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Braucht es eine vierte Impfung?

Würzner (Foto: MedUni Innsbruck/Bullock)

Einige Länder haben bereits eine vierte Corona-Impfung empfohlen. Doch braucht es diese überhaupt? Impf-Experte und Universitätsprofessor Reinhard Würzner klärt auf.

Tageszeitung: Herr Professor Würzner, in Deutschland hat die ständige Impfkommission (STIKO) die vierte Impfung für Risikopatienten und Mitarbeiter im Gesundheitswesen empfohlen. Sollten auch andere Staaten nachziehen?

Reinhard Würzner: Das Virus wird noch länger da sein, auch wenn die dominante Omikron-Variante milder ist. Das heißt, irgendwann wird es eine weitere Auffrischung brauchen. Die Frage dabei ist, wie schnell man diese braucht. Dazu gibt es derzeit verschiedene Meinungen. Ich glaube, dass es sie spätestens im Herbst brauchen wird, das hängt aber von der Entwicklung des Virus ab. Menschen, bei denen man das Immunsystem sozusagen misst und feststellen kann, dass der Impfschutz nicht ideal ist, bekommen ja vielerorts bereits eine vierte Impfdosis. Das Problem ist, dass die Tests nie genau abbilden können, ob das Immunsystem dazu in der Lage ist, das Virus abzuwehren. Wenn die Antikörper oder T-Zellen-Immunität sehr niedrig sind, bekommen diese bereits jetzt die vierte Impfung.

Sollen alle diese vierte Impfung bekommen?

Das ist eine weitere Frage, die derzeit noch ungeklärt ist. Man wird älteren Personen und Risikopatienten eher die vierte Impfung empfehlen als jungen Patienten. Die Empfehlung hängt jedenfalls stark davon ab, wie sich das Virus weiterentwickelt. Mindestens die älteren Personen sollten vor dem nächsten Winter die vierte Impfung bekommen. Ob es eine vierte Impfung für alle braucht, kann ich aber noch nicht sagen.

Die Empfehlung zur vierten Impfung vonseiten der STIKO ist schnell erfolgt. Kam das für Sie überraschend?

Ja, auch ich war davon überrascht, die STIKO war ansonsten eher zurückhaltend. Es ist aber auch nachvollziehbar, denn Personen, die immunsuppressive Medikamente einnehmen, bei denen man einen geringen Impfschutz misst, brauchen diese Impfung unbedingt. Für die gesamte Bevölkerung sind solche Tests leider logistisch nicht möglich. Zudem kommt, dass die Impfung zu 95 Prozent wirkt, das ist ein guter Wert. Man vergisst aber dabei, dass das auch bedeutet, dass die Impfung zu fünf Prozent eben nicht wirkt. Bei drei Impfungen gibt es also die Möglichkeit, dass eine dieser drei Impfungen nicht funktioniert hat. Eine vierte Impfung könnte also zusätzliche Sicherheit geben. Allein aus diesem Grund braucht ein gewisser Anteil der Gesamtbevölkerung auf jeden Fall noch eine Impfung, weil erst dann der vollständige Impfschutz gegeben ist.

Daten aus Israel haben gezeigt, dass die vierte Impfung den Antikörperspiegel zwar erhöht, allerdings nicht so sehr wie erhofft. Ist damit eine vierte Impfung nicht überflüssig?

Ich sehe eine vierte Impfung eher als Catch-Up-Impfung. Damit kann man viel eher davon ausgehen, dass jeder mindestens drei wirksame Impfungen erhalten hat. Wir wissen aber nicht, welches Virus im Herbst zirkuliert, ob überhaupt eines zirkuliert oder ob wir eine Art Herdenimmunität erreicht haben. Das ist alles nicht so klar. Für detailliertere Aussagen muss man also noch abwarten. Ich wundere mich allerdings nicht, dass die vierte Impfung kurz nach den anderen drei keine so hohe messbare Wirkung zeigt. Man kann damit das Immunsystem nicht weiter stimulieren. Das kennen wir von anderen Impfungen. Man macht zunächst eine Grundimmunisierung und erst ein bis zwei Jahre später eine erste Auffrischung. Eine vierte Impfung wäre also eher eine Art erste Auffrischung, die nur dazu dient, einen abfallenden Impfschutz aufzufangen und wieder aufzubauen. Bei Personen, bei denen eine der drei Impfungen nicht funktioniert hat, würde eine frühe vierte Impfung dagegen Sinn machen. Daher ist eine frühe Empfehlung für Risikopatienten durchaus vertretbar, da deren Impfschutz prinzipiell nicht so gut ist und somit alle mindestens drei wirksame Dosen erhalten haben.

Unternehmen arbeiten bereits an Omikron-Impfstoffen oder an Impfstoffen, die man mit einer Grippe-Impfung kombinieren könnte. Ist es sinnvoll darauf zu warten?

Auf einen Impfstoff zu warten ist eigentlich nie ratsam. Man weiß nicht, wann diese auf den Markt kommen. Was die vierte Impfung betrifft, können nur gesunde Menschen, die bereits drei Dosen gewartet haben, warten. Ungeimpfte oder Personen, die noch nicht geboostert sind, sollten das hingegen nicht.

Noch eine grundsätzliche Frage: Sind die nun angestrebten Lockerungen angebracht?

Das ist eine schwierige Frage. Menschen, die beispielsweise an Influenza erkrankt sind, haben am öffentlichen Leben teilgenommen und andere Leute angesteckt. Das ist mit Corona vergleichbar. Man könnte zwar sagen, man sperrt weiterhin alles zu und ist so auf der ganz sicheren Seite. Das Leben muss aber auch weitergehen. Es gab schon immer Infektionen, wir sind damit immer Kompromisse eingegangen. Eine Rückkehr zum Normalleben ist also nur logisch und nachzuvollziehen. Man muss nur darauf achten, dass es nicht zu schnell geschieht, da sonst mehr Menschen sterben. Schweden, das im ersten Jahr auf Lockdowns verzichtet hat, hat damit 5.000 Verstorbene mehr verzeichnet als Österreich, hatten dafür aber ein normales Leben. Man muss aber auf alle Fälle mit Kompromissen zum normalen Leben zurück.

Interview: Markus Rufin

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (24)

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  • fakt60ist

    Man müsste sich eigentlich die Frage stellen , wie lang es noch dauert bis „Alle“ Menschen eigentlich begreifen werden das seit 2020 eines der größten Verbrechen in der Menschheitsgeschichte läuft.

    • heracleummantegazziani

      Echt jetzt?

    • asterix

      @heracleum……, ja echt. Was Omocrom und seine „Gefährlichkeit“ betrift, sind wir alle verarscht worden. Lies dir einfach die Aussage von Prof. Dr. Coetzee aus Südafrika durch. Wenn halbwegs stimmt was sie behauptet, gehörten die Typen geprügelt.

      • heracleummantegazziani

        Gehören Sie auch zum Verschwörungszirkel von fakt60ist? Es ist unglaublich dass ihr nicht merkt, wie lächerlich ihr euch macht.

        • asterix

          @heracleum….., nein, gehöre ich nicht. Im Gegenteil, ich vertraue der Wissenschaft und bin überzeugter Impfbefürworter. Bin selbst durchgeimpft, von Covid über Meningitis bis zur Grippeimpfung ziehe ich mir alles rein. Nur anlügen lasse ich mich nicht. Wenn Dr. Coetzees Aussagen stimmen, sind wir von unseren Politikern saumäsig belogen worden. Und das geht mir auf den Sa……Kein Wunder dass man nux mehr glaubt.

    • andreas

      @fakt60ist
      Assad bekämpfte das eigene Volk mit Giftgas, im Jemen werden Kinder und Frauen geschlachtet, die Taliban behandeln Frauen schlimmer wie Tiere und du jammerst wegen einer Impfung und Maske?
      Macht nicht mal mehr Spaß zu lästern, ihr habt definitiv einen an der Waffel.

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