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Brexit & Südtirol

Foto: IDM/Adobestock/Shabanov

IDM Südtirol hat ein Info-Event zum Thema Brexit organisiert. Dabei ging es um die aktuellen Neuerungen des Handelsabkommens. 

Seit nunmehr zwei Jahren ist Großbritannien nicht mehr Teil der Europäischen Union. Viele Übergangsphasen, die London bisher für Wareneinfuhren aus der EU gewährt hatte, sind nun mit 1. Januar ausgelaufen, weitere enden Mitte 2022.

Damit verschärfen sich die Zollregeln erheblich.

Südtiroler Unternehmen, die ins Vereinigte Königreich exportieren wollen, müssen auf diese Änderungen vorbereitet sein. Deshalb hat IDM Südtirol ein Info-Event zum Thema Brexit organisiert. Lucrezia Chiapparino von der Industrie- und Handelskammer für Großbritannien stellte am Vormittag die neuesten Entwicklungen beim Brexit vor.

Anschließend hatten die Teilnehmer die Möglichkeit, sich über wichtige Themen wie E-Commerce, Logistik und Verträge zu informieren. Mit dabei war auch Südtirols EU-Parlamentarier Herbert Dorfmann, der die Brexit-Verhandlungen aus nächster Nähe miterlebt hat.

„Der Brexit ist vor einem Jahr effektiv in Kraft getreten. Manches hat sich eingespielt und läuft inzwischen reibungslos, weil an eingeschränkten Handelsbeziehungen keiner der beiden Partner interessiert ist“, sagt Herbert Dorfmann. „Die Bilanz nach einem Jahr Brexit ist trotzdem vor allem für Großbritannien sehr ernüchternd. Der Handel mit der EU ist deutlich zurückgegangen. Die politischen Spannungen innerhalb des Königreiches, vor allem in Schottland und Irland, nehmen zu. Das zeigt auch die Tatsache, dass gerade an der Nordirland-Grenze immer wieder versucht wird, das Austrittsabkommen mit neuen Handelsregelungen zu unterminieren.“

Zu den Neuerungen, die 2022 in Kraft treten, gehört vor allem, dass das vereinfachte Einfuhrverfahren nicht mehr genutzt werden kann, dank dem Waren letztes Jahr noch ohne sofortige Einfuhranmeldung, die man später nachholen konnte, von der EU nach Großbritannien gesendet werden konnten. Ab 2022 gibt es diesen Aufschub nicht mehr, bei der Einfuhr müssen direkt auch alle Anmeldeformalitäten erledigt werden. Praktische Auswirkungen gibt es aber z.B. auch, was die Einfuhr von Lebensmitteln aus der EU betrifft. Verschiedene Erzeugnisse wie tierische Produkte oder bestimmte Pflanzen müssen nun vorab über eine eigene IT-Anwendung angemeldet werden, und für die Einfuhr sind ab Juli zusätzlich eine Veterinärbescheinigung bzw. ein Pflanzengesundheitszeugnis notwendig. Änderungen gibt es dabei auch bei der Erklärung zum Ursprungsland der ausgeführten Produkte.

„Diese Neuerungen betreffen auch zahlreiche Südtiroler Unternehmen, die landwirtschaftliche Produkte, Lebensmittel oder Getränke nach Großbritannien ausführen. Das sind neben Kraftfahrzeugteilen und -zubehör sowie Werkzeugen und Eisenwaren jene Warengruppen, die den Löwenanteil der Südtiroler Exporte ins Vereinigte Königreich ausmachen. Insgesamt hat Südtirol in den ersten neun Monaten des Jahres 2021 Waren im Wert von über 96 Millionen Euro nach Großbritannien exportiert“, sagt Vera Leonardelli, Abteilungsdirektorin Business Development von IDM.

„Der Schritt in diesen Markt lohnt sich auf jeden Fall auch weiterhin, denn die große soziale Vielfalt der Bevölkerung macht den Markt empfänglich für Produkte aus allen Segmenten, von Luxus- bis zu Konsumgütern. Nun gilt es aber für die Unternehmen, sich umzustellen und neu zu organisieren, um nicht in Lieferschwierigkeiten zu geraten.“

„Beim Export nach Großbritannien handelt es sich jetzt natürlich nicht mehr um einen Austausch zwischen EU-Mitgliedern, sondern um Handel mit einem Drittstaat. Deshalb sollten Unternehmen penibel darauf achten, bei der Ausfuhr ihrer Produkte korrekte Geschäftsunterlagen für die neuen Zollkontrollen einzureichen“, riet Lucrezia Chiapparino bei ihrer Präsentation den anwesenden Unternehmern.

In der zweiten Veranstaltungshälfte konnten sich die Teilnehmer in Einzelgesprächen mit verschiedenen Experten unterhalten und weitere Informationen rund um die Neuerungen für den britischen Markt sammeln. Besprochen wurden aktuelle Themen wie Steuerrecht, Verträge und Gesellschaft, Transport und Logistik, Markteintritt, zollrechtliche Anforderungen und Dienstleistungen von IDM rund um die Internationalisierung.

Der nächste Schub an Änderungen ist bereits in der Pipeline, er kommt 2023. So sollen zu diesem Datum etwa alle mit dem europäischen Prüfsiegel CE gekennzeichneten Produkte mit dem englischen Äquivalent dieses „technischen Passes“ versehen sein – mit einer sogenannten UKCA-Kennzeichnung. Darüber hinaus werden neue Anweisungen zur Sicherheit und Gefahrenabwehr eingeführt.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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