiker zutage tritt, ist erbärmlich.

Das geht weit über den normalen Streit, die politische Debatte, die normalen Zwistigkeiten hinaus. Solange dies mit den politischen Gegnern oder Konkurrentinnen ausgetragen wird, ist es noch der „gioco delle parti“ – wenn aber daraus der blutige Machtkampf innerhalb der eigenen Reihen wird, dann ist das nicht mit anzusehen. Es ist schlicht nicht auszuhalten.

Das ist auch der Eindruck vieler Südtiroler:innen, die „reingehört“ haben.

Wie sollen diese Menschen, die sich nun bekriegen, gemeinsam das Land verwalten? Wie soll das funktionieren? Sie sägen sich gegenseitig ab, sie versenken das gemeinsame Schiff, sie versuchen es zu verlassen, indem sie gleichzeitig nicht von ihrem Platz weichen wollen.

Es ist ein unglaubliches, nie geahntes Paradoxon, das Südtirol gerade erlebt.
In meinen Augen auch eine Degeneration von gestörten Persönlichkeiten (allem voran: männlichem Narzissmus) und kaputten Beziehungen.
Armes Südtirol.“

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (25)

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  • tiroler

    Die Grüne Foppa steht weiter oben. Dabei ist sie ja rot…

  • criticus

    Ja, da hat Frau Foppa leider recht!

  • gulli

    „Aber der Kern ist weder die SAD, noch sind es die Parteispenden“, d. h. es ist in Ordnung wenn im Hinterzimmer gepacktelt wird und öffentliches Geld unter gewissen Kreisen verteilt wird…. ???
    Mir ist egal wie gewisse Herren/Damen miteinander kommunizieren, mit ist aber nicht egal wenn öffentliche Posten und Aufgaben am Stammtisch verteilt werden!!!

  • andreas

    Der Ton ist eigentlich das, was am wenigsten Relevanz hat.
    Der Inhalt, die Seilschaften und dass der Alte aus Pfalzen der Schattenobmann der SVP ist, war eigentlich nicht in dieser Form zu erwarten.

    Nebenbei gehe ich davon aus, dass weit heftigere Telefonate, aus rechtlichen Gründen, gar nicht publiziert wurden

  • ostern

    Frau Foppa hat auf jeden Fall Recht,
    aber was sagt die LEGA?
    GARNICHTS, Mitläufer und sonst ist Ebbe.

  • asoet

    Das Problem ist die geldgierige Machtbesessenheit dieser Politikerkaste, die sich fast gar nicht um das kümmert für was sie eigentlich gewählt ist; nämlich für das Allgemeinwohl zu sorgen. Deswegen kleben sie auch so an den Sesseln. Ich war 10 Jahre in der Gemeindepolitik als Oppositioneller. Dort ist es im Grunde das selbe Spiel; nur dass es sich dort weniger um Geld dreht, sondern um die Verschaffung von persönlichen Vorteilen. Es gibt in dieser Sammelpartei SVP auch in der Basis nur ganz ganz wenige die verstanden haben, dass man als Politiker im Öffentlichen Interesse zu handeln hat.

  • dn

    Ich wünsche mir persönlich keine Foppa-Regierung; würd’s mich nicht betreffen, wär’s mir wurscht. Und das, obwohl ich (fast) ein Fan vom Habeck bin (da liegen halt Welten dazwischen).

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