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„Wir brauchen Vorbereitungszeit“

Der neue Caritas-Direktor Franz Kripp erklärt, wie sich die größte Hilfsorganisation im Land auf die Flüchtlinge vorbereitet.

Tageszeitung: Herr Kripp, wie bereitet sich die Caritas auf die Flüchtlingsaufnahme vor? Werden bereits konkrete Pläne erstellt?

Franz Kripp: Wir sind Teil der Arbeitsgruppe, die beim Land beziehungsweise beim Regierungskommissariat angesiedelt ist. Auch Volontarius und das Rote Kreuz sind dabei. Die Caritas hat bereits in Vergangenheit Flüchtlingsunterkünfte zur Verfügung gestellt. In Absprache mit dem Bischof sind wir jetzt bereit Flüchtlinge aus der Ukraine aufzunehmen, wenn sie kommen. Momentan gibt es aber noch keine klaren Aussagen.

Das heißt, man weiß nicht, wie viele Flüchtlinge nach Südtirol kommen und wann sie kommen?

Wir binden uns in das Betreuungssystem des Staates ein. Das bedeutet, dass es immer nur um offiziell zugewiesene Flüchtlinge geht. Momentan gibt es vielleicht einzelne Flüchtlinge, die nach Südtirol gekommen sind oder kommen, weil sie auf eigene Faust hier herkommen wollten. Sie sind im Moment auf sich selbst gestellt, werden aber meistens von Verwandten oder Bekannten betreut. Wir werden dagegen die CAS-Strukturen führen. Man kann nicht so einfach an die Grenze fahren und einige Leute mitnehmen, die Aufnahme muss koordiniert und organisiert sein. Die Flüchtlinge wollen auch nicht unbedingt die Grenzregionen verlassen, weil sie auf eine schnelle Rückkehr hoffen. Es gilt also noch zu warten, wie sich das alles in den nächsten Tagen entwickelt.

Ist die Organisation neuer CAS-Strukturen mit vielen Schwierigkeiten verbunden?

Die CAS-Strukturen sind im System der staatlichen Betreuung enthalten. Dementsprechend muss man die Öffnung einer neuen CAS-Struktur gemeinsam mit Staat und Regierungskommissariat koordinieren. Man kann nicht einfach ein Haus aufsperren, es braucht eine gewisse Vorbereitungszeit. Es braucht immer eine gewisse Vorbereitungszeit. Das ist derzeit unsere Aufgabe. Es finden täglich Sitzungen zwischen Regierungskommissariat und Land statt. Es wird also daran gearbeitet. Ich denke aber, dass sich das in der nächsten Zeit klären wird. Einen genauen Zeitrahmen kann ich allerdings nicht nennen, da man auch nicht vorhersehen kann, wann welche Flüchtlinge wohin gehen.

Es gibt bereits einige Privatinitiativen, über die Flüchtlingsaufnahmen koordiniert wurden. Auch einige Gemeinden haben damit begonnen. Wie stehen Sie dazu?

Grundsätzlich steht es jedem frei, Menschen zu helfen. Es ist gerade in einer solchen Situation gut, dass das geschieht. Die Frage ist, in welchem Gesamtkoordinierungssystem das abläuft. Wir haben derzeit zum Großteil Flüchtlinge aus der Ukraine, die hier Bekannte oder Verwandte haben und Sicherheit suchen. In diesem Kontext ist es sicher gut, wenn ihnen geholfen wird.

Landeshauptmann Arno Kompatscher rechnet mit rund 1.000 ukrainischen Flüchtlingen in Südtirol. Glauben Sie, dass genügend Strukturen gefunden werden?

Die Strukturen müssen von verschiedensten Organisationen und Besitzern im Land zur Verfügung gestellt werden. Die Caritas führt drei bestehende CAS-Strukturen, in denen sich Flüchtlinge aufhalten. Dort können weitere Flüchtlinge untergebracht werden. Zudem gibt es ein weiteres Gebäude, das von der Diözese zur Verfügung gestellt werden kann. Auch das Rote Kreuz und Volontarius werden das tun, was notwendig ist. Wir arbeiten dabei immer mit Land und Regierungskommissariat zusammen.

Der HGV hat angeboten, leerstehende Betriebe zur Verfügung zu stellen. Könnte eine solche Struktur als CAS-Einrichtung verwendet werden?

Normalerweise ist es so, dass sich Leute und Gemeinden, die Immobilien zur Verfügung haben, sich beim Land melden können. Das Land wird dann in Absprache mit dem Regierungskommissariat entscheiden, welche Strukturen geeignet und benutzt werden können.

An welchen weiteren Hilfsprojekten arbeitet die Caritas derzeit?

Die Caritas ist in das internationale Netzwerk eingebunden. Das heißt, jene Spenden, die wir in Südtirol sammeln, gehen über Caritas Italia beziehungsweise Caritas Österreich an dieses internationale Netzwerk. Diese Stellen sind in den Auffangzentren in den Grenzgebieten tätig und versorgen die Menschen mit dem nötigsten. Wir sehen aber von Sachspenden ab, da wir den großen Organisationen vertrauen, die in Absprache mit der Politik und dem Flüchtlingshilfswerk UNHCR die Hilfe leiten und die Bürger effizient und zielgerichtet versorgen.

Interview: Markus Rufin

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