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Der Sture

Andreas Colli

Ein Rundschreiben des Gemeindenverbandes präzisiert, dass die 2G-Pflicht für alle Mandatare über 50 gilt. Das führt in Kastelruth – wegen Bürgermeister Andreas Colli – zu politischen Turbulenzen.

Von Thomas Vikoler

Ein Bürgermeister, der nicht persönlich an Sitzungen des Gemeindeausschusses oder Gemeinderates teilnehmen darf. Diese Regel klingt auf den ersten Blick absurd, ist aber tatsächlich in Kraft. Wer über 50 Jahre alt und nicht geimpft ist, darf sein politisches Mandat nicht vor Ort – also im Rathaus – ausüben.

Dies präzisiert nun auch ein Rundschreiben des Gemeindenverbandes von dieser Woche zum Impfpflicht-Beschluss der römischen Regierung vom 7. Jänner dieses Jahres: „Somit sind die Körperschaften angehalten, diese 2G-Pflicht auch im Hinblick auf die gewählten politischen Vertreter zu berücksichtigen, die 50 Jahre alt sind oder dieses Alter innerhalb vom 15. Juni 2022 vollenden werden.“
Damit sind letzte Zweifel zu einer Mitteilung des Rechtsamtes des Ministeriums für die öffentliche Verwaltung von vergangener Woche ausgeräumt.

Auch in der Kastelruth hat man in den vergangenen Tagen auf das Eintreffen des Rundschreibens des Gemeindenverbandes gewartet (sie erfolgte am Dienstag), denn dort gibt es einen prominenten „Zweifelsfall“: Bürgermeister Andreas Colli, der um die 60 Jahre alt ist.

Es ist nicht bekannt, ob der langjährige SVP-Bürgermeister geimpft, genesen oder getestet ist. Letzteres wäre – sollten die ersten beiden Kriterien nicht zutreffen – die Voraussetzung für Colli, das Rathaus zu betreten. Denn für dieses gilt seit dem 1. Februar und bis Ende März die 3G-Pflicht.
Für die Teilnahme an den Sitzungen müsste der Bürgermeister entweder geimpft oder genesen sein, was der Green Pass auch anzeigt.

Die Frage ist freilich, ob der Grüne Pass im Rathaus kontrolliert wird. Der oder die Beauftragte des Verwaltungsstabes müsste dies tun – auch beim Bürgermeister.
Vergangene Woche erklärte Colli, es gehe niemanden etwas an, ob er geimpft sei oder nicht. Streng genommen stimmt das, aber um ins Rathaus einzutreten, müsste er mindestens getestet sein. Oder, wie nun unzweifelhaft feststeht, für die Teilnahme an den Sitzungen geimpft oder genesen.
Der Impfstatus des Bürgermeisters ist auch deswegen ein großes Thema in Kastelruth, weil dieser in der Vergangenheit keinen Hehl aus seiner Ablehnung der staatlichen Anti-Corona-Maßnahmen machte. Er verbreitete auf Facebook einschlägige No-Vax-Botschaften, etwa des österreichischen FPÖ-Chefs Herbert Kickl.

Vor drei Wochen empfing er vor dem Rathaus eine Delegation von Impfgegnern, um von ihr eine Dankes-Urkunde entgegenzunehmen (die TAGESZEITUNG berichtete).

Das sorgte für politische Turbulenzen, selbst innerhalb der SVP wurde ein Misstrauensantrag ins Auge gefasst. Doch um den eigensinnigen Bürgermeister abzulösen, müsste mehr als die Hälfte der Gemeinderäte zurücktreten, der Rat würde aufgelöst und es käme zu Neuwahlen. Diese brächten allerdings mit sich, dass Colli, der bereits zwei volle Amtszeiten hinter sich hat, bei diesen erneut als Bürgermeister kandidieren könnte. Und zwar deshalb, weil seine dritte Amtsperiode, nach der die Mandatsbeschränkung greifen würde, bisher nicht an ihrer Hälfte angelangt ist.

Colli wegen seiner Corona-Positionen zu stürzen, ist also gar nicht zu einfach.

Spätestens bei der nächsten Gemeinderatssitzung muss der Bürgermeister, sollte er anwesend sein, seinen Impf- bzw. Genesenenstatus offenlegen. Wie es aussieht, wird die Impfplicht für Über-50-Jährige auch nach Auslaufen des Corona-Notstandes Ende März gelten.
Eine alternative Möglichkeit, an den Sitzungen teilzunehmen, hat Colli allerdings: Wie es im Rundschreiben des Gemeinderates abschließend heißt, können Mandatare auf eine Teilnahme an den Sitzungen „mittels Videokonferenz“ ausweichen.

Die dritte Option: Verzicht auf Teilnahme an Sitzungen bis zum Ende der Impfpflicht.

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